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Erwerbsschaden trotz Arbeitslosigkeit?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Ein Verkehrsunfall ändert das Leben der Geschädigten oftmals um 180 Grad. Ein zuvor gesunder Mensch muss danach häufig mit den Folgen der Verletzungen kämpfen und mit ständigen Schmerzen leben. Nicht selten kann er seiner bisherigen Arbeit nicht mehr nachgehen – die Angst um die eigene Existenz wird deswegen immer größer. Allerdings stehen die Unfallopfer nicht schutzlos da. So erhalten sie z. B. Verletztengeld oder auch eine Erwerbsminderungsrente. Außerdem muss der Unfallverursacher für sein Handeln „geradestehen“ und dem Geschädigten Schadenersatz leisten. Hierzu gehört auch der Ersatz des sog. Erwerbsschadens, der entsteht, weil der Geschädigte aufgrund des Unfalls seiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann. Doch kann er auch dann Ersatz eines Erwerbsschadens verlangen, wenn er nach dem Unfall arbeitslos wird?

Unfall führt zu Arbeitsplatzverlust

Ein Speditionsleiter wurde in einen Unfall verwickelt und dabei schwer verletzt. Trotz zahlreicher ambulanter und stationärer Behandlungen konnte er nach dem Vorfall unter anderem seinen linken Arm nicht mehr frei bewegen. Ferner litt er unter einem chronischen Schmerzsyndrom, was zusätzlich zu Depressionen und Schlaflosigkeit beim Unfallopfer führte. Da er als Speditionsleiter nicht nur Bürotätigkeiten erledigt, sondern auch Be- und Entladearbeiten sowie Lkw-Fahrten übernommen hatte, konnte er seiner Arbeit aufgrund der Verletzungen nicht mehr nachgehen. Ihm wurde daher betriebsbedingt gekündigt.

Die Versicherung des Unfallverursachers erstattete jedoch nur einen Verdienstausfall in Höhe von 63,40 Euro und zahlte ferner einen pauschalen Betrag von 10.000 Euro zur Abgeltung eines weiteren Verdienstausfalls sowie Schmerzensgeldansprüchen. Der Geschädigte zog daraufhin vor Gericht und verlangte unter anderem Ersatz seines Erwerbsschadens von über 6000 Euro und – unter Anrechnung der bereits erhaltenen 10.000 Euro – Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro. Schließlich hätte er ohne den Unfall noch seinen Arbeitsplatz und seine Tätigkeiten nach wie vor problemlos ausüben können. Nun jedoch sei er arbeitsunfähig; eine neue Anstellung habe er ohnehin nicht in Aussicht.

Erwerbsminderungsrente berechnen – Geschädigter ist erwerbsunfähig

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hielt den Geschädigten für erwerbsunfähig i.S.d. § 843 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Es sprach ihm daher einen Anspruch auf Ersatz seines Erwerbsschadens sowie Schmerzensgeld zu.

Bei dem Unfall hatte der Speditionsleiter diverse Verletzungen davongetragen, die trotz regelmäßiger Behandlung dauerhaft nicht vollständig verheilten. Aus diesem Grund konnte er keine belastbaren körperlichen Arbeiten mehr durchführen. Seine Arbeit als Betriebsleiter umfasste jedoch neben Büroarbeiten auch Lkw-Fahrten sowie das Be- und Entladen der Sattelschlepper, also körperlich anstrengende Tätigkeiten. Aus diesem Grund konnte er in seiner Position nicht mehr weiterbeschäftigt werden.

Im Übrigen hatte er einen Erwerbsschaden erlitten, auch wenn ihm kurz nach dem Unfall betriebsbedingt gekündigt worden ist, er also gar nicht mehr arbeiten musste. Allerdings betonte das Gericht, dass der Unfall ursächlich für die Kündigung war – ohne den Unfall hätte der Betriebsleiter sich die Verletzungen nicht zugezogen und stattdessen die arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeiten auch weiterhin problemlos erledigen können. Nun aber war ihm eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich und zumutbar. Er hätte sogar ohne rechtliche Konsequenzen selbst das Arbeitsverhältnis kündigen können.

Nach Ansicht der Richter konnte das Unfallopfer somit Ersatz eines Erwerbsschadens in Höhe von 5573,68 Euro verlangen. Hiervon wurden bereits erhaltenes Verletztengeld nach den §§ 45 ff. Sozialgesetzbuch Sieben, Arbeitslosengeld und die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung abgezogen.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Die Höhe des Schmerzensgeldes ist unter anderem vom Maß und von der Dauer der Lebensbeeinträchtigung, der Schmerzen, der ärztlichen Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit sowie dem Grad des Verschuldens und der Möglichkeit einer vollständigen Heilung abhängig.

Vorliegend wurde der ehemals gesunde Angestellte durch den Unfall dauerhaft so schwer verletzt, dass er körperliche Arbeiten nicht mehr ausüben kann. Diverse ärztliche Behandlungen konnten diesen Zustand nicht mehr ändern. Darin war eine nachteilige Änderung seiner Lebensumstände zu sehen. Hinzu kamen ein chronisches Schmerzsyndrom, Depressionen und Schlafstörungen und das Wissen, seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Das Gericht hielt einen Schmerzensgeldanspruch von insgesamt 50.000 Euro daher für angemessen. Abzüglich der bereits geleisteten 10.000 Euro musste die gegnerische Versicherung daher noch 40.000 Euro an den Geschädigten zahlen.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.08.2014, Az.: I-1 U 52/12)

(VOI)

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