Betriebskostenabrechnung beim lebenslangen Wohnrecht

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Aus vielen Gründen erwerben Familienmitglieder Wohnungen oder Häuser und räumen den Eltern, Schwiegereltern, Tanten oder anderen Angehörigen ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnrecht an der gesamten oder an einem Teil der Immobilie ein.

Häufig wird vertraglich vereinbart, dass die Betriebskosten zu zahlen sind. Ob hierbei nur die verbrauchsabhängigen Kosten vereinbart werden oder wie der Umlageschlüssel bestimmt wird, soll bei diesem Artikel außer Acht bleiben.

Gegenstand vieler Gerichtsentscheidungen war die Frage, nach welchem Regelwerk die Betriebskosten abgerechnet werden.

In der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2009, Az.: V ZR 36/09, wurde der Stiefmutter ein lebenslanges Wohnrecht an der Souterrain-Wohnung im Einfamilienhaus gewährt. Schuldrechtlich hatten die Parteien die Übernahme der Betriebskosten durch die Wohnrechtberechtigte für die Wohnung vereinbart.

Gegenstand des Rechtsstreits war die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006. Die Beklagte fertigte eine formell nicht ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung, indem die Art des Verteilerschlüssels der einzelnen Kostenpositionen nicht erkennbar war. Aus dieser formell fehlerhaften Abrechnung ergab sich ein Nachzahlungsbetrag der klagenden Wohnungsrechtsinhaberin in Höhe von 1.084,24 €. Diesen Betrag zahlte Sie unter Vorbehalt und forderte diesen klageweise erstattet.

Während des laufenden Rechtsstreits fertigte die Beklagte eine erneute Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Jahresfrist seit Ende der Abrechnungsperiode an, aus der sich nur noch ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 633,94 € ergab.

Nach Anerkennung der Differenz beider Abrechnungen forderte die Klägerin die Rückzahlung der weiteren 633,94 €. Nach einem abweisenden Urteil des Amtsgerichts verfolgte die Klägerin ihre Klageforderung weiter. Nachdem vor dem Landgericht die Berufung erfolglos blieb, entschied der BGH in dem Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin.

Ihr steht ein Anspruch auf Rückzahlung des vollen Nachzahlungsbetrags aus der ersten Betriebskostenabrechnung in Höhe von 1.084,24 € aus § 812 BGB zu.

Die Beklagte habe die Zahlung von insgesamt 1.084,24 € rechtsgrundlos erlangt, indem sie nicht innerhalb der Abrechnungsfrist von § 556 Abs. 3 S. 2 BGB analog eine formell ordnungsgemäße Abrechnung vorgenommen habe.

Insoweit habe sie ihren Anspruch auf die Nachzahlung nach § 556 Abs. 3 S. 3 BGB analog verloren.

Anders als die Instanzengerichte entschied der BGH, dass eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Abrechnung der Betriebskosten im Wohnraummietverhältnis im Fall des lebenslangen Wohnrechts mit schuldrechtlicher Vereinbarung über die Übernahme der Betriebskosten stattfindet.

Aus der Gesetzesbegründung sei nicht ersichtlich, dass man § 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB nicht auf andere Rechtsverhältnisse als reine Wohnraummietverhältnisse anwenden wolle. Der Gesetzgeber habe lediglich ausdrücklich geregelt, dass eine Anwendung für den Fall des Gewerberaummietrechts unterbleiben solle.

Ein Verweis auf § 556 BGB aus § 578 Abs. 2 BGB ist nicht gegeben.

Anders als man annehmen könne, erfolgt die Anwendung der Vorschrift des § 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB analog jedoch nicht auf das Wohnrecht als dingliches Recht an sich, sondern vielmehr auf die schuldvertragliche Vereinbarung der Betriebskosten zwischen den Parteien.

Für diese Vereinbarung gelte dasselbe Bedürfnis an einer Abrechnungssicherheit. Der „Mieter“ oder „Wohnrechtsinhaber“ habe bei der Zahlung von Vorauszahlungen ein Interesse daran, möglichst bald zu erfahren, ob er durch die Vorauszahlungen den geschuldeten Betrag unterschritten, erreicht oder überschritten habe. Nur so könne er sein Nutzungsverhalten entsprechend anpassen.

Zudem sei auch der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei der Gewährung eines lebenslangen Wohnrechts häufig um den familiären Bereich handle. Das Bedürfnis an einer zeitnahen Abrechnung trage zur Aufrechterhaltung des Familienfriedens bei.

Insoweit sei die Situation sowohl tatsächlich, als auch rechtlich mit der des Wohnraummietrechts vergleichbar, sodass man zu einer analogen Anwendung der Vorschrift über die Abrechnung der Betriebskosten aus § 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB gelange.

BGH, Urteil vom 25.09.2009, Az.: V ZR 36/209


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