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Erneuter Streit um Handyverbot am Steuer

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Eigentlich gilt für Fahrzeugführer ein Handyverbot am Steuer – schließlich sollen sie sich auf den Straßenverkehr konzentrieren und beide Hände am Lenkrad haben. Das soll das Unfallrisiko verringern und somit für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen. Doch begeht ein Autofahrer auch dann eine Ordnungswidrigkeit, wenn er das Handy lediglich in der Hand hält, aber das Telefonat über eine Freisprechanlage führt?

Telefonat über Freisprechanlage

Die Polizei erwischte einen Autofahrer bei einem Telefonat während der Fahrt. Das Gespräch wurde zwar über eine Freisprechanlage geführt – der Fahrer hielt sein Smartphone jedoch in einer Hand, sodass er nicht beide Hände für das Lenkrad frei hatte. Das werteten die Beamten und später auch das zuständige Amtsgericht als Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von 60 Euro geahndet wurde.

Diesen Betrag wollte der Autofahrer jedoch nicht zahlen. Schließlich habe er längst telefoniert, als er losfuhr. Außerdem habe sein Handy bei Fahrtantritt automatisch eine Bluetooth-Verbindung zu der Freisprechanlage hergestellt, sodass er sein Mobiltelefon eigentlich gar nicht mehr festhalten musste. Er habe lediglich vergessen, es während der Fahrt aus der Hand zu legen.

Autofahrer muss nicht zahlen

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gab dem Autofahrer recht. Er hatte nicht gegen § 23 Ia S. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen und damit auch keine Ordnungswidrigkeit begangen.

Kein Handyverbot bei Freisprechanlage

Nach § 23 Ia S. 1 StVO dürfen Autofahrer ihr Mobiltelefon während der Fahrt nicht benutzen, wenn sie es hierzu in die Hand nehmen müssen. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass man über eine Freisprechanlage sehr wohl telefonieren darf, wenn man mit seinem Fahrzeug unterwegs ist. In diesem Fall müssen Autofahrer ihr Telefon nämlich nicht mehr zwingend in der Hand halten. Somit ist § 23 Ia S. 1 StVO bereits dem Wortlaut nach nicht einschlägig – selbst wenn der Fahrer das Gerät noch in der Hand hält. Voraussetzung ist allerdings, dass zusätzlich nicht noch andere Funktionen des Telefons benutzt werden, die ein „In-die-Hand-nehmen“ des Geräts zwingend erfordern.

Mobiltelefon darf in der Hand gehalten werden

Mit der betreffenden Vorschrift und dem dort genannten Handyverbot wird schließlich nur bezweckt, dass der Fahrzeugführer beide Hände am Lenkrad hält und sich auf den Straßenverkehr – und gerade nicht auf sein Handy – konzentriert. Zu vielen Unfällen kommt es nämlich nur, weil der Autofahrer doppelt beansprucht wird, er also sein Fahrzeug führt, sein Handy ans Ohr hält, dabei telefoniert und am Ende sein Smartphone auch noch als Diktiergerät oder Organizer nutzt. Erst diese „Überlastung“ führt zu Fahr- oder Unsicherheitsfehlern beim Fahrzeuglenker.

Wird das Handy bei der Fahrt aber nur in der Hand gehalten, ist die Gefahr eines Fahrfehlers auch nicht größer, als wenn dabei z. B. die Musikanlage betätigt, etwas gegessen bzw. getrunken oder geraucht wird, was rechtlich zulässig ist.

Vorliegend hat der Autofahrer die Freisprechanlage während der Fahrt benutzt. Das Gericht glaubte ihm, dass er bereits vor Beginn der Fahrt telefoniert und sein Handy sich via Bluetooth mit der Freisprechanlage seines Kfz verbunden hat, als er den Motor startete. Auch gab es keine Hinweise, dass er sein Handy zu anderen Zwecken als der Telefonie benutzen musste. Daher hat er allein mit dem Halten seines Mobiltelefons während der Fahrt noch keine Ordnungswidrigkeit begangen.

Fazit: Früher beging man schon eine Ordnungswidrigkeit, wenn man während der Fahrt sein Mobiltelefon in die Hand nahm. Nunmehr greift das Handyverbot nach § 23 Ia S. 1 StVO nur, wenn der Autofahrer sein Mobilgerät während der Fahrt zum Telefonieren zwingend in die Hand nehmen muss.

(OLG Stuttgart, Beschluss v. 25.04.2016, Az.: 4 Ss 212/16)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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