Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB - die sieben "Todsünden" auf dem Prüfstand
- 3 Minuten Lesezeit

Inhaltsverzeichnis
Die Gefährdung des Straßenverkehrs ist ein zentraler Aspekt des deutschen (Verkehrs)Strafrechts und in § 315c StGB geregelt. Ziel des Gesetzes ist es, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. Wer "grob verkehrswidrig und rücksichtslos" agiert und durch sein Handeln entweder andere Menschen, oder aber fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Geldstrafe, oder aber mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft, wenn initial hierfür entweder eine Alkoholisierung bzw. sonstige körperlichen oder geistigen Mängeln sind (Abs. 1 Nr. 1), oder eine der sogenannten " sieben Todsünden" (Abs. 1 Nr. 2) vorliegt.
Letzteres hört sich wahrhaft biblisch an, was zu der Frage führt: Was sind diese sieben Todsünden überhaupt? Und: Sind sie noch aktuell, oder möglicherweise bereits aus der Zeit gefallen? Genau das wird aktuell diskutiert.
Was sind die "sieben Todsünden"?
Bei dem Verkehrsgerichtstag diese Woche in Goslar stehen die "sieben Todsünden" auf dem Prüfstand, nachdem die Norm seit 1964 nahezu unverändert geblieben ist. Bei dem - in Verbindung mit den oben geschilderten Voraussetzungen - strafbaren Verhalten handelt es sich namentlich um
Vorfahrtsmissachtung
falsches Überholen,
Falschfahren an Fußgängerüberwegen,
zu schnellem Fahren an unübersichtlichen Stellen, Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen
Verlassen der rechten Fahrbahnseite an unübersichtlichen Stellen
Wenden, in falscher Richtung oder Rückwärtsfahren auf Autobahnen oder Schnellstraßen
Nichtaufstellen des Warndreiecks bei einer Panne
Welche Änderungen sollen erfolgen?
Hier wird insbesondere diskutiert, den letztgenannten Punkt zu streichen, da er statistisch nahezu zu keinen Unfällen führe und dementsprechend von diesem Verhalten keine signifikant höhere Gefährdung ausgehe, dem ein mit dem scharfen Schwert des Strafrechts sanktionswerter Unrechtsgehalt zugrunde liege.
Andere Punkte, die bislang nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden und dementsprechend allenfalls zu Punkten in Flensburg, Bußgeldern und zeitlich limitierten Fahrverboten führen können, sollen hingegen nach aufkommenden Meinungen neu in den Katalog aufgenommen werden, nämlich
Nach Studien der Allianz-Versicherung benutzen etwa 2/3 der deutschen Autofahrer ihr Handy am Steuer, die Dunkelziffer wird sogar weitaus höher vermutet. Konkret gab es nach der Statistik 2022 7358 Unfälle mit Verletzten und Getöteten, bei denen der Unfallverursacher durch elektronische Geräte abgelenkt war. Das auch Rasen - mithin auch dichtes Auffahren - tödlich sein kann, bedarf an dieser Stelle wohl keiner weiteren Erörterung.
Einschätzung
Ob eine ausufernde Erweiterung des Katalogs indes die klügste Lösung ist, um diesen beeindruckenden Zahlen zu begegnen, darf zumindest bezweifelt werden, da dies nichts an der tatsächlichen Beweisbarkeit des Sachverhalts ändert, welche einer rechtlichen Bewertung immer vorauszugehen hat. Sprich: Wer rumdaddelt, gibt dies ungerne zu und wird sich oftmals auch kaum überführen lassen. Ein Freispruch wäre in entsprechender Konsequenz oftmals die Folge. Warum also das Gesetz unnötig weiter aufblähen, wenn die Folgen ohnehin absehbar sind?
Vehementes und aggressives Dichtauffahren, welches sich von seinem Unrechtsgehalt nicht mehr von einer bloßen Ordnungswidrigkeit erfassen lässt, ist hingegen bereits durch den Straftatbestand der Nötigung hinreichend erfassbar. Sollte es hierbei zu Verletzungen oder gar Todesfällen kommen, erscheinen wiederum die entsprechend seit jeher geltenden Gesetze für Körperverletzungsdelikte und fahrlässige Tötung nach wie vor ausreichend, sodass keine signifikanten Strafbarkeitslücken ersichtlich sind, welche zu schließen wären.
Die aktuelle Entwicklung und das Ergebnis der derzeit laufenden Diskussionen bleibt abzuwarten - ob die sieben "Todsünden" erweitert, reduziert, oder gar unverändert bleiben, steht noch lange nicht fest und darf mit Spannung erwartet werden.
Sind Sie selbst Beschuldigter in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren? Vertrauen Sie auf meinen Rat und kontaktieren Sie mich bei Problemen gerne. Gerade aufgrund der typischen Gemengelage im Straßenverkehr werden Vorwürfe oftmals auch dann erhoben, wenn sie in der Sache absolut unzutreffend sind, sodass Verfahren in diesem Bereich nicht selten bei fachkundiger Unterstützung mit einer Einstellung geräuschlos und ohne Gerichtsprozess abgeschlossen werden können. In strafrechtlichen Angelegenheiten mit straßenverkehrsrechtlichen Bezug ist in der Regel auch die Rechtsschutzversicherung eintrittspflichtig.

AS-Strafverteidigung
Adrian Schmid
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
info@as-strafverteidigung.de
Artikel teilen: