Die Einziehung von Gesellschaftsanteilen als "durchschlagendes" Mittel im GmbH-Gesellschafterstreit.

  • 2 Minuten Lesezeit

Bei einem eskalierenden Gesellschafterstreit kann als drastische finale Maßnahme der Einzug des Gesellschaftsanteils des Miteigentümers zum Tragen kommen.

Hierfür müssen jedoch zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen vorliegen bzw. geschaffen werden.


1. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einziehung des Gesellschaftsanteils eines GmbH-Gesellschafters

Nach § 34 Abs. 2 GmbHG kann ein Geschäftsanteil nur durch Gesellschafterbeschluss in den von der Satzung geregelten Fällen gegen den Willen eines Gesellschafters eingezogen werden.

Diese Gesetzesformulierung kommt einer "kalten Enteignung" des Mitgesellschafters gleich.

Zwingende Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich eine entsprechende Regelung/Legitimation hierzu im Gesellschaftsvertrag findet.

Fehlt eine gesellschaftsvertragliche Regelung, ist eine "Zwangseinziehung" nicht möglich. Ein gleichwohl gefasster Beschluss wäre nach § 241 Nr. 3 AktG analog nichtig. Sofern möglich, müsste hier die Grundlage über eine Satzungsänderung (noch) geschaffen werden.

Zusätzlich muss für eine Anteilseinziehung die Stammeinlage auf den einzuziehenden Gesellschaftsanteil durch den Gesellschafter erbracht worden sein (§ 19 Abs. 2 GmbHG).


2. Ablauf der Einziehung von Gesellschaftsanteilen

a) Einzahlung der Stammeinlage

Ist die Stammeinlagenverpflichtung auf den einzuziehenden Gesellschafteranteil noch nicht erfüllt, können die übrigen Gesellschafter die Zahlung vornehmen, um die Voraussetzungen für einen Anteilseinzug zu schaffen.

b) Gesellschafterbeschluss

Die Gesellschafterversammlung hat über die Anteilseinziehung im Beschlusswege zu entscheiden.

Der Beschluss wird nach § 46 Nr. 4 GmbHG mit einfacher Mehrheit getroffen (§ 47 GmbHG).

Der betroffene Gesellschafter hat kein Stimmrecht, wenn es sich um eine Einziehung des Gesellschaftsanteils aus "wichtigem Grund" handelt. In allen anderen Fällen dürfte dem Gesellschafter ein Stimmrecht zuzugestehen sein.

Mit förmlicher Mitteilung an den Anteilsberechtigten wird die beschlossene Einziehung wirksam und unwiderruflich.


3. "Kompensation" für den eingezogenen Gesellschaftsanteil

Als Kompensation und "Schadensersatz" für den eingezogenen Gesellschaftsanteil ist dem betroffenen Gesellschafter eine Abfindung in Höhe des vollen Verkehrswerts seines Anteils zu gewähren. 

Im GmbH-Vertrag können hierzu genauere Regelungen und Modifikationen aufgenommen werden.

Zu beachten ist bei der Zahlung einer Abfindung aus dem Vermögen der GmbH, dass die Abfindungszahlung gemäß den § 34 Abs. 3 und § 30 Abs. 1 GmbHG aus ungebundenem Vermögen erfolgt, also dem Vermögen, das über den Betrag der Stammeinlage hinausgeht (Beachtung des Grundsatzes der Kapitalerhaltung). 


4. Korrektur der Gesellschafterliste der GmbH

Nach beschlossener Anteilseinziehung ist die Gesellschafterliste unverzüglich zu korrigieren.

Die neue Gesellschafterliste ist nach der Gesellschafterversammlung an das Handelsregister zu übermitteln. 

Ebenso sind die Änderungen beim Transparenzregister zu melden bzw. zu hinterlegen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen und Streitigkeiten rund um die Gesellschafterstellung zur Verfügung.



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Foto(s): Canva.de - Dr. Holger Traub

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten Handelsrecht & Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Wirtschaftsrecht

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