Die Bauhandwerkersicherheit erstreckt sich ebenfalls auf Nachträge im Bauvertrag!

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  1. Im Falle eines Bauvertrags kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber die Bereitstellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangen, selbst wenn der Auftraggeber Verbraucher ist, sofern kein Verbraucherbauvertrag vorliegt.

  2. Der Anspruch auf Bereitstellung einer Bauhandwerkersicherheit erstreckt sich auch auf strittige Zusatzaufträge und Nachträge, sofern der Auftragnehmer die Auftragsvergabe und die Höhe des Vergütungsanspruchs, einschließlich der Nachträge, schlüssig darlegt.

  3. Die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit wird nicht als treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich angesehen, solange gleichzeitig keine Klage auf Zahlung des Werklohns eingereicht wird. Es liegt im Ermessen des Auftragnehmers, ob er den Werklohn zusammen mit der Sicherheit, getrennt oder überhaupt nicht einklagt.

Entscheidungen:

  • Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 04.02.2022 - 9 U 5469/21 Bau
  • Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.10.2022 - VII ZR 51/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Relevante Gesetzestexte: BGB §§ 242, 650f

Problem/Sachverhalt:

Der Auftragnehmer (AN) fordert vom Auftraggeber (AG) gemäß § 650f BGB eine Bauhandwerkersicherheit. Das Landgericht München I gewährt dem AN einen Anspruch auf die beantragte Sicherheit in Höhe von 46.580,68 Euro und erlässt ein Teilurteil. Der AG legt Berufung gegen dieses Teilurteil ein, da strittige Nachträge zwischen den Parteien bestehen und das Erstgericht angeblich unrechtmäßig die Mängelansprüche des AG bei seiner Entscheidung ignorierte, obwohl der AN diese Mängel gemäß § 138 Abs. 3 ZPO nicht substantiiert bestritten hat.

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht weist die Berufung nach § 522 BGB zurück. Die Regelung des § 650f BGB gilt ausdrücklich auch für Zusatzaufträge, die in Form von Nachträgen vorliegen. Zusatzaufträge beinhalten Vergütungsansprüche, die sich aus nachträglichen Erweiterungen des Auftrags oder einseitigen Leistungsänderungen des Bestellers (§ 650b Abs. 2 BGB) ergeben. Der Anspruch gemäß § 650f BGB erstreckt sich auch auf strittige Forderungen, insbesondere auf strittige Zusatzaufträge und Nachträge, sofern der Unternehmer diesen Anspruch schlüssig darlegt, wie in der Rechtsprechung des BGH (IBR 2014, 345; OLG Naumburg, IBR 2017, 679) festgelegt. Dies ist im Einklang mit dem Wortlaut und dem Zweck der gesetzlichen Regelung zur Bauhandwerkersicherung, die eine schnelle Durchsetzung des Sicherungsanspruchs in gerichtlichen Auseinandersetzungen ermöglichen soll, ohne aufwändige Beweisaufnahmen. Die Anforderungen an den Sachvortrag zur Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650f BGB dürfen nicht übermäßig sein; es genügt, wenn die Auftragsvergabe und die Höhe des Vergütungsanspruchs schlüssig dargelegt werden. Gemäß der Rechtsprechung des BGH (IBR 2021, 443) ist eine schlüssige Darlegung der tatsächlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs erforderlich, aber auch ausreichend, und es ist nicht gestattet, einen Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Vergütungsberechnung im Verfahren zur Bereitstellung der Sicherheit zuzulassen.

Praxishinweis:

Gemäß dem Gesetzgeber muss der Sicherungsanspruch zügig im Klageweg durchsetzbar sein, und daher sollten bei einer Klage keine Beweisaufnahmen zur Höhe des Anspruchs erfolgen, sofern der Sicherungsanspruch schlüssig dargelegt ist. Zur Festlegung der Höhe des Anspruchs kann auf § 287 Abs. 2 ZPO zurückgegriffen werden.

Foto(s): Udo Kuhlmann


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