Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Polizeipräsident von Freiburg zeigt Ex-Polizist wegen übler Nachrede und Beleidigung an

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TikTok-User wegen übler Nachrede verklagt“, so lautet die Schlagzeile bei Merkur.de am 19.08.2023. Weiter heißt es: „Darf man sich über seinen Vorgesetzten lustig machen? Ein Ex-Polizist macht sich über den Polizeipräsidenten lustig und bekommt dafür eine Anzeige…Ein Ex-Polizist muss sich aktuell wegen übler Nachrede vor dem Amtsgericht Waldkirch in Baden-Württemberg verantworten, weil er sich öffentlich in einem TikTok-Video über seinen ehemaligen Vorgesetzten, den Polizeipräsidenten, lustig gemacht hatte.“

Auf der Anklagebank: ein TikTok – User, Ex-Polizist, sein Video wurde unter anderem auf YouTube und TikTok mittlerweile fast 1.5 Millionen mal aufgerufen

„In dem 31-sekündigen Video spielt“ TikTok User „Maurii Pastore selbst mehrere Polizisten, die sich über Beförderungen unterhalten und dann den Polizeipräsidenten in flagranti mit seiner "Sekretärin" erwischen.

Laut der Anklageschrift erweckt das Video den Eindruck, der Präsident des Polizeipräsidiums Freiburg habe eine Referentin im Austausch für sexuelle Gefälligkeiten mehrfach vorzeitig befördert. Die dargestellten Vorgänge würden nicht der Wahrheit entsprechen. Weiter heißt es in der Anklageschrift: "Jedoch sei die Darstellung dazu geeignet gewesen, die beiden betroffenen Polizeibeamten in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen und als verachtenswert erscheinen zu lassen…Das Amtsgericht Waldkirch hatte zunächst einen Strafbefehl samt einer Geldstrafe von 4.800 Euro gegen den TikToker verhängt. Maurii Pastore hat dagegen Einspruch eingelegt, weshalb es nun zu einer Verhandlung kommt.“ – so fasst der SWR den Fall mit Datum vom 16.08.2023 zusammen. Quelle: Sendung vom Mittwoch, 16.8.2023, 18:00 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR Fernsehen BW.

Schwerwiegende Beleidigungen, Beschimpfungen, Unterstellungen, üble Nachreden - entwickeln sich „inflationär“ gegenüber Arbeitgebern in Deutschland

Aktueller Fall: Der Automobilzulieferer Benteler kündigt einem Mitglied des Betriebsrats fristlos. „Anwalt.de“ berichtet am 12.08.2023 ausführlich über den Fall; Quelle: „Fristlose Verdachtskündigung wegen Arbeitszeitbetruges gegen Betriebsratsvorsitzenden von Benteler für rechtens erklärt.“ Benteler muss sich schwerwiegende Unterstellungen seitens der IG Metall medial vorhalten lassen. Beispielsweise unterstellt die IG Metall Benteler kurzerhand „systematische Behinderung von Betriebsräten“ und damit das Begehen einer Straftat. In der Zeitung NW ( Neue Westfälische ) heißt es am 22.06.2023 online, „Union Busting“ IG Metall: „Benteler will den Betriebsrat in Bielefeld schwächen.“

Letztendlich stimmt das Arbeitsgericht Bielefeld der fristlosen Kündigung zum Nachteil des Betriebsratsvorsitzenden zu. Trotz dieser Tatsache bleiben die Unterstellungen seitens der IG Metall gegenüber Benteler online bestehen.

"Den Wicht schmeiße ich aus dem Fenster, ich stehe kurz vor einem Amoklauf, der lebt gefährlich!"

Mit diesen Worten erklärt sich ein Arbeitnehmer gegenüber einer Arbeitskollegin über seinen Vorgesetzten. Der Arbeitgeber kündigt fristlos; Arbeitsgericht Siegburg erachtet die fristlose Kündigung als gerechtfertigt mit Urteil vom 04.11.2021 - 5 Ca 254/21.

