Bauordnungswidrigkeit: Nutzung ohne Genehmigung und Konsequenzen für Bauherren
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Genehmigungswidrige Nutzung als Ordnungswidrigkeit
Nach den Bauordnungen der Länder bedürfen die Errichtung, Aufstellung, Anbringung und Änderung, die Nutzungsänderung, der Abbruch und die Beseitigung von Anlagen oder von Teilen im Regelfall der Baugenehmigung (Beispiel: § 62 Abs. 1 Hessische Bauordnung - HBO). Ordnungswidrig handelt, wer ohne erforderliche Baugenehmigung oder abweichend davon Anlagen bspw. errichtet oder nutzt (Beispiel: § 86 Abs. 1 Nr. 13 Hessische Bauordnung - HBO). Die Folge ist ein Bußgeldbescheid der Baugenehmigungsbehörde, wobei die Bußgelder im Falle der Vermietung von Wohnraum ohne Genehmigung sehr empfindlich ausfallen können. Beispielsweise können Bußgelder je nach Bundesland bis zu 50.000 Euro oder mehr betragen.
In einem aktuellen Fall aus Hessen wurde einem Bauherren vorgeworfen, gegen die Hessische Bauordnung (HBO) verstoßen zu haben. Die Bauaufsichtsbehörde hat dem Bauherrn vorgeworfen, eine Nutzungsänderung und Umbauarbeiten ohne erforderliche Genehmigung durchgeführt zu haben. Dies ist ein relevanter Fall, der als Beispiel für die Bedeutung von Genehmigungsverfahren und die Konsequenzen von Verstößen dient.
Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils
Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter gezogen hat, übersteigen. Diese Regelung ist für Bauherren besonders relevant, da sie sicherstellen soll, dass Ordnungswidrigkeiten keinen finanziellen Vorteil bringen. Im Falle einer genehmigungswidrigen Vermietung geraten daher bei der Bußgeldbemessung die erzielten Mieteinnahmen in das Blickfeld der Behörde. Dies soll anhand eines Beispielfalles erörtert werden.
Hintergrund des Beispielfalls
Der Bauherr ließ in einem Gebäude acht Wohneinheiten nutzen, ohne die hierfür notwendige Baugenehmigung zu besitzen. Ursprünglich war lediglich eine Genehmigung für die Nutzung von drei Wohneinheiten als Ferienwohnungen erteilt worden. Dennoch wurden die Räumlichkeiten seit 2018 dauerhaft bewohnt und entsprechend vermietet.
Feststellungen der Bauaufsichtsbehörde
Bei einer Ortsbesichtigung und durch Meldedaten wurde festgestellt, dass die Wohneinheiten von 2018 bis 2020 ohne Genehmigung genutzt wurden. Durch die unerlaubte Vermietung erzielte der Bauherr Einnahmen, die als ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil gewertet wurden. Die Notwendigkeit einer baurechtlichen Genehmigung für die geänderte Nutzung war dem Bauherrn aufgrund vorheriger Verfahren bekannt, was den Vorwurf der vorsätzlichen Tatbegehung verstärkte.
Berechnung des Bußgeldes
Die Höhe des Bußgeldes wurde basierend auf der Fläche der illegal genutzten Räume ermittelt. Es ergab sich ein Bußgeld in Höhe von über 6.000,00 €, welches aufgrund einer nachträglich erteilten Baugenehmigung für die Wohnnutzung auf die Hälfte reduziert wurde. Zusätzlich wurden die wirtschaftlichen Vorteile durch die unerlaubte Vermietung berücksichtigt. Die erzielten Mieteinnahmen von über 65.000,00 Euro (nach Abzug fiktiver Einnahmen aus genehmigten Ferienwohnungen) überstiegen das Bußgeld bei weitem.
