Die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit

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Grundsätzlich ist das Kündigungsschutzgesetz erst dann anwendbar, wenn eine Probezeit von sechs Monaten verstrichen ist. Wird das Arbeitsverhältnis während dieser Wartezeit gekündigt, so wird in der Regel nur geprüft, ob diese Kündigung die Kündigungsfrist eingehalten hat, eine Prüfung der Kündigungsgründe erfolgt nicht.

Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Kündigung gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstößt. Danach darf niemand wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden.

In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall (Az.: 6 AZR 190/12) hatte der dortige Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum 01.12.2010 als chemisch-technischen Assistenten eingestellt. Beabsichtigt war ein Einsatz in der Medikamentenproduktion im sogenannten Reinraumbereich. Während der betrieblichen Antrittsuntersuchung teilte der Arbeitnehmer dem Betriebsrat mit, dass er HIV-infiziert sei, die Infektion sei symptomlos. Er wies einen Grad der Behinderung von 10 % auf.

Am 04.01.2011 fand daraufhin ein gemeinsames Gespräch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber statt. Es wurde festgestellt, dass ein anderer Einsatz des Arbeitnehmers als im Reinraum nicht möglich sei. Dem Arbeitnehmer wurde daraufhin die Probezeitkündigung ausgehändigt.

Hiergegen setzte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr. Er führte aus, dass ihm allein wegen seiner Behinderung gekündigt worden sei und dass eine derartige Diskriminierung einen Verstoß gegen die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darstelle.

Der Arbeitgeber begründete die ausgesprochene Kündigung mit der bestehenden HIV-Erkrankung des Arbeitnehmers. Diese sei eine ansteckende Krankheit, so dass die Kündigung bereits aus Gründen der Arbeitssicherheit geboten gewesen wäre. Außerdem sei für ihn als Pharmaunternehmen der Einsatz eines an HIV erkrankten Arbeitnehmers in der Medikamentenproduktion ganz erheblich rufschädigend.

Der Arbeitnehmer führte dagegen aus, tatsächlich läge bei seiner Tätigkeit unter keinem Gesichtspunkt die Gefahr vor, dass sich seine Krankheit auf die von ihm herzustellenden Medikamente übertragen könne und zwar auch nicht bei Schnitt- oder Nadelstichverletzungen.

Fazit: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine ordentliche Kündigung innerhalb der Wartezeit – wie im hiesigen Fall – gem. § 134 BGB in Verbindung mit §§ 1, 3 AGG wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz unwirksam ist.

Eine Kündigung eines behinderten Arbeitnehmers wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten ist demnach nur wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht imstande ist, das infolge der Behinderung vorliegende Beschäftigungshindernis durch angemessene Vorkehrungen zu beseitigen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade solchen, aus bloßen diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsabläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen verhindern. Beurteilungsgrundlage für die Rechtfertigungsprüfung ist dabei nicht der ursprüngliche Arbeitsplatz, sondern der mit verhältnismäßigem Aufwand geänderte Arbeitsplatz. Solche Vorkehrungen hatte der Arbeitgeber unstreitig nicht getroffen.

Rechtsanwältin Silke Deisenroth

RAin Silke Deisenroth,

Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Tätigkeitsschwerpunkt Bank- und Kapitalmarktrecht,

Tel. (0351) 80 71 8-80, deisenroth@dresdner-fachanwaelte.de

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