Befristeter Arbeitsvertrag: Befristet oder nicht befristet, das ist hier die Frage!

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Das Instrument des befristeten Arbeitsvertrags

I. Einleitung

Das Instrument befristeter Arbeitsvertrag wird immer mehr durch die Arbeitgeber verwendet. Grundlage hierfür ist das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG).

Das TzBfG wurde bereits einigen Arbeitgebern zum Verhängnis, da das Gesetz eine Reihe von Fallstricken enthält und somit detaillierte Rechtsprechungskenntnisse erfordert um nicht selber in die „Entfristungsfalle" zu tappen. Nachfolgend befasst sich der Beitrag mit zwei viel diskutierten Fragen im Rahmen des TzBfG, die vom Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 21.09.2011 beantwortet bzw. bestätigt wurden: http://lexetius.com/2011,6943

II. Sachverhalt

Im dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Kläger absolvierte von 1969 bis 1973 eine Berufsausbildung bei dem beklagten Arbeitgeber. Die Parteien schlossen am 18.02.2008 (also 35 Jahre nach Beendigung der Ausbildung) einen bis zum 31.03.2009 befristeten Arbeitsvertrag. Kurz vor Ablauf der Befristung hat der Arbeitnehmer eine sog. Entfristungsklage beim Arbeitsgericht eingereicht und die Feststellung beantragt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Der Arbeitnehmer hatte die ersten beiden Instanzen verloren und legte Revision beim BAG ein.

Im Wesentlichen hatte das BAG über zwei Probleme zu entscheiden:

1. Problem: Berufsausbildungsverhältnis = Arbeitsverhältnis?

Lange Zeit war höchstrichterlich nicht geklärt, ob ein Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG darstellt, was bei einer Bejahung der Frage zur Folge hätte, dass einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer der beim gleichen Arbeitgeber eine Ausbildung absolviert hat, der Weg versperrt wäre.

Hierzu folgendes Beispiel:

Azubi A hat beim Arbeitgeber B eine Ausbildung absolviert. Aufgrund der guten Leistungen des A möchte B diesen zunächst mit einem befristeten Jahresvertrag einstellen. Ist dies rechtlich möglich?

In § 14 Absatz 2 ist zu einer so genannten sachgrundlosen Befristung folgendes geregelt:

§ 14 Abs. 2 (Auszug)

Satz 1

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Satz 2

Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

In Satz 2 heißt es, dass eine sachgrundlose Befristung nicht möglich ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Würde man nun zu dem Ergebnis kommen, dass ein Ausbildungsverhältnis auch ein Arbeitsverhältnis darstellt, so müsste man in obigem Beispiel zu dem Schluss kommen, B mit A keinen wirksam befristeten Arbeitsvertrag schließen kann.

2. Problem: Wie lange ist „bereits zuvor" im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG

Hier stellt sich die Frage, wie lange muss ein „zuvor Beschäftigungsverhältnis" zurück liegen, um eine sachgrundlose Befristung abschließen zu können oder gilt der Grundsatz, dass eine sachgrundlose Befristung ausgeschlossen ist, wenn zuvor ein Beschäftigungsverhältnis bestanden hat und zwar unabhängig davon, wie viel Jahre diese zurückliegt. Das BAG war im Jahr 2009 noch der Auffassung, dass der Wortlauf des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eindeutig ist und daher bei derartigen Sachverhalten von einem „lebenslangen" Anschlussverbot ausgegangen werden muss.

Hierzu folgendes Beispiel:

Arbeitnehmer A hat beim Arbeitgeber B von 2001 - 2002 gearbeitet. Im Jahr 2012 möchte B den A erneut einstellen, allerdings mit einem sachgrundlos befristeten Vertrag. Ist dies rechtlich möglich?

III. Entscheidung des BAG

Lösung Problem 1:

Das BAG hat in der oben genannten Entscheidung klargestellt, dass ein Berufsausbildungsverhältnis nicht dem Vorbeschäftigungsverbote des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unterfällt. Somit ist ein Berufsausbildungsverhältnis kein Ausbildungsverhältnis im Sinne der genannten Vorschrift.

Begründet wird das Ergebnis mit dem Schutzzweck dieser Vorschrift. Dieser ist es nämlich, bei sachgrundlosen Befristungen sogenannte Kettenverträge zu verhindern. Dieser Zweck soll es nicht erfordern auch Berufsausbildungsverhältnisse in das Vorbeschäftigungsverbot einzubeziehen, da die nur befristete Übernahme in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Berufsausbildung wegen des Ausbildungszwecks der Berufsausbildung keine Gefahr einer „Kettenbefristung" begründet, sondern dazu beitrage, den ehemaligen Auszubildenden zeitweilig in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern und ggf. eine so genannte Beschäftigungsbrücke in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu schaffen. Somit kann die im obigen Beispiel aufgeworfene Frage mit „ja" beantwortet werden.

Lösung Problem 2:

Bzgl. der des 2. Problems hat das BAG bereits in seinem Urteil vom 06.04.2011 entschieden, dass eine Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dann nicht vorliegt, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. Damit hält das BAG nicht mehr an seiner bis alten Rechtsauffassung fest.

Diese Entscheidung hat in der juristischen Literatur heftige Kritik erfahren unter anderem deswegen, weil einige der Auffassung sind (so z.B. Höpfner, NZA 2011, 893), dass das BAG diese Frage gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht hätte vorlegen müssen.

In der Entscheidung vom 21.09.2011 stellt das BAG nochmals klar, dass es einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht bedarf und hält an seiner Rechtsprechung fest.

VI. Fazit

Als Fazit kann festgehalten werden:

1. Nach dem BAG können Arbeitgeber mit ihren ehemaligen Auszubildenden wirksame sachgrundlos befristete Arbeitsverträge im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG abschließen.

2. Nach der derzeitigen Rechtsprechung des BAG können Arbeitgeber mit ehemaligen Arbeitnehmern wirksame sachgrundlos befristete Arbeitsverträge im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG abschließen, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. Allerdings wird man die Rechtsprechung zu Punkt 2 weiter im Auge behalten müssen.

Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel lediglich als Orientierungshilfe dient und in keinem Fall eine Rechtsberatung ersetzt.


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