Die Behörde war der Auffassung, dass die Mieteinnahmen von über 65.000,00 Euro vollständig eingezogen werden können. Ihre Einschätzung basierte auf der Annahme, dass sämtliche Einnahmen ohne Abzüge als wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind. Dabei wurde insbesondere auf die Vorgaben des § 17 OWiG zur Abschöpfung von Tatvorteilen verwiesen, die sicherstellen sollen, dass keine ungerechtfertigte Bereicherung durch die Ordnungswidrigkeit erfolgt. Sie stützt sich hier auf die oben beschriebene Abschöpfung des Tatvorteils.
Wichtig: Anwendung des Nettoprinzips
Bei der Berechnung des Bußgeldes wurde allerdings von der Behörde das Nettoprinzip gemäß § 17 IV OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz) missachtet bzw. nicht angewendet, weshalb der Bußgeldbescheid im Ergebnis rechtswidrig ist.
Nach dem Nettoprinzip sollen bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils durch eine Ordnungswidrigkeit die Einnahmen den tatsächlich angefallenen Kosten gegenübergestellt werden. Hierbei wird der wirtschaftliche (Netto)-Vorteil ermittelt, der nach Abzug der Kosten verbleibt. Diese Saldierung berücksichtigt sowohl variable als auch fixe Kosten, die im Zusammenhang mit der Ordnungswidrigkeit stehen.
In diesem Fall wurden von den erzielten Mieteinnahmen nicht die Kosten für die Errichtung des Wohngebäudes, Steuern, Versicherungen etc. abgezogen. Im Ergebnis wurde mit der Vermietung daher überhaupt kein wirtschaftlicher Vorteil erzielt.
Das OLG Frankfurt am Main hat dies bestätigt, indem es in seiner Rechtsprechung betont:
„Für die Bestimmung des Abschöpfungsteils gebietet der Begriff des ‚Vorteils‘ damit eine Saldierung, in deren Rahmen von den durch die Tat erlangten wirtschaftlichen Zuwächsen die Kosten und sonstigen Aufwendungen des Betroffenen abzuziehen sind; es gilt insoweit das Nettoprinzip. Aufwendungen sind abzugsfähig, wenn sie durch den Erwerbsvorgang veranlasst bzw. im unmittelbaren Zusammenhang mit der zu ahndenden Tat entstanden sind. Maßgeblich ist dabei eine tatsächliche Betrachtungsweise nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Vorliegende hätte diesbezüglich betrachtet werden müssen, ob der Betroffene, als er die Wohnung vor Beginn der Vermietung für die Vermietung hergerichtet hat, Aufwendungen hatte, die den wirtschaftlichen Vorteil aus der anschließenden Vermietung geschmälert haben.“ (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Oktober 2023 – 3 ORbs 136/23 –, Rn. 19, juris)
Fazit für Bauherren
Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit, bei Bauprojekten und Nutzungsänderungen stets die notwendigen Genehmigungen einzuholen. Typische Genehmigungsverfahren umfassen unter anderem
- Bauanträge für Neubauten,
- Anträge auf Nutzungsänderung,
- Genehmigungen für den Abriss sowie
- Baugenehmigungen für Um- und Anbauten.
Eine sorgfältige Einhaltung dieser Verfahren schützt vor rechtlichen und finanziellen Konsequenzen. Unerlaubte Nutzungen können nicht nur zu erheblichen Bußgeldern führen, sondern auch die erzielten Einnahmen rückwirkend als unrechtmäßig erworben betrachtet werden. Bauherren sollten daher stets sicherstellen, dass alle baurechtlichen Anforderungen erfüllt sind, um rechtliche und finanzielle Nachteile zu vermeiden. Auf der anderen Seite ist vielen Entscheidungsträger in den Behörden nicht bewusst, dass Bauherren in der Regel durch die Errichtung des Gebäudes und laufende Unterhaltungskosten einen wirtschaftlichen Vorteil nicht in Höhe des Nominalwertes der Einnahmen erzielen. Die Kosten sind bei der Berechnung des Bußgeldes immer abzuziehen.
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