EuGH stärkt Arbeitgeber bei der Durchführung von Massenentlassungen

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Urteil des EuGH vom 13.07.2023 (C-134/22)


Entlässt ein Unternehmen mehrere Mitarbeitende zur gleichen Zeit, hat das seine Gründe oft in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Von einer Massenentlassung spricht man in diesem Zusammenhang ab einer bestimmten Menge von Arbeitnehmern, denen gekündigt wird. Die Anzahl ist in § 17 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bestimmt. Wer in diesem Sinne Arbeitnehmer ist, können Sie hier in unserem Blogeintrag zu einem Urteil des EuGH zu diesem Thema nachlesen.


Führt der Arbeitgeber - manchmal auch bereits der Insolvenzverwalter - eine Massenentlassung durch, unterliegt er bestimmten Pflichten. Hierzu zählt unter anderem die Übermittlung der Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit. Die Details hierzu und die weiteren Obliegenheiten können Sie hier in unserem Themenblog nachlesen.


Riskant für den Arbeitgeber: Fehler im Massenentlassungsverfahren können sich auf die Wirksamkeit der Kündigung auswirken, die Kündigung wird also bei bestimmten Fehlern für unwirksam erklärt. Das Bundesarbeitsgericht verfährt bei der Beurteilung danach, ob bei der Abarbeitung einzelnen Anzeigepflichten nach § 17 KSchG gegen eine „den Arbeitnehmer individuell schützende Pflicht“ verstoßen wurde. Ist das der Fall, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Wirksam bleibt die Kündigung, wenn die Pflicht nur der  Agentur für Arbeit dienen soll.


Auch der europäische Gerichtshof (EuGH) spricht Urteile zu Massenentlassungsverfahren. Zuletzt mit Urteil vom 13.07.2023 stellte der EuGH fest, dass die unterlassene Zuleitung einer Kopie des an den Betriebsrat gerichteten Schreibens an die Agentur für Arbeit die Wirksamkeit der Kündigungen nicht berührt (EuGH, Urteil vom 13.07.2023, Az. C-134/22). Auch wenn hier eine Spezialfrage beurteilt wurde, verursachte das durch das Bundesarbeitsgericht vorgelegte Verfahren (Beschl. vom 27.01.2022, Az. 6 AZR 155/21 (A)) einigen Wirbel, da der Generalanwalt im Schlussantrag die gesamte Rechtsprechung im deutschen Massenentlassungsrecht in Frage stellte.


Fazit


Auch wenn sich der EuGH zu den grundsätzlichen Erwägungen des Generalanwaltes nicht geäußert hat, ist das Urteil interessant. Denn es zeigt einmal mehr, dass das Bundesarbeitsgericht bereit ist, den EuGH einzubeziehen und dass der EuGH im Verhältnis zu der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine arbeitgeberfreundlichere Haltung einnimmt. So ist davon auszugehen, dass nicht nur der hier vorliegende Sachverhalt als „nicht individualschützend“ und damit ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt wird, sondern künftig auch andere Fehler, die dem Arbeitgeber im Massenentlassungsverfahren unterlaufen können. Weitere Vorlageverfahren des Bundesarbeitsgerichts liegen dem EuGH bereits vor (Beschluss vom 11.05.2023, Az. 6 AZR 157/22 (A)).


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