Das Arbeitsgericht Siegburg wie folgt feststellend:

„Zur Überzeugung der erkennenden Kammer steht fest, dass der Kläger in ernstzunehmender Art und Weise gegenüber der Zeugin xxx äußerte: "Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was... Der xxx lebt gefährlich, sehr gefährlich…Aus der Aussage der Zeugin ergibt sich, dass mit dem "kleinen Wicht" der Vorgesetzte des Klägers, Herr xxx und nicht ein Flyer gemeint war. Die diesbezügliche Einlassung des Klägers wertet die erkennende Kammer aufgrund der Aussage der Zeugin xxx als Schutzbehauptung. Schließlich wurde durch die Aussage der Zeugin so gut wie keine Behauptung des Klägers auch nur ansatzweise bestätigt. Vielmehr wurde bzgl. des Ablaufs des Gesprächs jede relevante Behauptung des Klägers durch die Zeugin widerlegt. Dass die Äußerungen des Klägers in ernstzunehmender Art und Weise getätigt wurden, ergibt sich ebenfalls aus der Aussage der Zeugin xxx. Diese bekundete, dass sie Angst hatte und gedacht hat, dass etwas passieren wird. Deshalb entschloss sie sich dazu, dies zu melden.“ Quelle: openJur 2022, 2427.

Auszubildender beschimpft Arbeitgeber als „Menschenschinder & Ausbeuter“

Ein Auszubildender beschimpft seinen Arbeitgeber als „Menschenschinder & Ausbeuter“ in den sozialen Medien. Im Urteil des LAG Hamm mit Datum vom 10.10.2012, Aktenzeichen 3 Sa 644/12, heißt es wie folgt: „Mit Schreiben vom 21.06.2011, das dem Kläger unter dem 22.06.2011 zuging, kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis fristlos, weil er den Beklagten in dem Facebook-Profil als "menschenschinder & ausbeuter" bezeichnet habe, er den Beklagten als "Leibeigener" halte und der Kläger "daemliche scheisse fuer mindestlohn - 20 %" erledige.“ Das LAG Hamm hat die fristlose Kündigung des Arbeitgebers als gerechtfertigt erklärt. Fundstelle openJur 2012, 130526.

Müssen Arbeitgeber diskriminierende Äußerungen ihrer Mitarbeiter dulden? – Nein - !

Arbeitsrecht für Arbeitgeber bedeutet, sich darüber bewusst zu sein, dass die Arbeitsgerichte in Deutschland grundsätzlich Drohungen und schwerwiegende Beleidigungen zum Nachteil von Arbeitgebern bzw. Vorgesetzten nicht tolerieren und fristlose Kündigungen als gerechtfertigt bewerten. Das sollte auch so sein, anderenfalls würden Beleidigungen und Beschimpfungen zum Nachteil des Arbeitgebers eine Art „rechtsfreien Raum“ erhalten.

Rechtsfreier Raum darf nicht entstehen

Es gibt keinen rechtsfreien Raum. Schwerwiegende Beleidigungen oder Hass-Posts im Netz rechtfertigen grundsätzlich eine fristlose Kündigung, auch ohne Ausspruch einer vorherigen Abmahnung. Das ist gefestigte, ständige Rechtsprechung in Deutschland.

Pressekammern an den jeweiligen Landgerichten sind zuständig, wenn der Arbeitgeber sich gegen die Verbreitung etwaiger unwahrer Tatsachenbehauptungen durch Gewerkschaften rechtlich wehren will

Herauszuheben ist, dass, sofern die etwaigen unwahren Tatsachenbehauptungen durch die jeweilige Gewerkschaft online – also im Netz - veröffentlicht worden sind, dass in diesem Fall der Arbeitgeber an jede Pressekammer Deutschlands herantreten kann. In diesem Fall fällt die Frage der Zuständigkeit ersatzlos weg, - sogenannter „fliegender Gerichtsstand“.

Sollte die Pressekammer den Antrag des Arbeitgebers als unbegründet zurückweisen, wird die jeweilige Gewerkschaft, gegen die der Antrag des Arbeitgebers gerichtet war, nicht informiert. Ein für den Arbeitgeber im Rahmen seiner Entscheidungsfindung, ob er gegen etwaige Denunzierungen der jeweiligen Gewerkschaft rechtlich vorgehen will, strategisch wichtiger Aspekt.

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf den Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.


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