Die 25 größten bAV Fehler und Mängel der betrieblichen Altersversorgung in Versorgungswerken

  • 9 Minuten Lesezeit

Mit meinen Rechtstipps zu den 20 größten Irrtümern in der bAV  sowie den größten Fehlern bei der Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung  und zur Arbeitgeberhaftung in der betrieblichen Altersversorgung habe ich zu vielen Problembereichen bereits Stellung genommen.

1. Bisher ist immer alles gut gegangen

Viele Arbeitgeber haben die Erfahrung - es ist bislang noch immer alles gut gegangen!
Dies ist für den einzelnen Arbeitgeber sicherlich positiv, allerdings aber leider keine Gewähr, dass alles richtig ist und dies in Zukunft auch so bleibt. Der Grund, warum Haftungsfälle gemessen an den vorhandenen Fehlern noch relativ selten sind, ist schlicht der, dass Arbeitnehmer noch wenig aufgeklärt sind und selbst viele Arbeitsrechtler in den Tiefen der Zusammenhänge der betrieblichen Altersversorgung sowie in den Feinheiten von Formulierungen wenig praktische Erfahrungen haben, da deren Spezialisierung meist im reinen Arbeitsrecht liegt.

In diesem Rechtstipp möchte ich deshalb auf einige der vielfältigen Fehler aufmerksam machen, die bei der Prüfung von Versorgungswerken regelmäßig auftauchen und dem Arbeitgeber zum Teil auch große Probleme bereiten und im Ergebnis teuer werden können.

2. Beispielhafte Aufzählung häufiger Fehler in Versorgungswerken

2.1. Fehlerhafte Entgeltumwandlungsvereinbarungen

Regelmäßig fällt bei Überprüfungen auf, dass Entgeltumwandlungsvereinbarungen entweder fehlerhaft formuliert oder zum Teil gar nicht vorhanden sind.
Teiweise sind wichtige Aufklärungen und Hinweise gegenüber den Mitarbeitern nicht dokumentiert, was eine Haftung des Arbeitgebers begründen kann, teilweise gibt es nur einen Versicherungsantrag, aber keine dazugehörende Entgeltumwandlungsvereinbarung, teilweise sind diverse sonstige Fehler enthalten.

2.2. Schriftliche Zusage nicht vorhanden

Betriebliche Altersversorgung setzt entsprechend der Legaldefinition immer eine Zusage des Arbeitgebers voraus. Während arbeitsrechtlich diese mündlich, schriftlich oder konkludent sein kann, verlangt das Steuerrecht die Schriftform zur Anerkennung der Betriebsausgaben.

2.3. Fachliche Fehler in Zusagen

Zum Teil finden sich auch gravierende fachliche Fehler in Zusagen.
Sei es, dass die Zusageart unklar formuliert ist, Hinterbliebenenleistungen nicht richtig definiert sind oder andere Unklarheiten enthalten sind. Formulierungen sind oft laienhaft gestaltet und eröffnen einen großen Spielraum für Interpretationen und Auslegungen. Der Grundsatz der Klarheit und Eindeutigkeit ist kein Spezifikum der Geschäftsführerversorgung und der Pensionszusage, sondern genauso beim Arbeitnehmer zu beachten. Die jüngste Rentenkürzung durch die Allianz, bei der unter Anwendung der Treuhänderklausel die Renten gekürzt wurden, bringt all die Unternehmer in Probleme, die diese Thematik nicht richtig formuliert und nicht richtig aufgeklärt haben in ihren Zusagen.

2.4. Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz

Die diesbezüglichen Fehler in der Praxis sind vielfältig. Sie reichen von der Bevorzugung einzelner Mitarbeiter ohne sachlichen Grund für eine Differenzierung bis zur Ausgrenzung von Teilzeitkräften und Minijobbern. Differenzierungen müssen sachlich begründet sein und sinnvoller Weise in einer Versorgungsordnung auch entsprechend dokumentiert sein. Andernfalls entstehen unbewusste und unentdeckte Verpflichtungen, deren Verjährungsfrist erst in vielen Jahren zu laufen beginnt. Verstöße sind sowohl dem Grunde nach als auch der Höhe nach in der Praxis häufig. Die Probleme treten sowohl bei arbeitgeberfinanzierten Zusagen als auch bei Zuschüssen zur Entgeltumwandlung auf.

