Adler Group SA: Schadenersatz für Kursverluste?

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Erhebliche Kursverluste bei Wertpapieren der Adler Group SA infolge des versagten Bestätigungsvermerks der Wirtschaftsprüfer werfen die Frage auf, inwieweit Wertpapierkäufer Schadenersatz für Kursverluste verlangen können. Nachdem am 06.10.2021 Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten bei der Adler Group SA aufkamen, konnten diese im Rahmen einer Sonderprüfung nicht gänzlich ausgeräumt werden. Das im S-DAX notierte Immobilienunternehmen musste zuletzt eine Herabstufung der Ratings für Anleihen auf Spekulationsniveau (CCC durch Standard & Poors) hinnehmen, nachdem das Unternehmen keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt hat.

Was ist passiert?

Am 30.04.2022 veröffentlichte die Adler Group SA den Konzernabschluss und der geprüften Einzelabschluss 2021 mit einem Versagungsvermerk (sog. Disclaimer of Opinion) des Wirtschaftsprüfers KPMG Luxemburg. Danach teilt der Wirtschaftsprüfer mit, dass er von einer „Audit Opinion“ (sinngemäß Bestätigungsvermerk) zum Konzernabschluss und zum Einzelabschluss absieht. Die Prüfer verweisen im Disclaimer auf nicht genügend Informationen bzw. Belege für ein belastbares Prüfungsergebnis. Gleichzeitig verbuchte die Adler Group SA einen Jahresverlust von EUR 1,17 Milliarden. Daraufhin fiel der Kurs der Aktien der Adler Group SA (ISIN LU1250154413) erheblich. Die von der Gruppe begebenen Anleihen mussten gleichermaßen Verluste verbuchen. Der Verwaltungsrat räumte einen, keinen Zugang mehr zu Fremdkapital von Banken und Anlegern zu haben. Es stehen Vorwürfe der Bilanzmanipulation und des Insiderhandels im Raum. Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht ermittelt.

Feststellungen der Sonderprüfer

Bereits am 22. April 2022 veröffentlichten die Sonderprüfer der KPMG Forensic ihren Sonderprüfungsbericht, der wesentliche Vorwürfe gegen die Adler Group SA von Anfang Oktober 2021 Prüfer nicht ausräumen konnte. So stellten die Prüfer fest, dass der Vorwurf, die Adler Group SA verfüge nicht über die finanziellen Mittel, um Immobilienprojektentwicklungen umzusetzen, nicht widerlegt werden kann. Daneben bestehen Zweifel an Immobilienbewertungen: Die Prüfer erachten das Immobilienvermögen im Rahmen des Kaufs der Beteiligung an der Glasmacherviertel GmbH & Co. KG ab September 2019 für möglicherweise um ca. EUR 170 Mio. zu hoch bewertet. Der Vorwurf, das Entwicklungsportfolio der Adler Group SA sei zu hoch bewertet, konnte ebenso nicht widerlegt werden. Die von KPMG Forensic als erforderlich angesehenen Bilanzkorrekturen führen nach den Erkenntnissen der Prüfer zur Überschreitung der Loan-to-Value-Schwellenwerte bei Anleihen der Adler Real Estate AG (u. a. ISIN XS1713464441, XS1713464524 und XS1731858715), wodurch eine weitere Aufnahme von Finanzverbindlichkeiten ausgeschlossen wäre.

Schadenersatz für Kursverluste

Für Anleger stellt sich aktuell die Frage, ob diese für Kursverluste bei Wertpapieren der Adler Group SA Schadenersatz von der Adler Group SA verlangen können. Dies kommt zumindest dann in Frage, wenn sich bewusste und eindeutige Fehler im Rahmen der Bilanzprüfung (seit August 2021) bestätigen bzw. seit dem 06.10.2021 formulierte Vorwürfe sich endgültig bestätigen sollten. Dann könnten Aktien- bzw. Anleihekäufe rückabgewickelt werden bzw. der Kursverlust geltend gemacht werden. Dasselbe gilt für Wertpapierkäufe, die zeitlich nach einer ggf. bewussten Bilanzmanipulation der Adler Group SA getätigt worden sind. Es besteht der Verdacht, dass für den Wert der Wertpapiere relevante Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten worden oder verschleiert worden sind und damit Anleger – je nach Kaufzeitpunkt der Wertpapiere - Schadenersatz verlangen können.

Klagen in Deutschland möglich

Da im Zweifel nicht mit einer freiwilligen Schadensregulierung durch das Unternehmen bzw. die verantwortlichen Organe zu rechnen ist, stellt sich die Frage nach dem Klageweg. Die Adler Group SA hat ihren Sitz in Luxemburg. Grundsätzlich können Anleger damit in Luxemburg klagen. Für deutsche Anleger kommt daneben als Gerichtsstand für Klagen in Deutschland der Ort des Vermögensschadens (d. h. der Ort des Kontos, von dem die Wertpapiere gezahlt worden sind) in Betracht. Befindet sich dieser Ort (Ort der kontoführenden Bank) in Deutschland, ist die Klage in Deutschland auf Grundlage des deutschen Rechts möglich.

Bei Fragen wenden Sie sich entweder telefonisch (069-770394690) bzw. per E-Mail (neumann@kanzlei-2vier2.de) an Rechtsanwalt Philipp Neumann. Die Kanzlei 2vier2 ist auf Vertretung von Aktionären in Kapitalmarktstreitigkeiten spezialisiert. Rechtsanwalt Philipp Neumann ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht mit über 15 Jahren Erfahrung in der Prozessführung. Er hat bereits Aktionäre gegen die Telekom AG, IKB AG, Hypo Real Estate AG, die Wirecard AG sowie die Volkswagen AG zum Vorwurf der Fehlinformation des Kapitalmarktes vertreten.



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