Antwort der Allianz zur Arbeitgeberhaftung aufgrund Senkung der Rentenfaktoren durch die Treuhänderklausel

  • 5 Minuten Lesezeit

1. Reduzierung der Rentenfaktoren unter Anwendung der Treuhänderklausel am Beispiel der Allianz

Vor kuzem hatten wir das Thema Senkung von Renten bzw. Rentenfaktoren unter Anwendung der Treuhänderklausel am Beispiel der Allianz thmatisiert:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/das-problem-der-treuhaenderklausel-in-der-bav-am-beispiel-der-allianz_185743.html

Zur Arbeitgeberhaftung in diesem Zusammenhang haben wir einen Tag später Stellung genommen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/allianz-senkt-rentenfaktor-arbeitgeberhaftung-und-was-zu-tun-ist_185813.html

Ein Leser hat den Beitrag zum Thema Treuhänderklausel an die Allianz weitergeleitet, verbunden mit der konkreten Frage zum Ausgleich durch den Arbeitgeber, mithin konkret zur Arbeitgeberhaftung.

2. Antwort der Allianz zum Thema Arbeitgeberhaftung durch Rentenkürzung

Die wörtliche Antwort der Allianz wurde uns übermittelt.

2.1. Die Allianz führt zu der konkreten Frage und zum Artikel aus, dass Argumentation und Konsequenz in unserem Beitrag nicht korrekt seien.

2.2. Die Allianz führt weiter aus, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, für die garantierten Leistungen eines bAV-Vertrags einzustehen.

2.3. Weiter führt sie aus, dass bei der Senkung des Rentenfaktors das garantierte Kapital gleich und im vollem Umfang erhalten bliebe.

2.4. Die Höhe der Rente sei von vornherein nicht garantiert bzw. unter dem Vorbehalt des Rentenfaktors berechnet gewesen.

2.5. Die Allianz führt weiter aus, dass der Vorbehalt sehr transparent in der Police und in jeder jährlichen Standmitteilung genannt und erklärt sei.

2.6. Abschließend schreibt die Allianz in dieser mehr als knappen Antwort, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer der Verpflichtung des Versicherers aus dem Versicherungsvertrag entspräche.


3. Beurteilung der Stellungnahme

Die kurze Antwort der Allianz ist bemerkenswert.
Während man unter schulischer Betrachtung von Themaverfehlung sprechen würde, müsste man im Sinne einer fachlichen Auseinandersetzung oder Diskussion von einer fehlenden Antwort oder einem „an der Frage Vorbeischreiben“ sprechen.

Richtig und zutreffend ist sicherlich Punkt 2.2., dass der Arbeitgeber für seine Zusage und für seine garantierten Leistungen einzustehen hat.
Ebenso richtig ist Punkt 2.3., dass das Kapital durch eine Rentenkürzung nicht berührt ist, sondern lediglich über einen längeren Zeitraum in kleineren Beträgen ausbezahlt wird.
Aber soll dies tatsächlich die Frage beantworten?

In der bAV ist einzig und allein die Zusage des Arbeitgebers entscheidend, um die Ansprüche des Arbeitnehmers zu beurteilen.
In der Praxis fehlt diese häufig oder sie ist falsch geschrieben (siehe auch: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-25-groessten-bav-fehler-und-maengel-der-betrieblichen-altersversorgung-in-versorgungswerken_185712.html).

Auf eine fehlende Garantie wird selten deutlich hingewiesen, weil es den Vertrieb erschwert. Zu dieser Problematik siehe auch: https://www.anwalt.de/rechtstipps/das-dilemma-zwischen-arbeitgeberinteressen-und-kontraeren-versicherungsvermittlerinteressen-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185885.html

Und selbst bei einem Hinweis stellt sich die Frage, ob er tatsächlich deutlich genug war, ob dem Arbeitnehmer eine Kürzung bewusst war, was vom Arbeitgeber tatsächlich zugesagt war und ob dies vor Gericht einer rechtlichen Prüfung standhält. Nach meiner Erfahrung mit hinreichender Gewissheit nicht.

