Beamtenrecht: Einstellung in den Polizeivollzugsdienst trotz Tätowierung

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Die Entscheidung

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat am 12.09.2018 (Az. 6 A 2272/18) entschieden, dass das Land einen Bewerber für den Polizeivollzugsdienst nicht aufgrund seiner Tätowierung ablehnen durfte. Der Kläger begehrte die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese wurde unter Hinweis auf die Tätowierung in Gestalt eines Löwenkopfes mit einer Größe von 20 cm x 14 cm auf dem linken Unterarm des Bewerbers abgelehnt.

Der Senat stellte fest, dass die Versagung der Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst wegen einer Tätowierung einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedürfe. Rechtsstaats- und Demokratieprinzip verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen.

Zwar könne der Dienstherr die bereits verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich normierte Zugangsschranke der Eignung durch Verwaltungsvorschriften ausgestalten. Einer parlamentsgesetzlichen Grundlage bedürfe es aber immer dann, wenn mit der Bestimmung einer Einstellungsvoraussetzung eignungsfremde Zwecke verfolgt werden, oder wenn eine dem Parlamentsgesetzgeber vorbehaltene Abwägung des Bestenauslesegrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG mit anderen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen geboten sei. Dieser Fall sei hier gegeben. 

Die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten sei in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben. Die bestehende Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Kommunales genüge hierfür nicht. In Betracht käme lediglich die Vorschrift des § 45 LBG NRW, die jedoch schon ihrem Wortlaut nach nicht die Regelung von Tätowierungen betreffe. Sie ermächtige die Landesregierung lediglich zum Erlass von Bestimmungen über die Dienstkleidung, die bei Ausübung des Amtes üblich oder erforderlich sei. Hierunter könnten Tätowierungen als untrennbarer Bestandteil des Körpers nicht subsumiert werden.

Auswirkungen auf die Praxis

Noch vor einigen Jahren durfte die Polizei die Einstellung eines Bewerbers mit großflächigen Unterarmtätowierungen, die nicht von der Sommeruniform bedeckt sind, ablehnen. Das OVG war damals der Auffassung (Beschluss vom 26.09.2014, Az. 6 B 1064/14), dass der Dienstherr berechtigt sei, durch eine Verwaltungsvorschrift Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa zu Tätowierungen, zu machen und hierauf eine Ablehnung der Einstellung zu stützen. Der Senat schließt sich nun entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an. Es sei Sache des Gesetzgebers, Eignungsanforderungen für den Polizeivollzugsdienst festzulegen, die in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG eingreifen. 

Fazit

Tätowierungen, auch in sichtbaren Bereichen wie dem Unterarm, stehen einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ggf. nicht mehr entgegen. Entsprechende Ablehnungen können ggf. erfolgreich angegriffen werden. Um dies zu prüfen, ist eine fachanwaltliche Beratung zu empfehlen.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann. 

Andreas Klinger

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht 


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