Corona: Kündigung bei Testverweigerung?

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Corona hat auch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung „fest im Griff“. So musste sich jüngst das ArbG Hamburg mit der Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers beschäftigen, der nach Verweigerung der vom Arbeitgeber angeordneten Coronatests gekündigt wurde (vgl. ArbG Hamburg Urt. v. 24.11.2021 – 27 Ca 208/21, BeckRS 2021, 37173, beck-online).

Ist die Kündigung nach Weigerung zum Corona-Schnelltest ohne vorherige Abmahnung rechtmäßig gem. § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)? Dies hat das ArbG Hamburg nun in o. g. Urteil verneint und hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Sachverhalt zur Urteil des ArbG Hamburg

Die Parteien stritten um die Rechtmäßigkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung, die die beklagte Arbeitgeberin wegen der Verweigerung des Klägers aussprach, die von ihr vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie (Coronavirus SARS-CoV-2) bereitgestellten Schnelltests durchzuführen (a. a. O.).

Die Beklagte ist Dienstleister im Bereich der Personenbeförderung (a. a. O.). Der Kläger war bei ihr seit dem 2019 als Fahrer in Hamburg beschäftigt (a. a. O.). Nachdem auf Grund der Corona-Pandemie der Fahrbetrieb zwischenzeitlich komplett eingestellt wurde und der Kläger sich in Kurzarbeit befand, war der Fahrbetrieb im Frühjahr 2021 wieder aufgenommen worden (a. a. O.).

Der Kläger war arbeitsvertraglich u. a. verpflichtet, auch die Anweisungen im sog. „FahrerHandbuch“ der Arbeitgeberin „strengstens“ zu befolgen (a. a. O.).

Nach Wiederaufnahme des Fahrbetriebs gab die Beklagte u. a. per Pressemitteilung bekannt, dass ihre Fahrer (neben anderen Infektionsschutzmaßnahmen) regelmäßig auf Coronainfektionen getestet würden (a. a. O.). Außerdem ergänzte sie in Bezug auf das Coronavirus das „Fahrer-Handbuch“ mit der zweimal wöchentlichen Corona-Testpflicht für die Fahrer (a. a. O.).

Die Tests sollten zunächst zu Hause und bei erstmaligem Schichtbeginn nach Wiederaufnahme des Fahrbetriebs unter Aufsicht in der Firma durchgeführt werden (a. a. O.). Nur bei Nachweis vollständiger Corona-Impfung konnte nach den Regelungen der Beklagten auf die Testung verzichtet werden (a. a. O.).

Der Kläger (der nicht über einen Impfnachweis verfügte) lehnte am ersten Tag nach Ende der Kurzarbeit die Corona-Tests in den Räumen der Firma ab (a. a. O.). Darüber hinaus verweigerte er auch die Mitnahme von Corona-Testkits, um sich regelmäßig zu Hause selbst zu testen (a. a. O.).

Nachdem der Kläger nochmals mündlich auf die Verpflichtung zur Durchführung der Corona-Tests hingewiesen wurde und sich noch immer weigerte, wurde er für diesen Tag unbezahlt freigestellt (a. a. O.). Am Folgetag erschien er erneut zur Arbeit und weigerte sich erneut, den von der Beklagten angebotenen Corona-Test durchzuführen sowie die bereitgestellten Testkits zur Testung nach Hause mitzunehmen und wurde nochmals freigestellt (a. a. O.).

Nachdem sich das Geschehen auch am nächsten Tag wiederholte, erteilte die Beklagte dem Kläger Hausverbot und verwies ihn des Firmengeländes (a. a. O.). Unmittelbar danach kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis und stellte den Kläger bis zur Beendigung desselben unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei (a. a. O.).

Urteil des ArbG

Das ArbG hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst wurde (a. a. O.).

Zwar stelle die Weigerung eines Arbeitnehmers, der vom Arbeitgeber angeordneten Corona-Testpflicht nachzukommen, einen schuldhaften Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar (a. a. O.).

Eine Kündigung allein wegen der Weigerung der Durchführung von Corona-Schnelltest sei jedoch ohne vorherige Abmahnung nach Auffassung des ArbG Hamburg unwirksam (a. a. O.).

Rechtliche Einschätzung

Das Urteil des ArbG Hamburg ist nach zwischenzeitlich bundesgesetzlicher Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz  (vgl. § 28b IfSG) durchaus von erheblicher praktischer Relevanz.

Schließlich wird auch nach Inkrafttreten von 3G am Arbeitsplatz gem. § 28b IfSG unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der unmittelbare Ausspruch einer Kündigung nicht ohne Weiteres (und insbesondere ohne Abmahnung mit entsprechender Warnfunktion) haltbar sein.

Soweit nun aus § 28b IfSG resultiert, dass bei fehlendem Impf-, Genesenen- oder Testnachweis - soweit keine Ausnahme eröffnet wäre - bereits der Zutritt zum Arbeitsplatz verwehrt bliebe, stellt sich jedoch die Frage, ob neben einer ausbleibenden Lohnzahlung auch diesbezüglich weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Schließlich betrifft das (dann im Zweifel ohne gesetzliche Impfflicht grds. Personenbedingte) Fernbleiben vom Dienst unmittelbar die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers (nämlich die Pflicht zur Arbeitsleistung).

In jedem Fall ist von Kündigung betroffenen Arbeitnehmern regelmäßig anzuraten, unbedingt rechtzeitig Kündigungsschutzklage beim zuständigen ArbG zu erheben, damit diese nicht wirksam/bestandskräftig wird. Die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage beträgt grds. drei Wochen und beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung (vgl. § 4 KSchG).

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