IDO-Verband unterliegt auch mit Gehörsrüge vor OLG Koblenz – kein Nachweis der Aktivlegitimation

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Wir hatten bereits kürzlich berichtet, dass der IDO-Verband aus Leverkusen im Rahmen einer Kostenbeschwerde zu einer Unterlassungsklage mit Beschluss vom 03.02.2020 – 9 W 356/19 – eine empfindliche Niederlage hinnehmen musste, da es ihm nicht gelang, seine vermeintliche Befugnis, Abmahnungen in der Branche „Schmuck“ auszusprechen, darzulegen. 

Mit seiner hunderte Seiten füllenden Gehörsrüge, mit welcher der IDO-Verband begehrte, die zutreffende Entscheidung des OLG Koblenz abzuändern und unserer Mandantin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist der IDO-Verband jetzt (abermals) kläglich gescheitert, sodass nun feststeht, dass er die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, weil er in der Branche „Schmuck“ nicht hinreichend darlegen konnte, berechtigt zu sein, Abmahnungen auszusprechen.

Rechtsmissbrauch des IDO-Verbandes nicht ausgeschlossen

Denn nach Würdigung des wechselseitigen Vortrages fehlte dem IDO-Verband eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern aus der Branche „Schmuck“. Bereits in seiner Ausgangsentscheidung hatte das OLG Koblenz inzident deswegen festgestellt, dass sich ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des IDO-Verbandes nicht ausschließen ließe. 

Diese Erkenntnis deckt sich im Ergebnis mit den Entscheidungen Landgerichts Heilbronn vom 20.12.2020 – 21 O 38/19 – das ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des IDO-Verbandes annahm (selektives Vorgehen nur gegen Mitglieder) – und des OLG Celle vom 26.03.2020 Az.: 13 U 73 / 19 (fragwürdige Mitgliederstruktur), welches ebenfalls erdrückende Umstände erkannt hatte, die einen grundsätzlichen Rechtsmissbrauch der Abmahnpraxis des IDO-Verbandes begründen dürften.

Das OLG Koblenz führt in seinem Beschluss vom 08.04.2020 zum Aktenzeichen 9 W 356/19 konkret aus:

Unbegründetheit der Gehörsrüge

Das OLG Koblenz erkannte zutreffend, dass die Einwände des IDO-Verbandes nicht greifen und keine Gehörsverletzung vorliegt:

„Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. (…)

Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt eine Verletzung des dem Kläger zustehenden Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vor. Der Senat hat das im hier maßgeblichen Verfahren zur Gerichtsakte gelangte Vorbringen beider Parteien in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und erwogen. Zudem hat er weder Anforderungen an den Sachvortrag des Klägers gestellt noch auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte.

Der Kläger macht mit seiner hier zur Entscheidung stehenden Rüge vergeblich geltend, die Erkenntnis des Senats, er – der Kläger – habe sowohl seine Prozessführungsbefugnis als auch seine Aktivlegitimation schon nicht hinreichend dargetan, sei bereits in rechtlicher Hinsicht nicht zutreffend. 

Mit diesem Einwand ist ein Gehörsverstoß bereits nicht schlüssig dargetan. Folgt das Gericht in der Sache dem Vorbringen einer Partei nicht, so ist dies nämlich für sich genommen keine Frage einer Gehörsrüge, die statt der Korrektur beliebiger Rechtsfehler lediglich der Heilung einer unterbliebenen Gewährung rechtlichen Gehörs dienen soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. August 2010 – 2 BvR 619/10 -, BeckRS 2010, 52526).

Wie bereits erwähnt, garantiert Art. 103 Abs. 1 GG der Partei nicht, dass das Gericht sich mit ihrem Vorbringen in dem Sinn befasst, den sie für richtig erachtet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – I ZB 90/18 -, juris, Rdnr. 2; Beschluss vom 9. Mai 2018 – I ZR 110/16 –, juris, Rdnr. 2; Beschluss vom 12. Januar 2017 – III ZR 140/15 –, juris, Rdnr. 2). 

Der hier in Rede stehende Einwand des Klägers ist vielmehr eine Frage der Anfechtung des beanstandeten Beschlusses, die zulässig nur in demjenigen Umfang ist, wie das Gesetz ein Rechtsmittel vorsieht (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 26. Oktober 2017 – 1 Ws 120/17 -, BeckRS 2017, 134934, Rdnr. 7).

