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Bagatelle wegen Frikadelle?

  • 1 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

[image]Immer wieder werden Arbeitnehmer wegen sog. Bagatelldelikten entlassen. Der wohl bekannteste Fall ist der von Emmely. Die Kassiererin war nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit wegen Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,80 Euro entlassen worden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung von Emmely zwar für unverhältnismäßig und unwirksam beurteilt, sich bei seiner Entscheidung aber strikt auf den Einzelfall bezogen und ausdrücklich betont, dass weiterhin Vermögens- und Eigentumsdelikte auch mit einem geringen Objektwert eine fristlose Kündigung rechtfertigen können (Urteil v. 10.06.2010, Az.: 2 AZR 541/09).

Doch inzwischen zeigen sich gewisse Tendenzen, dass nicht mehr jedes Bagatelldelikt eine Kündigung rechtfertigt. Das belegt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zur Kündigung eines Gastronomiemitarbeiters wegen des Verzehrs von Pommes frites und Frikadellen. Nachdem ihn sein Arbeitgeber ermahnt hatte, dass er sich keine Lebensmittel aus der Küche nehmen dürfe, hatte der Arbeitnehmer nochmals zwei Frikadellen verzehrt. Die Quittung folgte prompt: Er bekam die Kündigung. Das Landesarbeitsgericht hat sie jedoch für unzulässig bewertet, weil er bereits 19 Jahre im Betrieb beschäftigt war. Nach seiner Ansicht hätte in diesem Fall eine Abmahnung des Arbeitnehmers ausgereicht (Urteil v. 04.11.2010, Az.: 8 Sa 711/10).

Anders fiel dagegen ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zur Kündigung einer Kassiererin aus, die im Verdacht stand, Pfandbons im Wert von 2,00 und 4,06 Euro missbraucht zu haben. Die Entscheidung fiel hier zuungunsten der Arbeitnehmerin aus, weil sie gegenüber ihrem Arbeitgeber und auch im Prozess widersprüchliche Angaben zum Sachverhalt gemacht hatte. Daher ein guter Rat für Arbeitnehmer: Weil die Gerichte bei Bagatellkündigungen den Einzelfall ganz genau berücksichtigen und Eigentums- und Vermögensdelikte gegenüber dem Arbeitgeber tendenziell als schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses beurteilen, sollte man besser einmal mehr um Erlaubnis fragen als einmal zu wenig (Urteil v. 28.09.2010, Az.: 1 Ca 5421/10).

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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