Der Arbeitgeber kündigt – was nun?

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1. Wann endet überhaupt ein Arbeitsverhältnis?

Arbeitsverhältnisse können nicht „einfach so“ vom einen auf den anderen Tag wegfallen. Allerdings wird in der Praxis sehr häufig über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses gestritten, insbesondere natürlich im Fall der Kündigung, seltener aus anderen Gründen.

Damit ein Arbeitsverhältnis von Arbeitgeberseite beendet werden kann, muss der Arbeitsvertrag entweder

•      gekündigt werden,

•      aufgrund einer vorher vereinbarten Befristung auslaufen,

•      der Arbeitsvertrag aufgrund eines im Gesetz geregelten Anfechtungsgrundes angefochten sein,

•      aufgrund eines absoluten Unwirksamkeitsgrundes von vorneherein unwirksam sein oder

•      aufgrund einer auflösenden Bedingung auslaufen (z. B. wenn die Arbeitsvertragsparteien vereinbart haben, dass das Arbeitsverhältnis endet, wenn ein Rentenantrag gestellt werden kann, z. B. wegen unbefristeter Erwerbsunfähigkeitsrente).

Befristete Arbeitsverträge enden, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Gleiches gilt für die auflösende Bedingung, in beiden Fällen endet das Arbeitsverhältnis automatisch bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses, für den Fall der Befristung ist dies der Ablauf eines kalendermäßig bestimmten Zeitpunktes oder bei einer so genannten Zweckbefristung der Wegfall des vertragsmäßig bestimmten zwecks der Anstellung (z. B. die Beendigung eines Projekts). 

Am häufigsten sind in der Praxis die kalendermäßigen Befristungen. Diese sind nicht immer wirksam. Eine rechtzeitige Überprüfung durch den Anwalt ist fast immer sinnvoll. 

Zur Anfechtung ist der Arbeitgeber berechtigt, wenn z. B. über wesentliche Eigenschaften des Arbeitnehmers getäuscht wurde (zum Beispiel das Vorliegen eines bestimmten Qualifikationsabschlusses oder das Verschweigen von Vorstrafen, die die Eignung zur Ausübung der Tätigkeit betreffen).

2. Nun zur Kündigung – warum wird so viel darüber gestritten?

Ob ein Arbeitsverhältnis noch besteht oder nicht besteht, ist eine überaus wichtige Frage, wenn man bedenkt, dass der Arbeitnehmer mit dem Arbeitsverhältnis meistens seinen gesamten Lebensunterhalt bestreitet, damit er Rechnungen bezahlen, seine Familie ernähren, seine Miete aufwenden kann etc. Für den Arbeitgeber ist selbstverständlich auch von entscheidender Bedeutung, dass möglichst schnell geklärt wird, ob ein Arbeitsverhältnis noch besteht oder nicht. 

Deshalb entscheiden die Arbeitsgerichte auch verhältnismäßig schnell in Bestandsschutzstreitigkeiten, es gilt der sogenannte Beschleunigungsgrundsatz. Aus diesem Grundsatz muss das Arbeitsgericht bei einer Kündigungsschutzklage in der Regel innerhalb von zwei Wochen einen Gütetermin anberaumen. In der Praxis sieht es oft anders aus, weil die Gerichte manchmal nicht so schnell reagieren können, weil zu viele Fälle bearbeitet werden müssen. Hier muss man Verständnis für die Gerichte haben.

3. „Du bist gefeuert“ – was ist dran an dem Satz?

Eine mündliche Kündigung vom Fleck weg – also nach dem Motto, pack Deine Sachen, ich will Dich in meiner Firma nicht mehr sehen – ist, anders als in amerikanischen Filmen oft dargestellt, in Deutschland nicht möglich. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Es genügt also nicht einmal eine SMS oder eine E-Mail-Nachricht, wie es zuweilen noch vorkommt, in der der Arbeitgeber mitteilt, der Arbeitnehmer möge den Schlüssel abgeben, seine Arbeitspapiere bekomme er dann zugeschickt.

4. Wann ist eine Kündigung des Arbeitgebers wirksam?

In vielen Beiträgen wird behauptet, der Arbeitgeber brauche einen Grund für die Kündigung. Leider ist es nicht so einfach: So braucht der Arbeitgeber z. B. in Betrieben, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden, gerade keinen Grund, um eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Ordentliche Kündigung bedeutet: Kündigung unter Einhaltung einer Frist.

Wenn in einem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer (gemeint sind Vollzeitbeschäftigte oder anteilig Teilzeitbeschäftigte nach einem bestimmten Schlüssel) beschäftigt werden, muss die Kündigung einen Grund haben. Der Grund muss nicht in der Kündigung angegeben werden, er muss aber vorliegen. Der Arbeitgeber muss dies darlegen und im Prozess notfalls beweisen. Infrage kommen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe.

Das Vorliegen eines solchen Grundes reicht aber nicht. In Betrieben mit Betriebsrat oder Mitarbeitervertretung muss diese vorher beteiligt werden, viele Mitarbeiter haben auch Sonderkündigungsschutz aufgrund bestimmter Eigenschaften wie Schwangerschaft, Elternzeit, Schwerbehinderung oder der Ausübung von Sonderfunktionen. Die Einzelheiten hierzu sollten mit einem fachlich besonders geschulten Rechtsanwalt besprochen werden.

Außerdem müssen noch andere Spielregeln bei der Kündigung eingehalten werden. So muss die Kündigung auch von der maßgeblichen Person unterschrieben werden. Unterschreibt nur der Fachvorgesetzte die Kündigung, kann die Kündigung unter Umständen wegen fehlender Vollmachtsvorlage zurückgewiesen werden. Dies kann man allerdings nur, wenn man sofort handelt. Deshalb ist es auch so wichtig, dass man nach Erhalt einer Arbeitgeberkündigung möglichst schnell einen Rechtsanwalt aufsucht, um dies prüfen zu können.

5. Was habe ich davon, wenn ein Rechtsanwalt die Kündigung überprüft? Ich will eigentlich nicht mehr einem Arbeitgeber arbeiten

Auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in den Betrieb zurückkehren will, könnte sich eine Überprüfung der Kündigung lohnen. Vielleicht kann in einem Kündigungsschutzprozess erreicht werden, dass der Arbeitgeber noch eine Abfindung bezahlt. Jedenfalls sollte man überlegen, ob man dem Arbeitgeber den Gefallen tun will, eine rechtlich fragwürdige Kündigung einfach zu akzeptieren. Außerdem kann der Rechtsanwalt vielleicht auch andere Punkte mit dem Arbeitgeber regeln, zum Beispiel wie das Arbeitszeugnis aussieht, ein Punkt, der oft unterschätzt wird. Zeugnisse sind für das berufliche Fortkommen wichtig. Außerdem sind möglicherweise noch Überstunden, Urlaub oder Sonderzahlungen offen. Dies wird der Anwalt für sie prüfen.

6. Kosten

Wer eine Berufsrechtsschutzversicherung hat, kann bei einer Kündigung Versicherungsschutz bekommen. Die Versicherung übernimmt, bis auf einen etwaigen Selbstbehalt, die Kosten des eigenen Anwalts und die Gerichtskosten. Die Kosten des Arbeitgeberanwalts muss der Arbeitnehmer nicht tragen. 

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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