2.5. Beleihung von Direktversicherungen

Immer wieder findet man Fälle beliehener Direktversicherungen. Beleihungen durch den Arbeitgeber lösen eine PSV-Pflicht aus. Beleihungen durch den Arbeitnehmer vor dem Ausscheiden sind grundsätzlich unzulässig.
2.6. Falsche Bezugsrechte bei Direktversicherungen
Quelle viele Fehler sind auch die Bezugsrechte. Von gespaltenen Bezugsrechten bei Entgeltumwandlung, Widerrufbarkeiten bis zu Angehörigen als Bezugsberechtigten ist in der Praxis alles zu finden. Direktversicherungen werden zum Teil sogar so abgeschlossen, dass der Arbeitnehmer auch Versicherungsnehmer ist und nicht der Arbeitgeber. Jeder Fehler hat unterschiedliche Konsequenzen und kann umso teurer werden, je später er entdeckt wird.

2.7. Fehlerhafte Hinterbliebenenbenennungen bei Unterstützungskassen und Direktzusagen

In einigen zu prüfenden Fällen fehlten die Hinterbliebenenbenennungen vollständig. In anderen Fällen wurden Personen benannt, die nicht dem engen Hinterbliebenenbegriff der bAV entsprachen oder zum Teil auch gar nicht oder nicht mehr als Hinterbliebene gedacht waren. Von Eltern über Geschwister bis hin zu früheren Ehegatten auch nach Wiederheirat findet sich in der Praxis fast alles. Die damit verbundenen Probleme sind vielfältig.

2.8. Übernommene bAV-Verpflichtungen

Verpflichtungen aus mitgebrachten Verträgen neu eingestellter Mitarbeiter sind eine häufige Fehlerquelle. Zum Teil werden risikobehaftete Gesellschaften, die man im bAV-Bereich eher vermeiden würde, mit schlechter Kapitalsituation oder auch wenig bis keiner bAV-Kompetenz , fehlerhaften Verträge und Zusagen oder Dokumenten einfach (schuldbefreiend mit allem Wenn und Aber) ohne weitere Prüfung übernommen. Zum Teil werden auch biometrische Risiken, die versicherungstechnisch nicht oder unsicher gedeckt sind und die man ebenfalls besser meiden sollte, über diesen Weg ins Haus geholt. Klare Richtlinien im Unternehmen zur Handhabung von Übernahmen fehlen.

2.9. Keine oder fehlerhafte Versorgungsordnung

Auch wenn eine Versorgungsordnung als grundlage für eine Zusage nicht zwingend erforderlich ist, sie ist zumindest sinnvoll, da sie Streit und Missverständnisse vermeidet. Eine Versorgungsordnung definiert die Regeln des Betriebsrentenrechts im Rahmen des Möglichen im Sinne des Arbeitgebers und schafft, vereinfacht ausgedrückt, klare Spielregeln, die Interpretationsmöglichkeiten verhindern kann.

2.10. Betriebliche Übung und ihre Folgen

Teilweise finden sich Verpflichtungen in Bezug auf die bAV auf Basis bisheriger betrieblicher Übungen im Unternehmen, die dem Unternehmer so nicht bewusst sind.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Bausteine als einmalige Arbeitgeberleistungen gegeben wurden, Abfindungen in bestimmter Weise vorgenommen wurden, die man besser vermieden hätte etc.

2.11. Beratungsdokumentation

Der Arbeitgeber schickt meist einen Verteter der Versicherungswirtschaft in sein Unternehmen oder gewährt ihm Zutritt. Er gibt ihm die Möglichkeit einer Mitarbeiterversammlung und die Möglichkeit von Einzelgesprächen. Die Dokumentation soll die Entscheidung des Arbeitnehmers, die Aufklärung und die weiteren Inhalte von Beratung und Arbeitnehmerwünschen enthalten.
Die Beratung erfolgt meist im Namen des Arbeitgebers. Der Vermittler wird als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers tätig. Fehlende Hinweise und mangelhafte Dokumentation muss der Arbeitgeber zumindest zunächst gegen sich gelten lassen. (zur Informationspflicht vergleiche auch den Rechtstipp hierzu).

2.12. Falsche und ungeeignete Tarife

Vielfach finden sich Tarife, die für die bAV grundsätzlich oder für den jeweiligen Zweck nicht geeignet sind. Dies betrifft alle Durchführungswege gleichermaßen, soweit Versicherungen integriert sind.
So finden sich schlichte Lebensversicherungen als Direktversicherungen, Rentenversicherungen ohne garantierte Rentendynamik in Unterstützungskassen oder Tarife, die bei Beitragsfreistellung eine Zwangsauflösung zur Folge haben und bei denen die Grenze oberhalb der noch zulässigen Abfindung liegt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Auch Rückdeckungstarife für Pensionszusagen sind häufig alles andere als geeignet und knebeln und binden häufig die Geschäftsführer und schränken deren Flexibilität unnötigerweise ein. Tarife, bei denen Rentengarantien unter Treuhändervorbehalt stehen, können ebenso zu Problemen mit dem Mitarbeiter führen in rechtlicher oder auch faktischer Hinsicht.

