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Bundesverfassungsgericht erklärt Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für nichtig

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Der Staat muss das Recht auf selbstbestimmtes Sterben respektieren.
  • Ein Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe ist deshalb verfassungswidrig.

Seit Dezember 2015 war die geschäftsmäßige – also dauernd und wiederholt geleistete – Sterbehilfe eine Straftat. Bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe sah § 217 Strafgesetzbuch dafür vorSterbewillige, Ärzte und Sterbehilfevereine haben dagegen insgesamt sechs Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingelegt – mit Erfolg: § 217 Strafgesetzbuch ist nichtig. 

Recht auf selbstbestimmtes Sterben verletzt 

Sterbewillige sehen sich in ihrem Recht auf selbstbestimmtes Sterben beschränktDer § 217 Strafgesetzbuch verletze insofern ihr AllgemeinePersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz mit Art. 1 Abs. 1 GrundgesetzDas bestätigte das Bundesverfassungsgericht. Selbstbestimmung und Eigenverantwortung gründen auf der Menschenwürde und gehören damit grundlegend zur Verfassungsordnung. 

Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet die Selbsttötung als letzten Ausdruck der Würde. Das Leben zu beenden ist ihm zufolge eine höchstpersönliche Angelegenheit, die der Staat respektieren mussDas Recht, sich selbst zu töten, besteht dabei zu jeder Zeit und ist nicht abhängig von einer bestimmten Lebenssituation wie etwa einer  schweren Krankheit. 

Auch für Dritte muss Hilfe zum Suizid erlaubt sein 

Die Ärzte hielten die Neuregelung für eine unzulässige Beschränkung ihrer Berufsfreiheit. Für Sterbehilfevereine bedeutete die Gesetzesänderung, die unabhängig von einer Gewinnerzielungsabsicht galt, das Aus. Sie bedrohte insbesondere ihre Vereinigungsfreiheit. Auch Dritte verletzt § 217 Strafgesetzbuch in ihren Grundrechten. 

Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben muss auch Dritten die straffreie Suizidhilfe ermöglichen. Eine Freiheitsstrafe, wie sie § 217 Strafgesetzbuch vorsah, verletzt sie in ihrem Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz mit Art. 104 Abs. 1 Grundgesetz. Sterbehilfevereine verletzt eine an § 217 Strafgesetzbuch geknüpfte Geldstrafe in ihrem Recht auf freie Entfaltung aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz. 

Dennoch darf der Gesetzgeber die Suizidhilfe regeln. Nur für den umgekehrten Fall einer gesetzlichen Verpflichtung schloss das Bundesverfassungsgericht dies aus. Eine Regelung muss jedoch die dargestellten Freiheitsrechte respektieren. Beschränkungen hält das Bundesverfassungsgericht für zulässig, um die Ernsthaftigkeit einer Suizidabsicht festzustellen. 

Lesen Sie mehr zum Thema Sterbehilfe: 

Was ist bei der Sterbehilfe erlaubt und was nicht? 
Wie kam es zu § 217 Strafgesetzbuch? 

(BundesverfassungsgerichtUrteil vom 26. Februar 2020, Az.: 2 BvR 2347/15, 2 BvR 651/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 2527/16) 

(GUE) 

Foto(s): ©Shutterstock.com

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