Freiwilliges Wiederholen der Klassenstufe in der Grundschule

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Nicht selten sind Eltern der Auffassung, dass es dem eigenen Kind zugutekommen würde, wenn es die Jahrgangsstufe wiederholt. Die Gründe hierfür sind verschieden und beruhen häufig auf den normierten Gründen des Lern- und Leistungsrückstandes (vgl. § 23 Abs. 2 GsVO) sowie des übermäßigen Unterrichtsausfalls (vgl. § 23 Abs. 4 GsVO)

Kann in der Grundschule eine Jahrgangsstufe wiederholt werden? 

Das Schulgesetz Berlin sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler grundsätzlich in die nachthöhere Jahrgangsstufe aufrücken. Eine Jahrgangsstufenwiederholung soll nur in besonders begründeten Ausnahmefällen erfolgen.

In der Schulanfangsphase (in der Regel die erste und zweite Jahrgangsstufe) ist eine freiwillige Wiederholung nicht möglich. 

Die Schulanfangsphase ist eine pädagogische Einheit, innerhalb derer ein Aufrücken entfällt. Schülerinnen und Schüler, die am Ende der Schulanfangsphase die Lern- und Entwicklungsziele noch nicht erreicht haben, können auf Beschluss der Klassenkonferenz (§ 59 Abs. 4) oder auf Antrag der Erziehungsberechtigten ein zusätzliches Schuljahr in der Schulanfangsphase verbleiben, ohne dass dieses Schuljahr auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht angerechnet wird.

Nach der Schulanfangsphase  ist für Schülerinnen und Schüler eine Wiederholung der besuchten Jahrgangsstufe im Ausnahmefall zulässig, wenn ihre Lernentwicklung und ihr Leistungsstand einen erfolgreichen Besuch der nächsthöheren Jahrgangsstufe trotz individueller Fördermaßnahmen nicht erwarten lassen und durch eine Wiederholung der Jahrgangsstufe eine deutliche Verbesserung der Lernleistung wahrscheinlich ist.

In diesem Fall ordnet die Klassenkonferenz spätestens drei Wochen vor Beginn der Sommerferien die Wiederholung der Jahrgangsstufe an und informiert unverzüglich die Erziehungsberechtigten, vgl. § 23 Abs. 2 GsVO.

Voraussetzung für die Bewilligung einer freiwilligen Wiederholung aufgrund eines Lern- und/oder Leistungsdefizits ist, dass eine negative Zukunftsprognose für die Beschulung in der nächsthöheren Jahrgangsstufe besteht und damit einhergehend eine positive Lernprognose, für den Fall der Wiederholung der Klassenstufe.

Aber wann ist eine negative Prognose für die Beschulung in der nächsthöheren Jahrgangsstufe anzunehmen?

Die Entscheidung hierüber ist stets am konkreten Einzelfall zu treffen und wird von pädagogischen Gründen geprägt sein.

Sofern Ihr Antrag auf freiwilliges Wiederholen (oder Ihr Antrag auf Verbleib in der Schulanfangsphase) negativ beschieden wird, können Sie gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Aufgrund der Dringlichkeit der Entscheidung wird in der Regel auch ein gerichtliches Eilverfahren zu führen sein, damit Ihr Kind zum Beginn des Schuljahres in der "richtigen" Klassenstufe beschult wird.

Das es sich bei dem Tatbestandmerkmal, dass die „Lernentwicklung und der Leistungsstand des Kindes einen erfolgreichen Besuch der nächsthöheren Jahrgangsstufe nicht erwarten lässt“ um eine unbestimmte Rechtsformulierung handelt, die durch die Fachkräfte aufgrund ihrer Fachexpertise inhaltlich ausgestaltet werden kann (Ermessensspielraum), kann im Rahmen eines Widerspruchs- und/oder Antrags auf vorläufigen Rechtschutz lediglich überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind, es fehlerhaft ausgeübt worden ist oder das Ermessen der Lehrkräfte gegebenenfalls dahingehend reduziert war, dass nur die Wiederholung der Klassenstufe als rechtmäßige Entscheidung anzunehmen ist.

Eine weitere Möglichkeit ist der sog. Rücktritt.

Auf Antrag oder mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten kann die Klassenkonferenz einer Schülerin oder einem Schüler insbesondere zum Ausgleich von erheblichen Unterrichtsausfällen die freiwillige Wiederholung einer Jahrgangsstufe oder spätestens am Ende des ersten Schulhalbjahres den Rücktritt in die vorherige Jahrgangsstufe gestatten.

Die Entscheidung ist unter Beachtung des Lern- und Entwicklungsstandes des Kindes zu treffen.

Auch gegen eine solche Entscheidung können Sie Widerspruch einlegen und den Weg zum Verwaltungsgericht beschreiten.

Gerne beraten wir Sie im Vorfeld zur Antragstellung und selbstverständlich auch im Falle eines ablehnenden Bescheids.


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