2.13. Gleichbehandlung des beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführers

Häufig erhalten Geschäftsführer von einem produktorientierten Vertrieb die gleichen Produkte und Verträge wie die Mitarbeiter. Begleitende arbeitsrechtliche Dokumente fehlen allerdings.
So fehlen häufig der erforderliche Gesellschafterbeschluss und auch eine entsprechende Zusage. Während bei Mitarbeitern das Betriebsrentenrecht gilt (das man grundsätzlich spezifizieren und im Rahmen des Möglichen einschränken sollte), fehlen beim beherrschenden Geschäftsführer, für den dieses Betriebsrentengesetz nicht gilt, entsprechende Regelungen vollständig. Bei Prüfungen hatten wir sogar Fälle, bei denen nur eine Rückdeckungsversicherung über einige Jahre bezahlt wurde, jedoch weder eine Zusage vorlag noch Rückstellungen gebildet wurden oder eine Verpfändung zum Insolvenzschutz vorgenommen wurde. Im Ergebnis war es nicht mehr als eine schlechte Kapitalanlage der Gesellschaft ohne Anspruch des Geschäftsführeres.

2.14. Problem der Berufsunfähigkeit

Häufig ist die Verpflichtung aus Berufsunfähigkeitszusagen nicht deckungsgleich mit der entsprechdnden Berufsunfähigkeitsversicherung. Hier entstehen leicht Lücken und damit Haftung für den Arbeitgeber, wenn die Versicherung Ansprüche ablehnt. Somit wäre es oftmals besser, die Absicherung der Berufsunfähigkeit im privaten Bereich vorzunehmen.
Gerade bei Berufsunfähigkeit zeigt sich dann häufig das Dilemma der Interessenskollision zwischen Arbeitgeberinteressen, die nach Haftungsminimierung streben und Produktverkäuferinteressen, die häufig auf Umsatzmaximierung ausgerichtet sind.

2.15. Fehlerhaft geschlossene Versorgungswerke

Immer wieder treten Fälle auf, bei denen alte Versorgungswerke zwar nicht mehr gelebt, jedoch auch nie geschlossen wurden. Hier können sich leicht entsprechende Verpflichtungen aufbauen, die erst nach Jahren entdeckt werden.

2.16. Beitragsbefreiungen bei Berufsunfähigkeit

In den Fällen, in denen Beitragabefreiungen für BU vereinbart und zugesagt wurden, tauchten schon Fälle auf, bei denen die Befreiung vor dem festgelegten Altersrentenbeginn endete. Der Arbeitgeber ist dann für den nicht abgedeckten Zeitraum in der Haftung.

2.17. Fehlendes Controlling in der bAV – keine qualifizierten fachlichen Berater

Häufig wird das bAV-Thema als Last im Unternehmen irgendwie mitgezogen. Versicherungsverkäufer schließen Verträge, vereinbaren einen Lastschrifteinzug und der Steuerberater erfasst Entgeltumwandlung und Beitragszahlung in irgendeiner Form. Ein Abgleich von Zusage, Tarif, Versicherungsbestätigung und Antrag erfolgt nicht. Oft widersprechen sich Daten hier sogar mehrfach in unterschiedlichen Dokumenten. Ein Produktverkäufer als bAV-Berater hat häufig weder die fachliche Ausbildung noch das Interesse, den Arbeitgeber professionell mit Fokus auf Haftungsminimierung und betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit zu beraten. Ein Versicherungsmakler, der zumindest im Interesse des Unternehmens und nicht im Interesse der Versicherungsgesellschaft handelt, kann dann ein entsprechendes Produkt anbieten, wenn ein qualifizierter bAV-Berater dies entsprechend gestaltet und weitgehend rechtssicher geregelt hat.

2.18. Rentenalter und Vertragsablauf sind nicht deckungsgleich

Häufig stimmt das Fälligkeitsdatum einer Rückdeckungsversicherung nicht mit dem Renteneintrittsalter überein und zeigt auch nicht die erforderliche Flexibilität bei vorgezogenem Ruhestand. Die damit verbundenen Probleme sind wieder vielfältig.

