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Immobilieneigentum verpflichtet – soviel ist „sicher“

  • 2 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion
Im Hausflur herumstehende Hindernisse, lose Dachziegel, Glatteis auf dem Gehweg oder keine Beleuchtung im Keller… Verunglückt jemand aus einem dieser Gründe in Haus oder Wohnung, stellt sich die Frage nach der Schadensersatz- und Schmerzensgeldpflicht des Vermieters, falls dieser keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat.

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Gefahrvermeidung

Die so genannte allgemeine Verkehrssicherungspflicht des Vermieters ergibt sich aus folgendem Rechtsgrundsatz: Wer eine Gefahrenquelle schafft, hat dafür zu sorgen, dass kein anderer dadurch zu Schaden kommt. Diese Pflicht trifft den Vermieter vor allem als vertragliche Nebenpflicht aus dem Mietvertrag. Daneben kann er aus allgemeinem Deliktsrecht der §§ 823 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches haften, die ihn als Grund- und Hauseigentümer in die Pflicht nehmen: Wer Haus, Wohnung oder Grundstück zum Gebrauch zur Verfügung stellt, muss Vorkehrungen treffen, die die Benutzer vor Schaden bewahren.

Die Verkehrssicherungspflicht beginnt bei der Instandhaltung der Wohnung: Die Ausstattung (Bodenbeläge, Wandfarbe, Tapeten usw.) darf z.B. nicht gesundheitsschädlich (z.B. Dioxin, Asbest) sein. Auch von Gebäudeteilen wie Fenstern, Decken, Balkonen oder festen Einrichtungen (Heizung, Sanitäranlagen, Stromversorgung) darf keine Gefahr ausgehen. Anderenfalls muss umgehend renoviert werden, um die Mieter keiner Gefahrensituation auszusetzen. Klassisch ist die Pflicht des Vermieters zum Räumen und Streuen. Als Grundstückseigentümer obliegt ihm grundsätzlich der Winterdienst. Diese Pflicht kann er jedoch wirksam auf den Mieter übertragen - durch Vereinbarung im Mietvertrag oder verbindliche Hausordnung, wobei für Letztere der bloße Aushang im Hausflur nicht ausreicht (LG Karlsruhe, Az.: 2 O 324/06). Der Vermieter muss dann nur noch die Einhaltung des Räum- und Streudienstes überwachen.

Gefahrenbereiche

Räumlich erstreckt sich die Sicherungspflicht des Vermieters auf das gesamte Haus nebst Grundstück und Wohnung, also auch Zugangswege, Hinterhof, Keller und Dachboden. Diese Bereiche muss er so absichern, dass bei ihrer Nutzung andere nicht gefährdet werden. Dies gilt für Mieter, deren Angehörige, Besucher und Passanten, die den Gehweg vor dem Haus benutzen. Kann er die Gefahrensituation nicht gänzlich vermeiden, trifft ihn gegebenenfalls zumindest eine Warnpflicht, beispielsweise wegen einer bestehenden Sturz- oder Dachlawinengefahr.

Grenzen der Haftung

In der Realität lässt sich kaum jeder erdenkliche Unfall absichern, so dass der Vermieter nicht für jede denkbare Gefahr Gegenmaßnahmen treffen muss. Die Rechtsprechung beschränkt die Verkehrssicherungspflicht daher auf solche Vorkehrungen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Vermieter treffen würde, um mögliche Gefahrenquellen zu vermeiden. Auch die Mitverantwortung des Mieters und die wirtschaftliche Zumutbarkeit sind zu berücksichtigen.

So ist laut Bundesgerichtshof (BGH) dem Vermieter nicht zumutbar, bei Wohnungstüren mit Glaseinlagen Sicherheitsglas einzusetzen, weil Kleinkinder in der Wohnung leben und in die Glastüren fallen könnten. Der BGH hielt dem Vermieter zugute, dass die Türen den baurechtlichen Ordnungsvorschriften entsprachen. Für besondere kindgerechte Sicherheitsvorkehrungen, wie Steckdosensicherungen oder Schutzgitter seien vielmehr die Mieter als Eltern verantwortlich (Az.: VI ZR 189/05). In einem anderen Fall machten die Mieter Schmerzensgeldansprüche gegen den Vermieter geltend. Wegen Schimmelbefall der Wohnung erkrankten sie an Asthma. Die Klage wurde vom Kammergericht Berlin jedoch abgewiesen, weil die Mieter trotz Kenntnis des Schimmels über Jahre hinweg die Wohnung weiter nutzten, ohne ihre Rechte zur Schimmelbeseitigung ausreichend geltend zu machen (KG, Az.: 22 W 33/06).

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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