Bindung an die Schlussformel im Arbeitszeugnis

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses resultiert aus Paragraph 109 der Gewerbeordnung. Das Arbeitszeugnis muss wahrheitsgemäß Auskunft geben, zugleich aber von verständigen Wohlwollen getragen sein. Möchte der Arbeitnehmer ein besseres Zeugnis als „befriedigend“ erhalten, muss er in einem Streitfall darlegen und beweisen, weshalb er eine bessere Leistung erbracht hat. Umgekehrt trägt der Arbeitgeber die Beweislast, wenn das erteilte Arbeitszeugnis schlechter als befriedigend ausfällt.


Ist der Arbeitgeber an vorherige Zeugnisse gebunden?


Es besteht eine Bindungswirkung hinsichtlich erteilter Zwischenzeugnisse. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht ohne Grund, also ohne Hinzutreten neuer Tatsachen, von den dortigen Bewertungen abweichen darf. Dies gilt umso mehr, je jünger das Zwischenzeugnis ist. Wurde bereits ein Endzeugnis erteilt, gilt dies natürlich erst recht.


Inhalt eines Arbeitszeugnisses


Der Gesetzgeber macht nicht viele Vorgaben zum regelmäßigen Inhalt eines Arbeitszeugnisses. Es hat sich allerdings folgende Struktur heraus gebildet, die üblich geworden ist:


  • Überschrift (Arbeitszeugnis bzw. qualifiziertes Arbeitszeugnis)
  • Angaben zum Arbeitnehmer einschließlich Beschäftigungszeitraum
  • Angaben zum Unternehmen
  • Angaben zum Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers
  • Leistungsbewertung
  • Bewertung des Arbeitsverhaltens (Arbeitsweise und Arbeitserfolg)
  • Arbeitsbefähigung (Belastbarkeit), ggf. auch Leistungsbereitschaft
  • Zusammenfassende Leistungsbeurteilung (z.B. „hat die ihr / ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt“ = Notenstufe 1)
  • Sozialverhalten
  • ggf. Grund für das Ausscheiden, vor allem bei guten Zeugnissen um klarzustellen, dass es neutrale Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gab
  • Schlussformel
  • Datum und Unterschrift


Zum Thema Abschlussformeln


Die typischen letzten Sätze eines guten Arbeitszeugnisses drücken Dank für die (sehr) gute Leistung, Bedauern über das Ausscheiden und gute Wünsche für den weiteren Weg aus. Auch wenn dem Zeugnis ohne solche Abschlussfloskeln nach allgemeinem Empfinden etwas fehlt, einen Anspruch auf die Aufnahme solcher Sätze besteht nach ständiger Rechtsprechung nicht.


Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber in einer vorangegangenen Version des Arbeitszeugnisses solche Abschlussformeln verwendet hat. In diesem Fall hat der Arbeitgeber sich daran gebunden, dass diese Sätze Teil des Arbeitszeugnisses sind. Fehlen sie in einer nachfolgenden Version des Zeugnisses, weil der Arbeitgeber nun kein Bedauern und keine guten Wünsche mehr empfindet, hat er Arbeitnehmer gleichwohl aus Treu und Glauben einen Anspruch auf die Wiederaufnahme dieser Sätze ins Arbeitszeugnis (Urteil des LAG Niedersachsen vom 12.07.2022, Az. 10 Sa 1217/21). 


Derzeit wird die Revision des Falles durch die Kanzlei KERNER Rechtsanwälte vor dem Bundesarbeitsgericht vertreten.



Weitere Hinweise zum Thema und zum Urteil können Sie in der Langversion unseres Blogbeitrags unter https://kanzlei-kerner.de/blog/auch-weiterhin-mit-besten-wuenschen-schlussformel-im-arbeitszeugnis/ nachlesen.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Ulrich Kerner

Beiträge zum Thema