Bieterverfahren für Unternehmensverkäufe (M&A Auktion)

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1. Exklusivverhandlungen vs. Bieterverfahren

Für Unternehmensverkäufe (M&A-Transaktionen) stehen in der Regel zwei Verfahrensarten zur Verfügung:

  1. klassische Exklusivverhandlungen; oder
  2. ein kontrolliertes Bieterverfahren.

Exklusivverhandlungen sind davon geprägt, dass der Verkäufer Gespräche nur mit einem Kaufinteressenten führt. Exklusivverhandlungen werden typischerweise dann geführt, wenn es einen besonders starken oder nur einen einzigen Kaufinteressenten gibt oder großer Zeitdruck besteht

Exklusivverhandlungen laufen häufig wie folgt ab: Der Kaufinteressent erhält nach Zeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA) Zugang zu den Informationen über die Zielgesellschaft. Die Parteien führen Vorgespräche, die sie in einer Absichtserklärung (Letter of Intent - LoI) festhalten können. Der Kaufinteressent prüft die Zielgesellschaft im Rahmen einer Due Diligence. Die Parteien verhandeln und schließen den Unternehmenskaufvertrag.

Charakteristisch für ein Bieterverfahren ist, dass eine Wettbewerbssituation zwischen mehreren Kaufinteressenten hergestellt wird. Ziel ist es, mehrere Kaufinteressenten zu identifizieren und den Kaufpreis zu maximieren. Bieterverfahren kommen typischerweise dann zum Einsatz, wenn zu erwarten ist, dass es mehrere Kaufinteressenten für das Unternehmen gibt.

Beim Auktionsverfahren handelt es sich nicht um eine öffentliche Versteigerung, sondern um einen privaten Prozess, bei dem gezielt verschiedene Kaufinteressenten angeschrieben werden. Zur Durchführung des Bieterverfahrens wird bei mittelständischen Unternehmensnachfolgen meistens ein M&A-Berater beauftragt. Bei großen Transaktionen wird in der Regel eine Investmentbank eingeschaltet.

2. Vor- und Nachteile

Die Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile von Bieterverfahren:
ExklusivverhandlungenBieterverfahren
VorteileNachteileVorteileNachteile
  • kürzere Verfahrensdauer
  • fehlender Wettbewerb
  • höherer Kaufpreis
  • höhere Kosten
  • niedrigere Kosten
  • Prozessverlängerung bei Scheitern
  • bessere Verkaufsbedingungen
  • längere Prozessdauer und stärkere Arbeitsbelastung
  • höhere Vertraulichkeit
  • geringere Abhängigkeit von Kaufinteressenten
  • geringere Vertraulichkeit
  • Abschreckung von Kaufinteressenten aufgrund Kostenrisiko

3. Ablauf eines Bieterverfahrens

Der Inhalt von Bieterverfahren ist gesetzlich nicht geregelt. Der Verkäufer kann den Prozess vielmehr weitgehend frei gestalten. Im Folgenden wird beispielhaft der Ablauf eines typischen Bieterverfahrens beschrieben:

