Einstellung in den Beamtendienst und charakterliche Zweifel

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Anspruch auf Einstellung in den Vorbereitungdienst im Beamtenrecht haben alle gleichermaßen, nach Eignung, Befähigung und Leistung. 

Charakterliche Zweifel können der Eignung für den Vorbereitungsdienst entgegenstehen. Fraglich ist, wie lange etwaige Zweifel wirken können, denn möglierweise können lange zurückliegende Verfehlungen auch nicht mehr berücksichtigungsfähig sein. 

Mit seinem neuen Urteil vom 14.03.2022 (4 S 3920/21) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass früheres Fehlverhalten Zweifel an der Eignung für den Polizeivollzugsdienst hervorrufen kann. Dabei dürfen der verstrichene Zeitraum und die charakterliche Entwicklung allerdings nicht außer Acht gelassen werden, sodass der Beurteilungsspielraum eingehalten wird.

Im zugrundeliegenden Fall wandte sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Bewerbung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Der Beklagte begründete die Ablehnung damit, dass er ihn nicht für charakterlich geeignet halte, da er durch den Erwerb einer geringen Menge Marihuana in seiner Jugendzeit gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe.

Das VG verpflichtete den Beklagten, erneut über die Bewerbung zu entscheiden, da seine Einschätzung nicht nach den grundsätzlich geltenden Bewertungsmaßstäben erfolgt sein soll. Darüber hinaus könne ein einziger Verstoß im Jugendalter nicht mit einer darauffolgenden jahrelangen Straflosigkeit aufgewogen werden.

Der Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein.

Der VGH wies die Berufung zurück, da keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des VG ersichtlich seien.

Die Argumente des Beklagten reichen nicht aus, um das Feststellungsbegehren des Klägers anzuzweifeln. Zwar sei die Beurteilung über die charakterliche Eignung eine Wertung des  Dienstherrn und somit aufgrund des Beurteilungsspielraums nur teilweise gerichtlich überprüfbar, doch erstrecke sich die Überprüfung auf die Einhaltung gesetzlicher Grenzen einer Beurteilung und auf Beurteilungsfehler.

Der VGH erachtete die Beurteilung des Beklagten als oberflächlich und schematisch. Der Beklagte habe den Kläger basierend auf einen nicht schwerwiegenden Verstoßes abgelehnt, ohne sein Alter oder seine charakterliche Entwicklung in die Beurteilung miteinzubeziehen. Damit habe er seine Auswahlentscheidung nicht auf  „einer tragfähigen Sachverhaltsermittlung, einer ausreichenden Tatsachengrundlage und einer sorgfältigen Abwägung“ gestützt.

In Ermangelung dessen könnten ernstliche Zweifel an der Beurteilung des Beklagten entstehen, welche der VGH überprüfte.

Das Gericht stellte fest, dass eine Beurteilung auch auf ein einmaliges Delikt für die charakterliche Nichteignung abgestellt werden könne, da „besonders hohe Anforderungen an die Gesetzestreue und  charakterliche Stabilität des Bewerbers“ gestellt werden dürfen.

Jedoch sei keine Form von Schematismus zulässig. Zwar schließen die Einmaligkeit und der seitdem verstrichene Zeitraum Zweifel an der charakterlichen Eignung nicht vollständig aus, doch  müsse die persönliche Entwicklung und der Umgang des Klägers mit seinem Fehlverhalten konkret berücksichtigt werden. Beides dürfe nicht einfach abgewunken werden und eine charakterliche Nichteignung pauschal angeführt werden, weil gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen wurde.

Da keine ausreichende Abwägung der Einzellfallsumstände durchgeführt wurde, habe der Beklagte  seinen zulässigen Beurteilungsspielraum nicht eingehalten. Der Kläger habe sich positiv weiterentwickelt, sodass eine Nichteignung nicht vertretbar sei.

Die Berufung wurde somit nicht zugelassen.



Foto(s): Janus Galka

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