Das neue Entgelttransparenzgesetz – Auswirkungen für Arbeitgeber

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Das neue Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), das am 06.07.2017 in Kraft getreten ist, hat auf die betroffenen Unternehmen folgende bürokratische Auswirkungen:

1. Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigen, sind nunmehr ihren Arbeitnehmern gegenüber auskunftspflichtig, soweit diese schriftlich und unter Benennung der jeweiligen Vergleichstätigkeit Auskunft über das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt und bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile verlangen.

Zwar kann diese Auskunftspflicht auf Arbeitgeberseite dem Betriebsrat übertragen werden. Das muss aber unbedingt der Belegschaft gegenüber im Detail kommuniziert werden.

2. Das EntgTranspG unterscheidet zwischen Arbeitgebern, die tarifgebundenen sind bzw. einen Tarifvertrag freiwillig anwenden, und tariffreien Arbeitgebern.

a) Tarifgebundene bzw. solche Arbeitgeber, die Tarifverträge freiwillig anwenden und dies auch noch schriftlich mit ihren Arbeitnehmern vereinbart haben, sind entsprechend privilegiert: Sie müssen nur auf die tarifvertraglichen Entgeltregelungen hinweisen und wo diese einzusehen sind.

Was so simpel klingt, birgt gleichwohl folgende Fallstricke:

aa) Entscheidend ist die Tarifbindung im konkreten Arbeitsverhältnis.

bb) Werden Tarifverträge nur über eine Bezugnahme angewendet, so muss diese ausdrücklich in dem jeweiligen Arbeitsvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien schriftlich vereinbart worden sein. Es reicht für die Privilegierung im Rahmen des EntgTranspG nicht aus, dass eine Betriebsvereinbarung über die Anwendbarkeit besteht, die regelmäßig arbeitgeberseits erfüllt wird.

Deshalb sollte ab sofort beim Abschluss neuer Arbeitsverträge ausdrücklich eine Bezugnahmeklausel hinsichtlich des jeweiligen Tarifvertrags, der gelten soll, mit aufgenommen werden.

Bei bereits bestehenden Verträgen, die eine solche ausdrückliche Bezugnahmeklausel nicht enthalten, sollte der Arbeitgeber unbedingt versuchen, mit dem jeweiligen Arbeitnehmer einen entsprechenden Zusatzvertrag zu schließen.

cc) Soweit der Arbeitgeber übertarifliche Leistungen gewährt – gleichgültig, ob in Geld oder als Sachwert –, ist er gem. § 11 II EntgTranspG vollständig über die Kriterien und Verfahren der diesbezüglichen Entgeltfindung auskunftspflichtig.

b) Tariffreie Arbeitgeber sind bei Erhalt eines ordnungsgemäßen Auskunftsgesuchs verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten ab Zugang Auskunft über ihr Entgeltsystem zu erteilen.

3. Grundsätzlich ist zu beachten, dass gem. der §§ 3 I, 7 EntgTranspG eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten ist.

Gem. § 4 EntgTranspG erfolgt die Beurteilung einer Benachteiligung grundsätzlich nur dann, wenn es sich um die gleiche oder aber zumindest gleichwertige Tätigkeit handelt.

a) Nach der Definition dieser Vorschrift liegt eine gleiche Arbeit dann vor, wenn weibliche und männliche Arbeitnehmer an verschiedenen oder nacheinander an denselben Arbeitsplätzen eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführen. Bei standardisierten, wiederkehrenden und auf bestimmte Handgriffe beschränkten Tätigkeiten innerhalb automatisierter Prozesse kann ebenfalls eine gleiche Tätigkeit vorliegen.

b) § 4 II EntgTranspG definiert die gleichwertige Arbeit, wenn weibliche und männliche Beschäftigte unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können. Dabei kommt es auf eine Gesamtschau aller Faktoren an: Ausbildungsanforderungen, Fertigkeiten, Qualifikation, Verantwortung, physische bzw. psychische Belastung, erforderliche Vorkenntnisse und Fähigkeiten nach Art, Vielfahrt und Qualität. Je größer die Anforderungen, desto höher ist der Wert der Tätigkeit.

c) Auch wenn die Gewichtung der einzelnen Faktoren nicht klar geregelt ist, so erfolgt die Bestimmung der gleichartigen Tätigkeit gem. § 4 II 3 EntgTranspG ausschließlich nach objektiven Maßstäben. Entscheidend ist dementsprechend nur die konkrete Tätigkeit nebst ihren Anforderungen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Entgeltsystem leistungsbezogene Bestandteile vorsieht. Dann ist sowohl auf die Qualität als auch Quantität der Arbeitsleistung abzustellen.

Jeder Arbeitgeber ist daher gut beraten, wenn er nunmehr zeitnah eine interne Bestandsaufnahme zum betrieblichen Prüfverfahren vornimmt und versucht, anhand objektiver Kriterien Vergleichstätigkeiten festzulegen. Damit ist man gut darauf vorbereitet, individuellen Auskunftsansprüchen zu begegnen, zumal die Antwort innerhalb von 3 Monaten ab Zugang des Auskunftsverlangens erteilt werden muss. Zu Beweiszwecken sollten die jeweiligen objektiven Kriterien festgehalten und bei Neueinstellungen, Beförderungen oder gesonderten Gehaltserhöhungen dokumentiert werden.

4. Verwendet der Arbeitgeber für das Entgelt, das dem Beschäftigten zusteht, ein Entgeltsystem, müssen gem. § 4 IV EntgTranspG in diesem Entgeltsystem als Ganzes und auch die einzelnen Entgeltbestandteile so ausgestaltet sein, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist. Dazu muss es insbesondere

a) die Art der zu verrichtenden Tätigkeit objektiv berücksichtigen,

b) auf für weibliche und männliche Beschäftigte gemeinsamen Kriterien beruhen,

c) die einzelnen Differenzierungskriterien diskriminierungsfrei gewichten sowie

d) insgesamt durchschaubar sein.

Anhand dieser Parameter sollte eine Prüfung des bestehenden Entgeltsystems vorgenommen werden, wobei auf jeden Fall einfache und nachvollziehbare Systeme genutzt werden sollten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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