Fahrt von der Freundin zur Arbeit ist nicht versichert
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Bei der Fahrt von seiner Freundin zur Arbeit hatte ein Elektriker einen Verkehrsunfall bei dem er sich schwer an der Wirbelsäule verletzte. Die gesetzliche Unfallversicherung verweigerte aber eine Entschädigung.
Nachdem er bei seiner Freundin übernachtet hatte, machte sich ein Elektriker auf den Weg zur Arbeit. Auf der Landstraße, die noch nicht vom Schnee geräumt war, geriet sein Wagen ins Schleudern und prallte an einen Baum. Der Arbeitnehmer trug schwere Wirbelsäulenverletzungen davon. Die Unfallkasse wollte aber keine Entschädigung leisten, weil es sich ihrer Ansicht nach um keinen versicherten Wegeunfall handelte.
Wegeunfall als Arbeitsunfall
Unfälle, die sich auf dem Arbeitsweg ereignen, sind nur versichert, wenn die Fahrt mit der Tätigkeit im Unternehmen zusammenhängt. In der Regel ist das bei Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und der eigenen Wohnung der Fall. Problematisch war hier, dass der Elektriker von seiner Freundin aus in die Arbeit fahren wollte. Denn eigentlich lebte er noch bei seinen Eltern. Das war für die Unfallkasse Grund genug, die Leistungen abzulehnen. Nach ihrer Ansicht stand hinter der Fahrt nicht das Motiv zur Arbeit zu fahren, sondern ein privater Zweck.
Vergleich der Strecken
Ziel oder Ausgangspunkt eines Wegeunfalls muss nicht zwangsläufig die eigene Wohnung, sondern auch ein anderer Ort sein. Dieser muss aber zumindest gleichbedeutend mit einer eigenen Wohnung sein. Neben den konkreten Umständen spielt aber noch ein weiterer Aspekt eine Rolle: Versichert ist die Fahrt von einem anderen Ort nur, wenn sie in einem vergleichbaren Verhältnis zu dem Arbeitsweg von und zur eigenen Wohnung steht. Die Strecke vom Elternhaus zur Arbeit betrug hier ca. 6,6 Kilometer. Der Weg von der Freundin war jedoch über 55 Kilometer lang, betrug damit also mehr als das 8-fache.
Grenze des Bundessozialgerichts
Schließlich musste das Landessozialgericht (LSG) Mainz den Streit entscheiden, das alle vorgebrachten Umstände des Falls rechtlich bewertete. In einem ähnlichen Fall hatte das Bundessozialgericht klargestellt, dass eine um das 10-fache längere Strecke auf alle Fälle nicht mehr gesetzlich unfallversichert ist. Auf dieses Urteil stützten die Mainzer Richter ihre Entscheidung. Zwar gibt es keine festen Grenzen, aber wenn man der Wertung des Bundessozialgerichts folgt, war nach Ansicht des 4. Senats hier die Fahrt von der Freundin zur Arbeit viel länger als die Strecke vom Elternhaus zur Arbeit. Die Wegstrecke war etwa das 8- fache lang und die 10-fach-Grenze noch nicht erreicht. Trotzdem war sie nach Ansicht des LSG viel zu lang. Außerdem sprachen noch weitere Gründe gegen einen Wegeunfall.
Zusammenhang zur Tätigkeit
Der Elektriker und seine damalige Freundin waren schon in der Vorinstanz befragt worden. Es musste geklärt werden, ob er in der Wohnung der Freundin gelebt hatte oder dort nur zu Besuch war. Er hatte ausgesagt, dass er damals drei- bis viermal pro Woche bei der Freundin übernachtet hätte. Die Ex-Freundin sagte dagegen aus, dass das nur an den Wochenenden so gewesen sei. Die Nachfragen diesbezüglich konnte der Elektriker nicht konkret beantworten. Das sprach eher dafür, dass er tatsächlich noch bei seinen Eltern gelebt und die Freundin nur besucht hatte.
LSG verneint Versicherungsschutz
Dies ließ nach Meinung der Sozialrichter nur einen Schluss zu: Mit der Unfallfahrt hatte der Elektriker private Interessen verfolgt. Er wollte mit seiner Freundin zusammen sein. Weil die Strecke auch noch viel länger als sein üblicher Arbeitsweg war, konnte der Unfall nicht als Arbeitsunfall bewertet werden. Die Unfallkasse musste keine Leistungen für den verunfallten Elektriker erbringen. In Anbetracht der Schwere seiner Verletzungen wird diese Entscheidung für ihn persönlich vermutlich erhebliche finanzielle Konsequenzen haben.
(LSG Mainz, Urteil v. 27.09.2012, Az.: L 4 U 225/10)
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