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Bundesverfassungsgericht: Numerus clausus teilweise verfassungswidrig

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

Für viele Abiturienten ist es ein Traum, nach dem Abitur Medizin zu studieren, um später einmal als Arzt tätig zu werden – schließlich haben Ärzte das höchste Ansehen in der Bevölkerung. Heute hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Studiengangbeschränkung durch den Numerus clausus in seiner bisherigen Form teilweise verfassungswidrig ist und in einigen Bereichen nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist.

  • Numerus clausus ist teilweise verfassungswidrig
  • Gesetzgeber hat die Wartezeit nicht angemessen begrenzt
  • Neuregelung der Auswahlkriterien bis 31.12.2019

Bundesverfassungsgericht hält Regelung teilweise für verfassungswidrig

Die Richter haben entschieden, dass die bisherigen gesetzlichen Regelungen für die Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot nach Artikel 12 Abs. 1 S. 1, Artikel 3 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 GG verletzen. Weiterhin verfehlen die Bestimmungen der verschiedenen Bundesländer zum Auswahlverfahren der Hochschulen teilweise die Anforderungen, die sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes ergeben. Aus diesen Gründen muss der Gesetzgeber bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung für die Auswahlkriterien neben der Abiturnote treffen und sicherstellen, dass die Eignungsgespräche an allen Universitäten bundesweit in standardisierter und strukturierter Form stattfinden, um die Chancengleichheit der Studierenden zu wahren.

Bisheriges Vorgehen zur Studienplatzvergabe

Bisher ist der Weg zum Medizinstudium durch den sogenannten Numerus clausus (NC, lateinisch: begrenzte Anzahl) beschränkt. Das bedeutet, dass sich zunächst alle Interessierten bei der Stiftung für Hochschulzulassung um einen Studienplatz für Medizin bewerben müssen.

Von allen Studienplätzen ist eine bestimmte Anzahl den Auslandsstudenten und Härtefällen vorbehalten. Von den übrigen Studienplätzen werden 20 Prozent an diejenigen vergeben, die zur Bestenquote zählen – das sind Abiturienten mit einem Schnitt von 1,0 bis 1,2. Weitere 20 Prozent der Plätze werden nach Wartesemestern vergeben – aktuell sind das 14 bis 15 Semester, also über sieben Jahre. Die restlichen knapp 60 Prozent der Studienplätze können die Hochschulen selbst vergeben. Hierzu orientieren sie sich aber auch an der Abiturnote, führen teilweise Medizinertests durch oder Auswahlgespräche. Auch vorhandene fachliche Qualifikationen, insbesondere eine Ausbildung zur Krankenschwester oder zum Rettungsassistenten, verbessern die Chancen auf einen Studienplatz.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gibt Klägern recht

Geklagt hatten zwei Bewerber mit langer Wartezeit. Die Verwaltungsrichter urteilten, dass die Wartezeit auf einen Studienplatz nicht länger sein darf als die Regelstudienzeit im jeweiligen Studienfach – in Humanmedizin liegt diese bei 12 Semestern. Außerdem muss die Auswahl der Studienplatzempfänger nach sachgerechten Kriterien erfolgen und auch Bewerber mit einer schlechteren Abiturnote müssen die Chance auf Zulassung zu einem Medizinstudium haben. Grundsätzlich sind die Abiturnoten der verschiedenen Bundesländer nicht vergleichbar. Daher wurde außerdem eine sogenannte Länderquote gefordert.

Politik hat Problem erkannt

Problematisch ist, dass trotz steigender Bewerberzahlen und trotz Ärztemangel – vor allem auf dem Land – die Anzahl der Studienplätze an den Universitäten kaum zugenommen hat. Daher hat die Politik beschlossen, die angehenden Mediziner schon während ihres Studiums näher an die Patienten heranzuführen und die Allgemeinmedizin zu stärken. Außerdem sollen die Bundesländer bis zu zehn Prozent der Studienplätze für solche Bewerber reservieren können, die sich verpflichten, nach Abschluss ihres Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten ländlichen Regionen als Landarzt tätig zu sein.

(BVerfG, Urteil v. 19.12.2017, Az.: 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14)

(WEI)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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