Betriebsrente zum Nulltarif?

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1. Betriebsrente zum Nulltarif - Zielgruppe

"Betriebsrente zum Nulltarif" ist ein Schlagwort, das man immer wieder hört.
Die Frage hierzu ist: Ist eine "Betriebsrente zum Nulltarif" überhaupt betriebswirtschaftlich möglich?
Wenn ja, wäre dies ja gerade in Niedriglohnbranchen interessant, in denen dem Arbeitgeber häufig nicht viel Raum für höhere Vergütungen möglich ist und andererseits dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin kein Spielraum zur Entgeltumwandlung bleibt.

2. Nulltarif für Arbeitnehmer - wie funktioniert das?

Ein Modell, um tatsächlich eine attraktive betriebliche Altersversorgung aus Sicht des Arbeitnehmers zu erreichen, sieht vor, dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für dessen Beiträge zur bAV zu schaffen, so dass es im Ergebnis zu keiner Nettolohneinbuße kommt. Idealerweise erfolgt dieser Ausgleich durch steuerbegünstigte und/oder sozialversicherungsbegünstigte Lohnkomponenten, wie eine Shopping- oder Tankkarte, Essensgutscheine, Handy- oder Internetzuschuss etc.

Das Modell ist in der Grundkonzeption einfach:
Der Mitarbeiter wandelt z.B. 80,00 € seines monatlichen Gehaltes zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung um. Die Nettolohneinbuße in Höhe von 40,00 € bis 45,00 € wird kompensiert durch einen steuer- und sozialversicherungsfreien Lohnbaustein den der Arbeitgeber gibt. Dieser ist natürlich "on Top" und es stellt sich auch nicht die Frage nach dem Zusätzlichkeitserfordernis, die bei manchen Lohnoptimierungsmodellen immer wieder zu Problemen führen kann. Der Arbeitnehmer erhält also zum Ausgleich seiner Nettolohneinbuße aufgrund der  Gehaltsumwandlung zu Gunsten seiner betrieblichen Altersversorgung vom Arbeitgeber beispielsweise eine Shopping-Card im Wert von 44,00 € monatlich.

3. Auswirkung beim Arbeitnehmer

Was bedeutet dies nun in konkreten Zahlen?
80,00 € Entgeltumwandlung für die bAV bedeuten für den Mitarbeiter rund 45,00 € weniger Nettoauszahlung, je nach Steuerklasse und Gehalt.
Durch einen Ausgleich in Höhe von 44,00 € (die Shopping-Card ist steuer- und sozialversiche-rungsfrei) hat der Mitarbeiter im Ergebnis das gleiche Nettogehalt oder einfacher formuliert, die unveränderte Kaufkraft oder eben unverändert zur Verfügung stehendes monatliches Vermögen. Zusätzlich erhält er eine bAV, ohne dass seine monatliche Entgeltumwandlung von 80,00 € sein Nettogehalt effektiv reduziert hat. Die Folge, Jeder kann sich dies letztendlich leisten. 

4. Auswirkung beim Arbeitgeber

Aus Arbeitgebersicht sieht es anders aus.

Der Arbeitgeber spart sich durch die Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers in Höhe von 80,00 € einen Betrag von 16,00 € (Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung) und hat als Mehraufwand die Shopping-Card von 44,00 €, im Ergebnis 28,00 € Mehraufwand vor Steuer, mithin rund 19,00 € nach Steuer bei einem Steuersatz von rund 30 %.

Im Vergleich zu einer arbeitgeberfinanzierten bAV mit einem monatlichen Arbeitgeberbeitrag von 80,00 € spart sich der Arbeitgeber damit 52,00 € monatlich.

Arbeitsrechtlich sauber begleitet, ist dies ein interessantes Modell, das in jedem Durchführungsweg funktioniert.

5. Liquiditätsgewinn für den Arbeitgeber

Will der Arbeitgeber zusätzlich die Liquidität aus der Entgeltumwandlung für sich nutzen, empfiehlt sich ein Durchführungsweg ohne Versicherung, wie die Direktzusage oder die pauschaldotierte Unterstützungskasse.

Bei der pauschaldotierten Unterstützungskasse fließt der Betrag aus der Entgeltumwandlung in Höhe von 80,00 € ebenso wenig aus dem Unternehmen ab wie die Sozialversicherungsersparnis - beides bleibt als zusätzliche, frei verfügbare Liquidität im Unternehmen.
Diesem Betrag in Höhe von 96,00 € an Liquidität stehen natürlich die Kosten der Shopping-Card von 44,00 € bzw. 28,00 € nach Steuer gegenüber, so dass diese zusätzliche Liquidität von rd 70 € je Mitarbeiter und Monat zu unvergleichbar günstigen Konditionen im Unternehmen verbleibt, bis der Mitarbeiter in den Ruhestand geht. Erst dann erhält der Mitarbeiter mit einer klar kalkulierbaren Einmalzahlung auf Basis einer Kapitalzusage den Betrag, der sich aus der monatlichen Entgeltumwandlung  von 80,00 € ergibt zzgl. eines vom Arbeitgeber festgesetzten Zins, der meist zwischen 1,0 % und 1,5 % liegt, ausgezahlt. (siehe mein Rechtstipp https://www.anwalt.de/rechtstipps/problemloesung-durch-bav-arbeitnehmersparbuch-mitarbeitersparbuch-sinnvoll-auch-in-corona-zeiten_184238.html

Für den Arbeitgeber ist dies eine wichtige und wertvolle Innenfinanzierung und es baut sich sukzessive eine erhebliche Liquidität und Liquiditätsreserve auf und die Bankenunabhängigkeit wächst. 

6. Gestaltungsmöglichkeiten

Selbstverständlich sind Variationen kaum Grenzen gesetzt. Ob zum Beispiel mehrere Vergütungsbausteine eingesetzt werden, oder die Sozialversicherungsersparnis an den Arbeitnehmer als zusätzliche Zulage in einer arbeitgeberfinanzierten Zusage weitergegeben wird, entscheidet jeder Unternehmer nach seinen individuellen Vorstellungen und Möglichkeiten.

7. Fazit

Im Kampf um gute Arbeitskräfte wird eine effektive und auch kreative Vergütung immer wichtiger.

Die Coronakrise zeigt, wie lebenswichtig ausreichende Liquidität ist.
Die „bAV zum Nulltarif“ kann hierbei ein wirksames Mittel sein.
Gerne können Sie sich bei uns informieren, wie dieses Instrument individuell für Ihr Unternehmen gestaltet werden kann.

Einen weiterführenden Artikel zum Thema Betriebsrente zum Nulltarif finden Sie hier: https://www.anwalt.de/rechtstipps/betriebsrente-zum-nulltarif-drei-diametral-unterschiedliche-herangehensweisen_186017.html

Den Unterschied zur arbeitgeberfinanzierten Altersversversorgung habe ich in diesem Rechtstipp dargestellt: https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeitgeberfinanzierte-betriebliche-altersvorsorge-oder-rente-zum-nulltarif_182826.html

 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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