Darf die Kirche konfessionslose Bewerber ablehnen?

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Der EuGH hat in einer mit Spannung erwarteten Grundsatzentscheidung zum kirchlichen Arbeitsrecht entschieden, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie in Deutschland durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgesetzt, eine Abwägung erfordert zwischen dem in Art. 140 Grundgesetz verankerten Recht auf Selbstbestimmung der Kirchen und dem Recht eines Bewerbers, nicht wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert zu werden. Es geht um den Fall Vera Eggenberger/Ev. Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Rechtssache C-414/16.

Der Vorlage liegt eine Auseinandersetzung vor den Arbeitsgerichten zugrunde. Hier hatte eine abgelehnte Bewerberin auf eine Stellenausschreibung des Diakonischen Werks reagiert, in dem sie Schadensersatzansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat. Sie wollte als konfessionslose Sozialpädagogin als Referentin für die Umsetzung der UN-Anti-Rassismus-Konvention bei der Beklagten (einem kirchlichen Arbeitgeber) tätig werden. 

Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13) gab der Frau zunächst recht, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28.05.2014, 4 Sa 157/14) hat die Sache anders gesehen. Schließlich legte das Bundesarbeitsgericht den Fall mit Beschluss vom 17.03.2016, 8 AZR 501/14 dem EuGH vor, um zu klären, ob die Bevorzugung von Kirchenmitgliedern erlaubt ist. Bisher ist klar gewesen, dass eine Ungleichbehandlung zulässig ist, wenn die Konfession für die Ausübung der Tätigkeit wesentlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war für sog. „verkündungsnahe“ Tätigkeiten die Kirchenzugehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung zulässig. Der Streit ging nur noch um die Frage, wann von einer „Verkündungsnähe“ ausgegangen werden muss. Kann die Reinigungskraft im katholischen Krankenhaus auch konfessionslos sein? Sicherlich ja.

Der EuGH hat nunmehr festgestellt, dass eine mit der Religion zusammenhängende Anforderung nur rechtens ist, wenn diese eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt“. Wann dies der Fall ist, haben nun die deutschen Gerichte im Einzelfall zu entscheiden. 



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