Festnahme durch Polizei – was soll ich tun? Tipps vom ​Fachanwalt für Strafrecht

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Eine Festnahme durch Kräfte der Polizei kann für viele Menschen mit einem Überraschungseffekt und Schock verbunden sein. Eine Festnahme durch Polizeibeamte bedeutet auch nicht zwangsweise, dass man sich zuvor strafbar gemacht hat.

Jedoch kann ein strafbares Verhalten unter Umständen auch daraus resultieren, dass man sich den Polizeibeamten gegenüber nicht ordnungsgemäß verhält. Es stellt sich daher die Frage nach dem „richtigen“ Verhalten gegenüber den Beamten der Polizei im Falle einer Festnahme.

Wichtigster Tipp bei einer Festnahme: erst einmal ruhig bleiben!

Wann darf mich die Polizei festnehmen? 

Die Kräfte der Polizei können eine Festnahme aus mehreren Gründen vornehmen.

Die zwei wohl relevantesten Gründe bzw. Grundlagen für eine Festnahme ist die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs.2 StPO, wenn der Festgenommene auf frischer Tat von der Polizei erwischt wird, und die Festnahme aufgrund eines Haftbefehls gem. §§ 112 ff. StPO.

Festnahme aufgrund eines Haftbefehls – Festnahme des Beschuldigten im Strafverfahren 

Wenn ein Haftbefehl durch einen Richter erlassen wird, suchen die Beamten der Polizei diese Person und nehmen Sie aufgrund des Haftbefehls fest.

Wann darf ein Haftbefehl erlassen werden? 

Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls sind insbesondere:

  • Ein entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft
  • Der Dringende Tatverdacht, dass der Festzunehmende eine Straftat begangen hat

(wenn also nach dem derzeitigen Stand der staatlichen Ermittlungen die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte bei einer Straftat mitgewirkt hat)

  • Das Vorliegen eines Haftgrundes.

Folgende Haftgründe kennt die Strafprozessordnung: 

  1. Flucht oder
  2. Fluchtverdacht,  
  3. Wiederholungsgefahr sowie
  4. Verdunklungsgefahr. Verdunklungsgefahr liegt vereinfacht ausgedrückt vor, wenn die Gefahr angenommen werden kann, dass der Beschuldigte insbesondere Beweise vereiteln und somit die Durchführung des Strafverfahrens erschweren wird.

Nur in Ausnahmefällen wird ein Haftgrund auch außerhalb der genannten Haftgründe durch die Ermittlungsbehörden angenommen. Dies ist bei besonders schweren Straftaten der Fall. Die betroffenen Taten sind in § 112 Abs. 3 StPO aufgelistet, beispielsweise werden Mord, Totschlag, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern oder besonders schwere Brandstiftung aufgeführt.


Vorläufige Festnahme – auf frischer Tat erwischt 

Eine vorläufige Festnahme nach § 127 StPO kann erfolgen, wenn eine Person „auf frischer Tat“ betroffen ist. Sollte kein Haftbefehl, jedoch dessen Voraussetzungen vorliegen, können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes gem. § 127 Abs. 2 StPO eine vorläufige Festnahme bei Gefahr in Verzug ohne Erlass eines Haftbefehls durch einen Richter vornehmen.

Was muss die Polizei bei einer Festnahme beachten? 

Nicht nur Sie als Privatperson müssen sich ordnungsgemäß Verhalten. Auch die Polizei muss gewisse Dinge bei der Vornahme einer Festnahme beachten.

Bei einer Verhaftung ist zum Beispiel der verhafteten Person gem. § 114a StPO eine Abschrift des Haftbefehls auszuhändigen. Sollte die Person der deutschen Sprache nicht in ausreichendem Maße mächtig sein, so muss auch eine Übersetzung in einer ihm oder ihr verständlichen Sprache mit überreicht werden.

Sollte dies nicht möglich sein, muss der Person dennoch in einer verständlichen Sprache die Gründe der Verhaftung mitgeteilt werden. Dies gilt auch, wenn noch kein Haftbefehl vorliegt. Die Gründe der Verhaftung sind mitzuteilen.

Darüber hinaus müssen die Polizeibeamten die verhaftete Person unverzüglich schriftlich über ihre Rechte belehren.

Ihre wichtigsten Rechte bei einer Festnahme 

So unangenehm eine Festnahme auch ist, vergesse Sie nicht, dass Sie eine Vielzahl an Rechten haben. Nehmen Sie diese wahr!