2.19. BOLZ oder BZML

Die Beitragsorientierte Leistungszusage und die Beitragszusage mit Mindestleistung sind absolut unterschiedlich aus verschiedenen Aspekten. Unscharfe, missverständliche Formulierungen öffnen die Tür für Haftungsrisiken. (siehe mein Rechtstipp in Zusammenhang mit Aufhebung der Beitragsgarantie)

2.20. Probleme mit verdeckter Gewinnausschüttung bei Sonderbehandlung von Familienmitgliedern

Häufig erfolgt eine Besserstellung von Familienmitgliedern. Dies kann langfristig nicht nur Probleme wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, sondern auch bereits kurzfristig Probleme mit dem Finanzamt wegen der steuerlichen Behandlung verursachen.

2.21 Unverantwortliche Rentenfaktoren bei internen Durchführungswegen

Bei internen Durchführungswegen wie der pauschaldotierten Unterstützungskasse oder der Pensionszusage finden sich immer wieder Rentenfaktoren von 10. Aus dem Kapital wird eine Jahresrente errechnet, indem man das Kapital durch 10 dividiert. Dies kann auf Dauer sehr teuer werden. Sinnvoller sind Rentenfaktoren ab 15 oder 16, mit der Folge geringerer Renten und einem langsameren Kapitalverzehr. Renten sollten aber gerade bei kleineren Unternehmen vermieden werden oder zumindest mit einer Kapitaloption versehen sein, die der Arbeitgeber ausüben kann.

2.22. Fehlende Kapitaloptionen

Bei internen Zusagen, ob pauschaldotierten Unterstützungskassen oder Direktzusagen oder sogar kongruent rückgedeckten Unterstützungskassen, sollte im Falle von Rentenzusagen immer eine Kapitaloption bestehen, um diesbezüglich flexibel zu sein. Dies gilt auch bei Pensionszusagen an Gesellschaftergeschäftsführer, um durch eine Kapitaloption im Verkaufsfall flexibel zu bleiben und auszuschließen, dass die Zusage ein Verkaufshindernis darstellen könnte.

2.23. Fehler in Pensionszusagen an Geschäftsführer und Gesellschaftergeschäftsführer

Auch in Pensionszusagen finden sich reichlich Fehler und Probleme. Eine Übersicht habe ich in diesem Rechtstipp zusammengefasst,

2.24. bei § 40 b EStG Verträgen fehlt die Bescheinigung des Vorarbeitgebers zur bisherigen Behandlung

Bei übernommenen Verträgen, die noch pauschal versteuert werden und vor 2005 begründet wurden, ist eine Erklärung des alten Arbeitgebers notwendig, dass die Behandlung bislang nicht nach 3 Nr 63 erfolgte, um weiter nach § 40 b EStG behandelt und steuerfrei ausbezahlt werden zu können.

2.25. falsche Behandlung in der Buchhaltung

Häufig festzustellen ist, dass die buchhalterische Behandlung unzutreffend ist, mit direkter Auswirkung auf die Steuer- und Sozialversicherungszahlungen.
Bei arbeitgerfinanzierzen Unterstützungskassen ist beispielsweise der monatliche Aufwand auf der Lohnabrechnung überhaupt nicht zu erfassen. Bei Entgeltumwandlung bei internen Durchführungswegen ist die Steuerfreiheit unbegrenzt, die Sozialversicherungsbefreiung ist begrenzt.

3. Empfehlung

Die Fehler sind vielfältig und durchwegs mit einer Haftung des Arbeitgebers verbunden. In den wenigsten Unternehmen waren qualifizierte bAV-Berater, die im Interesse des Unternehmens ein Versorgungswerk gestaltet haben. Meist stand der Produktverkauf im Vordergrund.
Die Prüfung eines Versorgungswerks ist jedem Unternehmer zu empfehlen. Auf Basis meiner obenstehenden Punkte kann bereits selbst eine erste Einschätzung vorgenommen werden. Viele Fehler können geheilt oder reduziert werden. Die Zukunft ist ohnehin gestaltbar.
Es ist prinzipiell nie zu spät, eine Versorgungsordnung im Unternehmen einzuführen und dadurch die Handhabung der bAV verbindlich zu regeln.

Gerne Überprüfe ich auch Ihre Unterlagen zum bestehenden Versorgungswerk und gebe Empfehlungen zur Neuordnung bzw. weiteren Handhabung.

Ihre Liquiditätsauswirkungen oder auch den erforderlichen Zins für kostenneutrale Gestaltungen können Sie gerne mit unserem Unterstützungskassen Rechner ermitteln.

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Foto(s): AUTHENT

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