Der Widerrufsjoker: Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union v. 26.03.2020 (Az.: C-66/19)

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Das Problem: Sie wollen sich aus Ihrem Darlehensvertrag lösen

Sie haben einen Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen, der für Sie – aus was für Gründen auch immer – heute nicht mehr akzeptabel erscheint. Die Widerrufsfrist, die der Vertrag auf 14 Tage festgelegt hat, ist aber augenscheinlich seit langem abgelaufen. Deswegen haben Sie gedacht, Sie wären in dem Vertrag gefangen. Nach der bisherigen Rechtsprechung war diese Auffassung auch oft berechtigt.

Jetzt gibt es aber durch eine aktuelle Entscheidung des EuGH neue Hoffnung.

Evtl. hat die 14-tägige Widerrufsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen. Dann können Sie unter Umständen auch heute noch viel Geld sparen.

Das Urteil des EuGH

Der Gerichtshof der Europäischen Union stellt sich auf die Seite aller Verbraucher, die es nicht verstehen und/oder nicht für zumutbar halten, dass man sich als Vertragspartner einer Finanzinstitution – mit mehreren unterschiedlichen Gesetzestexten ausgerüstet – durch eine Vielzahl von Paragraphen durchkämpfen muss, um überhaupt die Chance zu haben, festzustellen, wann die Frist zum Widerruf des Vertrages beginnen könnte.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nämlich am 26.03.2020 entschieden, dass es in Verbraucherkreditverträgen für eine korrekte Information über den Beginn der Widerrufsfrist nicht ausreicht, dass

der Vertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist.“ (Kaskadenverweisung)

Zu diesem Schluss kommt der Gerichtshof auf Basis der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge, da diese Richtlinie so auszulegen ist, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen.

Im Fall einer Kaskadenverweisung kann der Verbraucher aber auf der Grundlage des Vertrages weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen, noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, zu laufen begonnen hat.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall wurde für einen Verbraucherdarlehensvertrag, der zwischen einer Sparkasse und einem Verbraucher im Jahr 2012 abgeschlossen wurde, festgestellt, dass der im Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.

Folgen des Urteils

Viele private Kreditverträge, sowohl für Immobilien als auch Kraftfahrzeuge, sind im Sinne dieses Urteils fehlerhaft und können auch heute noch widerrufen werden.

Enthält Ihr Verbraucherdarlehensvertrag z. B. eine Klausel, wonach für den Beginn der Widerrufsfrist auf § 492 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verwiesen wird, der wiederum auf etliche andere Paragrafen verweist, so besteht unter Umständen für Sie auch heute noch die Möglichkeit, diesen Vertrag zu widerrufen.

Gerne prüfe ich unverbindlich und kostenfrei Ihren Vertragstext. Schicken Sie mir Ihren Vertrag, eingescannt per E-Mail und ich melde mich unverzüglich bei Ihnen. Oder rufen Sie mich an.

Mit freundlichen Grüßen 

Burkhard Rega, Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht



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