Welche Rechte Sie haben, ist im Gesetz normiert. Diese sind ein einer Verhaftungssituation auch der Belehrung durch die Beamten zu entnehmen. Lassen Sie sich diese schriftlich vorlegen.

Zu ihren wichtigsten Rechten als Beschuldigter in einem Strafverfahren zählen hier zum Beispiel:

  • Sie haben als Beschuldigter eines Strafverfahrens ein Aussageverweigerungsrecht
  • Sie können auch schon vor der Vernehmung einen Verteidiger befragen
  • Sie können eine Vertrauensperson benachrichtigen
  • Spätestens nach einem Tag nach der Festnahme muss ein Richter über die weitere Haft entscheiden.
  • Sie können als Beschuldigter eine Beweiserhebung zur Entlastung der Vorwürfe beantragen.


Muss ich bei einer Festnahme mit der Polizei reden? Was muss ich den Beamten mitteilen? 

Reden? - Nur begrenzt!

Insbesondere da viele Beschuldigte oftmals nicht von Anfang an wissen, was genau Ihnen vorgeworfen wird, ist es ratsam zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Spontane Äußerungen bei der Festnahme führen gegebenenfalls zur Verhärtung von Annahmen durch die Strafverfolgungsbehörden.

Lassen Sie sich nicht auf eine Plauderei ein. Auch, wenn Sie meinen, dass Ihnen kein Vorwurf gemacht werden kann.

Fragen zu ihrer Person müssen Sie jedoch beantworten und der Polizei eine Identifikation ihrer Person ermöglichen. Dabei sind insbesondere Name, Geburtsort- und Datum, Staatsangehörigkeit zu nennen.

Darf ich bei einer Festnahme jemanden kontaktieren? 

Gem. § 114b Abs. 2 Nr. 6 StPO haben Sie das Recht einen Angehörigen oder eine sonstige Vertrauensperson zu kontaktieren. Das Recht darf nur in Ausnahmefällen verweigert werden, wenn der Zweck der Untersuchung der Polizei dadurch erheblich gefährdet würde. Dies stellt jedoch den absoluten Einzelfall dar.

Sie können Ihre Angehörigen auch bitten, für Sie den Kontakt zu einem Strafverteidiger herzustellen.

Das Recht, einen Verteidiger zu konsultieren, besteht neben dem Recht, einen Angehörigen zu kontaktieren.

Wie sollte ich mich bei einer Festnahme durch die Polizei verhalten? 

Ratsam ist bei einer Festnahme im Strafverfahren ein passives Verhalten. Auf keinen Fall sollten Polizeibeamte beleidigt werden. Auch ist davon abzuraten, sich Festnahmehandlungen zu widersetzen. Hier drohen sonst schlimmstenfalls weitere Strafbarkeiten, wie z.B. wegen Beleidigung, Körperverletzung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Insbesondere sollten Sie die drei folgenden Punkte beachten:

  1. Machen Sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
  2. Lassen Sie sich Ihre Rechte schriftlich vorlegen.
  3. Kontaktieren Sie einen Verteidiger.

Beachten Sie aber, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist.

Darf ich mich gegen eine Festnahme wehren? H3

Von einer Gegenwehr bei einer Festnahme ist grundsätzlich abzuraten. Sollten Sie sich den Festnahmehandlungen der Beamten widersetzen oder ihnen Schaden zufügen, kann unter Umständen ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB oder tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte gem. § 114 StGB gegen Sie eingeleitet werden.


Wie lange darf die Polizei mich nach einer Festnahme festhalten? 


Sollte eine Festnahme stattfinden, so ist die festgenommene Person spätestens am nächsten Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht vorzuführen. Das Gericht entscheidet dann über eine Freilassung oder die Unterbringung in einer Untersuchungshaftanstalt.

Einschränkungen der Anordnung einer Untersuchungshaft sind bei Taten mit Androhung einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen in § 113 StPO vorgesehen.



Als Strafverteidiger kann ich darauf hinwirken, dass die Rechtmäßigkeit der Festnahme zügig durch ein Gericht überprüft wird.

Ich kann entlastende Beweise gegenüber dem Gericht darlegen und entsprechend argumentieren.

Ich kann Ihnen Hilfestellung bezüglich einer Vernehmung geben und Ihnen beratend zur Seite stehen. Insbesondere kann ich durch Akteneinsicht die Vorwürfe gegen Sie prüfen und eine geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.


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