  1. In der Vorbereitungsphase beauftragt der Verkäufer zunächst die wichtigsten transaktionserfahrenen Berater, insbesondere: Anwalt, Steuerberater und M&A-Berater / Nachfolgeberater.
  2. Der Verkäufer erstellt eine Bewertung des Unternehmens mit Hilfe der Berater, um eine realistische Vorstellung vom Kaufpreis zu erhalten.
  3. Es werden Informationen über das Unternehmen gesammelt und zusammengestellt, einmal in Form eines kurzen anonymen Teasers mit wenigen Schlüsselinformationen sowie in Gestalt eines längeren Informationsmemorandums als eine Art Verkaufsbroschüre. Der Verkäufer kann bereits beginnen, die spätere Due Diligence vorzubereiten. In geeigneten Fällen führt er eine eigene Prüfung durch - sog. Vendor Due Diligence. Für Zwecke der Due Diligence richtet der Verkäufer einen virtuellen Datenraum (Virtual Data Room) ein und beauftragt hierfür einen Datenraumprovider.
  4. Der Verkäufer und die Berater sammeln sämtliche in Frage kommenden Kaufinteressenten in einer Long List und reduzieren diese auf eine Short List von 10 bis 50 Kaufinteressenten. Die Kaufinteressenten auf der Short List werden mit dem anonymisierten Teaser und wenigen Schlüsselinformationen zum Unternehmen angeschrieben.
  5. Bei Rückmeldung auf den Teaser erhalten die Kaufinteressenten eine Vertraulichkeitsvereinbarung.
  6. Nach Unterzeichnung der Vertraulichkeitsvereinbarung wird den Kaufinteressenten das ausführlichere Informationsmemorandum zur Verfügung gestellt.
  7. Zudem erhalten die Kaufinteressenten einen Prozessbrief (Process Letter), der den weiteren Ablauf des Bieterverfahrens beschreibt und regelt. 
  8. Im Prozessbrief werden die Kaufinteressenten zunächst aufgefordert, ein unverbindliches Angebot (Indicative Offer / Non-binding Offer) abzugeben mit einem Kaufpreisvorschlag und dem im Prozessbrief beschriebenen Mindestinhalt wie Transaktionsstruktur (Share Deal / Asset Deal), Finanzierung, strategische Pläne für das Target etc.
  9. Anhand des indikativen Angebots wird ein kleiner Kreis von Bewerbern für die nächste Phase der Unternehmensauktion ausgewählt. Hierbei werden die Kaufinteressenten zur Due Diligence zugelassen und ihnen wird Zugang zum Datenraum gewährt. Je nach Ausgestaltung des Verfahrens und Transaktionsgröße kann die Due Diligence wiederum in zwei Phasen mit Zwischenauswahl unterteilt werden. Hierzu wird den Kaufinteressenten ein weiterer Prozessbrief geschickt.
  10. Nach Abschluss der Due Diligence geben die Kaufinteressenten ein endgültiges oder bindendes Angebot (Final Bid / Binding Offer) ab. Ob dieses tatsächlich rechtsverbindlich ist oder nicht, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Hierbei müssen die Kaufinteressenten auch angeben, unter welchen Voraussetzungen sie bereit sind, die Transaktion abzuschließen und zu vollziehen (Vollzugsbedingungen wie Kartellfreigabe, Gremienzustimmung, Finanzierung, Material Adverse Change etc.).
  11. Gleichzeitig werden die Bieter aufgefordert, den im Regelfall vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Entwurf des Unternehmenskaufvertrags zu prüfen und zu kommentieren. In der Praxis erstellen die Kaufinteressenten hierfür eine markierte Fassung des Vertragsentwurfs - sog. Mark-up.
  12. Auf Grundlage der endgültigen Angebote nebst Kommentierungen des Kaufvertrags wird schließlich der favorisierte Käufer ausgewählt. Neben der Kaufpreishöhe können auch andere Kriterien relevant sein wie die Finanzierungssituation, Vollzugsvoraussetzungen, Bedingungen im Kaufvertrag etc.
  13. Mit dem favorisierten Käufer wird häufig für eine bestimmte Zeit Exklusivität vereinbart, wobei die Mitbewerber ggf. noch keine Absage erhalten, sondern hingehalten werden, falls der Deal mit dem Frontrunner nicht zustande kommt. Es kann aber auch vorkommen, dass bis zum Schluss mehrere Bewerber im Rennen bleiben. Aufgrund des hohen Kostenrisikos für die Bewerber können diese versuchen, sich Kostenersatz im Fall des Unterliegens im Bieterverfahren versprechen zu lassen (Break Fees).
  14. Sind die Verhandlungen erfolgreich, wird schließlich der Unternehmenskaufvertrag abgeschlossen und vollzogen.

4. Beratung und Begleitung

Bieterverfahren haben sowohl für den Verkäufer als auch für Kaufinteressenten spezifische Vor- und Nachteile gegenüber Exklusivverhandlungen, die es im Einzelfall abzuwägen gilt. Zudem gelten für die verschiedenen Verfahrensarten abweichende rechtliche Rahmenbedingungen und es haben sich unterschiedliche Marktstandards herausgebildet, die es zu berücksichtigen gilt.

Wir verfügen über langjährige Erfahrung sowohl mit Bieterverfahren als auch in Exklusivverhandlungen und freuen uns, Sie bei Ihrem Unternehmens(ver)kauf zu unterstützen. Melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie eine Frage haben oder ein Beratungsgespräch wünschen.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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