Auch die Behauptung des Klägers, die seitens des Senats zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. Mai 2019 – 6 U 58/18 – sei unter Verstoß gegen seinen – des Klägers – Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs getroffen worden, vermag es nicht, der hier zu entscheidenden Anhörungsrüge zum Erfolg zu verhelfen. Denn mit dem entsprechenden Einwand ist – dies liegt auf der Hand – eine neue eigenständige Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs im hier entschiedenen Beschwerdeverfahren (vgl. insoweit auch BGH, Beschluss vom 21. September 2016 – I ZR 153/15 –, BeckRS 2016, 21383, Rdnr. 4; BeckOK Vorwerk/Wolf-Bacher, ZPO, 35. Edition, Stand: 1. Januar 2020, § 321a, Rdnr. 22, m. w. N.; Musielak/Voit-Musielak, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 321a, Rdnr. 7) nicht dargetan.“

Keine Überraschungsentscheidung

Das OLG Koblenz erkannte auch keine „Überraschungsentscheidung“ mit welcher der IDO-Verband „überrumpelt“ geworden worden sei:

„Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, der beanstandete Beschluss stelle eine gehörsrechtswidrige Überraschungsentscheidung dar, weil der Senat vor seiner Beschwerdeentscheidung zum einen nicht darauf hingewiesen habe, dass er die klägerseits dargelegte Anzahl an Mitgliedern mit 20 für nicht erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erachte, und zum anderen keinen Hinweis darauf erteilt habe, dass er in den Bereichen Mitgliederanzahl und wirtschaftliches Gewicht noch weiteren Vortrag für erforderlich halte. 

Denn zumindest eine gewissenhafte und kundige Partei musste damit rechnen, dass das Vorbringen des Klägers zur Erheblichkeit der Mitgliederzahl im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sowie mit der beanstandeten Entscheidung geschehen seitens des Senats für nicht hinreichend erachtet werden würde.

Insoweit gilt es nämlich zu beachten, dass die Frage der Klagebefugnis/Aktivlegitimation des Klägers nicht nur zentraler Streitpunkt sowohl des erstinstanzlichen als auch des Beschwerdeverfahrens war. 

Die Beklagte hatte zudem schon in erster Instanz mit Schriftsatz vom 7. August 2018 auf die mit der Vorlage (teil-)anonymisierter Mitgliederlisten verbundene Problematik und die insoweit grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 1995 – I ZR 126/93 – (GRUR 1996, 217 f. – Anonymisierte Mitgliederliste) hingewiesen. 

Zudem hatte der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 30. April 1997 – I ZR 30/95 – (GRUR 1997, 934 ff. – 50 % Sonder-AfA) entschieden, dass bei Prüfung der Erheblichkeit im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur diejenigen in eine zur Gerichtsakte gereichte teilanonymisierte Mitgliederliste aufgenommenen Mitglieder Berücksichtigung finden können, hinsichtlich derer der Kläger ihre Identität offengelegt hat (vgl. BGH, a.a.O., 936). 

Hinzu kommt weiter, dass die Beklagte schon mit ihrer Beschwerdeschrift vom 26. Juli 2019 ausdrücklich die Auffassung vertraten hatte, ein Wettbewerbsverband müsse nicht nur schlüssig zu seinen Mitgliedern und deren Tätigkeitsbereichen vortragen, sondern auch zu deren Umsätzen. Dem habe der Kläger nach wie vor nicht Genüge getan. 

Die Beklagte hatte insoweit außerdem gerade auf die später auch seitens des Senats zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. Mai 2019 – 6 U 58/18 – Bezug genommen und deren Gründe auszugsweise wiedergegeben.“

IDO-Verband hätte mit einer abweisenden Entscheidung rechnen müssen

Das Gericht war im Ergebnis der Ansicht, dass die nachlässige Prozessführung des IDO-Verbandes schlussendlich nicht über den Umweg der Gehörsrüge wieder „geheilt werden“ könne, der IDO-Verband vielmehr mit dem Ausgang des Verfahrens hätte rechnen können:

„Jedenfalls in Anbetracht dieser Umstände musste ein gewissenhafter und kundiger Kläger damit rechnen, dass der Senat über die sofortige Beschwerde der Beklagten wie mit seinem Beschluss vom 3. Februar 2020 geschehen entscheiden könnte. 

Er musste dies zum Anlass nehmen, mit der ihm nachgelassenen Beschwerdeerwiderung weiter zu seiner Mitgliederstruktur und insoweit insbesondere zur Marktbedeutung und zum wirtschaftlichen Gewicht der im Streitfall relevanten Mitglieder vorzutragen.“

Ausblick

Ob weitere Gerichte die Aktivlegitimation des IDO-Verbands auch in anderen Branchen verneinen werden, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird für den IDO-Verband das Eis dünn angesichts der kürzlich ergangenen Entscheidungen, die ihm rechtsmissbräuchliches Verhalten attestieren.


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