Bei der gerichtlichen Beurteilung dieser Problematik ist folgendes zu bedenken:
Mitarbeitern ist bewusst, dass sie eine Rente monatlich in einer bestimmten Höhe bekommen sollten. Hierzu wurde ihnen ein konkreter monatlicher Betrag genannt.
Inwieweit der Arbeitgeber für seine Zusagen tatsächlich die Mustertexte, die Allianz zur Verfügung gestellt haben soll, genutzt hat, ist fraglich und kann von der Allianz auch nicht beurteilet werden. Weiterhin macht die Allianz keine Aussage dazu, ob sie eine Gewähr dafür gibt, dass diese Mustertexte einer gerichtlichen Prüfung standhalten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung in ähnlicher Situation sieht dies eher kritisch.
Insofern hat der Arbeitgeber keine Garantie, dass ihn – wenn er die Mustertexte der Allianz verwendet – keine Haftung treffen kann.

Es gibt auch nur 3 Zusagearten in der betrieblichen Altersversorgung.
Worunter will man diese Zusage, von der die Allianz ausgeht, subsumieren? Leistungszusage sicher nicht. BOLZ oder BZML?
Ich halte es für kaum möglich, hier eine Zusage zu formulieren, bei der man sicher sagen kann, dass diese Formulierung einer Prüfung standhält. Diese Zusage müsste das Risiko für den Arbeitnehmer so deutlich formulieren, dass das Produkt kaum mehr verkäuflich sein dürfte.. Das Kleingedruckte und oft Verklausulierte in einer Police und die gebotene Klarheit einer Zusage sind verschiedene Dinge.

Das zentrale Element einer BOLZ, also einer beitragsorientierten Leistungszusage, ist die Leistungstransformation. Beitrag und Überschüsse müssen nach bestimmter Formel in eine Leistung transformiert werden können. Ob der Verweis auf einen Treuhänder dies erfüllt, sehe ich als äußerst zweifelhaft an und auch die Allianz selbst lässt diese Frage vollkommen offen. Eine BOLZ fordert auch eine garantierte Leistung, sie aus den Beiträgen ermittelt wird. Auch diese zentrale Frage diskutiert oder beantwortet die Allianz nicht.
Den Automatismus, den die Allianz beschreibt, dass die Zusage der Pollice entspricht, gibt es nicht per se.

Bei den Pensionskassen, bei 29 von ihnen soll die BaFin jetzt Senkungen der Renten genehmigt haben, steht es sogar im Gesetz (§ 314 VAG) , dass Kürzungen der garantierten Renten möglich sind. Hier haftet zweifelsfrei der Arbeitgeber für die Differenz zwischen reduzierter Rente und zugesagter Rente. Der arbeitsrechtliche Verschaffungsanspruch und Schutz der Arbeitnehmer ist eben sehr hoch (siehe: https://www.anwalt.de/rechtstipps/koelner-pensionskasse-caritas-pensionskasse-geschaeft-mit-fragwuerdigen-und-unserioesen-empfehlungen_184521.html). Entscheidend wird sein, was dem Arbeitnehmer vorliegt und was ihm vom Arbeitgeber zugesagt wurde.
Der Arbeitnehmer hat meist eine Berechnung erhalten, die ihm auch einen konkreten Betrag nennt, den er als Rente erhalten soll.

Auch in einer Zusage, falls es diese schriftlich gibt, wird ein konkreter Betrag genannt sein. Richtig ist sicherlich auch, dass im Kleingedruckten der Police die Möglichkeit der Rentenreduzierung deutlich genug steht. Ein garantiertes Kapital, das als solches bei einer Rente auch nicht zugesagt wird, hilft hier wenig.

Die zentrale Frage bleibt, wie ist die Zusage gestaltet, wie ist die Rente letztlich definiert und wie muss der Arbeitnehmer dies auffassen und hält diese Variabilität letztlich vor Gericht einer Prüfung stand. Die Frage, erfüllt, die Zusage die Anforderungen einer BOLZ, die eigentlich andere Grundlagen hat, lässt die Allianz offen und unbegründet.

4 Fazit

Arbeitnehmer mit gekürzten Renten dürften in vielen Fällen gute Chancen haben, diese auf die ursprünglichen Zusagen durch den Arbeitgeber auffüllen lassen zu können und Arbeitgeber werden sich in vielen Fällen schwer tun, stichhaltige Argumente zur Abwehr einer Arbeitgeberhaftung zu finden, wenn die Gründe für eine Arbeitgeberhaftung von der Arbeitnehmerseite entsprechend dargestellt werden.


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Foto(s): AUTHENT

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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