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Ewiges Widerrufsrecht auch bei Lebens- und Rentenversicherungen?

  • 2 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Bei älteren Immobiliendarlehen besteht noch bis Mitte des Jahres ein Widerrufsrecht wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrungen, d. h. wenn der Darlehensnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. In einem aktuellen Fall musste jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entscheiden, ob auch bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen für Lebens- bzw. Rentenversicherungen ein ähnlicher Fall vorliegt und zu einem ewigen Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers führt.

Widerruf für Rentenversicherung erklärt

Die spätere Klägerin stellte am 09.12.2004 bei der beklagten Versicherung einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung nach dem Policenmodell. Am 14.12.2004 stellte die Versicherung einen Versicherungsschein aus und schickte diesen am selben Tag zusammen mit den Versicherungsbedingungen und den Verbraucherinformationen inklusive Begleitschreiben an die Frau. Nachdem die Versicherung jahrelang lief, erklärte die Frau mit Anwaltsschreiben vom 23.10.2014 den Widerruf ihres Versicherungsvertrags.

Klage zunächst erfolglos

Nachdem die Versicherung den Widerruf nicht akzeptierte, erklärte die Frau mit Schreiben vom 07.11.2014 erneut den Widerruf, hilfsweise die Kündigung des Vertrages. Mit Schreiben vom 16.12.2014 bestätigte die Versicherung die Kündigung, rechnete den Vertrag ab und zahlte an die Frau den Rückkaufswert der Versicherung i. H. v. 12.486,35 Euro aus. Mit Anwaltsschreiben vom 02.01.2015 erklärte die Versicherungsnehmerin erneut den Widerruf wegen der Rückzahlung der Prämienzahlungen und der gezogenen Nutzungen und verlangte zusätzlich 3774,77 Euro. Nachdem die Versicherung den Widerruf nicht akzeptierte, erhob sie Klage beim Landgericht (LG) Mannheim – zunächst ohne Erfolg.

Erfolgreiche Berufung

Schließlich legte die Frau Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ein und bekam – zumindest teilweise – recht.

Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass die Frau den Widerruf fristgerecht erklärt hat, da die Versicherung tatsächlich eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hatte und aus diesem Grund die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden ist.
In der Widerrufsbelehrung selbst wurde nämlich nicht vollständig und richtig auf den Fristbeginn hingewiesen, dies geschah lediglich in den zusätzlich versendeten Verbraucherinformationen.
Die Informationen zum Beginn der Widerrufsfrist und deren Dauer müssen aber in drucktechnisch deutlicher Form in der Widerrufsbelehrung selbst enthalten sein, um dem Versicherten die Möglichkeit einer umfassenden Information zu geben. Ist das wie hier nicht der Fall, war die Belehrung fehlerhaft. Aus diesem Grund wurde die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt und der Widerruf der Frau war auch nach fast 10 Jahren Vertragslaufzeit nicht verfristet.

Allerdings machten die Richter deutlich, dass sich die Frau verschiedene Kosten im Rahmen des bisher bestehenden Vertrages anrechnen lassen muss, beispielsweise die durch die Versicherung abgeführte Kapitalertragssteuer und den Solidaritätszuschlag. Ebenfalls abgezogen werden muss auch der durch die Versicherung zu tragende Risikoanteil des Versicherungsschutzes.

Schließlich verurteilten die Richter die Versicherung dazu, 1282,99 Euro an die Versicherungsnehmerin zu zahlen.

Fazit: Auch im Rahmen von Lebens- und Rentenversicherungen müssen die verwendeten Widerrufsbelehrungen formal und inhaltlich korrekt sein. Ist dies, wie hier, nicht der Fall, hat der Versicherungsnehmer auch noch Jahre nach dem Vertragsschluss ein Widerrufsrecht.

(OLG Karlsruhe, Urteil v. 19.01.2016, Az.: 12 U 116/15)

(WEI)

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