EuGH zu Fremdwährungsdarlehen: Verjährung von Ansprüchen des Darlehensnehmers erst mit (möglicher) Rechtskenntnis

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Erstattungsansprüche wegen missbräuchlicher Klauseln in Fremdwährungsdarlehen verjähren nach der Rechtsprechung des EuGH (Europäischer Gerichtshof) erst dann, wenn der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von seinen Rechten Kenntnis zu haben (vgl. Urteil des EuGH v. 08.09.2022, Az. C-80/21 u. a.). So erachtet der EuGH Ansprüche des Verbrauchers gegen die Bank auf Rückzahlung erbrachter Raten nach zehn Jahren nicht als verjährt an, wenn der Verbraucher keine Kenntnis von der missbräuchlichen Klausel im Vertrag hatte. Damit stellt der EuGH Verbraucher günstiger, als dies nach allein deutschem Recht der Fall wäre. Hiernach würden Ansprüche unabhängig von der Kenntnis der Rechtslage verjähren (vgl. u. a. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Februar 2022, Az. 5 AZR 368/21).

Effektivitätsgrundsatz und Verjährungsbeginn

Der EuGH hatte über die Rechtsfrage im Zusammenhang mit Darlehensverträgen in Schweizer Franken zu entscheiden. Erweist sich eine Klausel in Fremdwährungsverträgen (in der Regel Umrechnungsklauseln) als unzulässig und damit unwirksam, erweisen sich Verjährungsfristen von drei bis fünf Jahren zwar als grundsätzlich ausreichend, um eine Erstattung von gezahlten Raten gegen die Bank geltend machen zu können. Dem Verbraucher sei es aber in der Regel nicht möglich ist, eine missbräuchliche Klausel im Darlehensvertrag zu erkennen bzw. richtig zu erfassen. Damit ist es dem Verbraucher nicht möglich, seine Rechte sachgerecht geltend zu machen. Dies widerspricht dem Effektivitätsgrundsatz. Dieser erfordert es, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, von seinen Rechten Kenntnis zu nehmen, bevor die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Eine Verjährungsfrist, die die (mögliche) Kenntnisnahme der Rechte unberücksichtigt lässt und vorher abläuft, verstößt laut EuGH gegen den Effektivitätsgrundsatz.

Umsetzung durch deutsche Gerichte offen

Es wird abzuwarten sein, ob und wie deutsche Gerichte im Zusammenhang mit Ansprüchen von Verbrauchern infolge missbräuchlicher Klauseln (bzw. Allgemeinen Geschäftsbedingungen) mit der Rechtsprechung des EuGH umgehen. Grundsätzlich wird man folgern müssen, dass für solche Ansprüche erst dann die Verjährungsfrist beginnt, wenn der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von seinen Rechten Kenntnis zu haben. Dies wird grundsätzlich erst dann zu bejahen sein, wenn ein höherrangiges Gericht die Missbräuchlichkeit der Klausel bejaht und damit die Kenntnisnahme möglich geworden ist. Ob man sogar von einem späteren Beginn der Verjährungsfrist ausgehen können wird (z. B. erst mit rechtlicher Beratung des Verbrauchers), ist im Hinblick auf die deutsche Rechtslage sicherlich mit Unsicherheiten behaftet. Folglich begünstigt das Urteil des EuGH sicherlich die Rechtslage, lädt aber nicht dazu ein, mit der Rechtsverfolgung unnötig zuzuwarten.



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