Insolvenz des Bauträgers: Was bei dem Notfall "Pleite des Bauträgers" zu beachten ist.

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1. Einführung

Der Bau eines Hauses oder die Anschaffung einer Eigentumswohnung ist für viele Menschen ein Meilenstein im Leben. Es ist nicht nur eine finanzielle Investition, sondern auch eine emotionale. Man steckt Zeit, Energie und oft auch Herzblut in dieses Projekt. Die Vorfreude auf das neue Zuhause ist für die ganze Familie groß, und die Erwartungen sind hoch. 

Doch was passiert, wenn der Bauträger, mit dem Sie dieses wichtige Lebensprojekt umsetzen wollen, plötzlich insolvent ist bzw. wie es der Volksmund ausdrückt: "Pleite geht"? 

Die Insolvenz eines Bauträgers ist ein komplexes und rechtlich anspruchsvolles Thema, das viele rechtliche und finanzielle Herausforderungen mit sich bringt und faktisch nur von einem Fachanwalt für Insolvenzrecht richtig und rechtswahrend durchdrungen werden kann. 

In diesem Ratgeberartikel soll zumindest auf die tragenden Eckpunkte einer Bauträgerinsolvenz eingegangen werden und erste Handlungsoptionen aufgezeigt werden. 

Vorab ist bereits an dieser Stelle klar zu sagen, dass sofort nach Kenntniserlangung von der Insolvenz des Bauträgers sofort ein Fachanwalt für Insolvenzrecht eingeschaltet werden sollte, da Zeit einer der wichtigsten Aspekte zu Beginn einer eintretenden Bauträgerinsolvenz ist.


2. Was ist eine Insolvenz des Bauträgers?

Der Eintritt eines Insolvenzszenarios bei einem Bauprojekt kann für sämtliche Beteiligte große Probleme aufwerfen.

Eine Insolvenz tritt auf, wenn ein Unternehmen, in diesem Fall der Bauträger, nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Bei einer Insolvenz handelt es sich um die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens, in diesem Fall des Bauträgers.

Im deutschen Recht kommt spätestens ab diesem Zeitpunkt die Insolvenzordnung (InsO) zur Anwendung und "modifiziert" das gesamte Recht auf den Sonderfall einer Insolvenz. Und genau dies macht es für Rechtsanwälte, die ansonsten nicht in diesem Bereich tätig sind, extrem schwierig. Denn die insolvenzrechtlichen Sonderkonstellationen und Mechanismen müssen bekannt und auch sofort zur Sicherung der Rechte beachtet werden.

Für den Bauträger bedeutet ein Insolvenzszenario zumeist die Einstellung der Arbeiten am entsprechenden Bauprojekt und schlimmstenfalls eine Schieflage bzw. eine Insolvenz für die gesamte Bauträger-Gruppe.

Für die Käufer eines Hauses oder einer Wohnung, die sich in der Bauphase befindet oder bereits fertiggestellt ist, kann die Insolvenz des Bauträgers ebenfalls schwerwiegende Folgen haben.

Und nicht zuletzt sind natürlich auch Lieferanten und weitere beteiligte Handwerker betroffen, die Teil des Bauprojekts und der Liefer- und Leistungskette sind.

Um sich als Beteiligter und Betroffener bestmöglich zu schützen, ist es wichtig, unverzüglich einen Experten hinzuzuziehen. Denn häufig muss innerhalb von Stunden entschieden werden, wie rechtlich korrekt zu agieren ist, um die eigene Rechtsposition zu sichern.


3. Was sind die Folgen der Insolvenz des Bauträgers?

Die Insolvenz eines Bauträgers kann schwerwiegende Folgen für alle Beteiligten haben (selbst wenn diese scheinbar hinreichend besichert waren).

So besteht für Käufer immer das Risiko, dass bereits gezahlten Beträge verloren gehen und die geplante Baufinanzierung nicht mehr abgesichert ist. Außerdem kann es zu Verzögerungen bezüglich der Fertigstellung des Objektes, schlimmstenfalles sogar zum Abbruch der gesamten Immobilienarbeiten kommen.

Handwerker und Lieferanten laufen Gefahr, erbrachte Arbeitsleistungen und gelieferte Ware nicht mehr bzw. nur noch anteilig bezahlt zu bekommen.

Denn mit Insolvenzeintritt übernimmt in der Regel der (vorläufige) Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Unternehmen und entscheidet über die weiteren Schritte (und nicht zuletzt auch über die Konditionen und den Fortgang des Bauprojekts an sich).


4. Welche Rechte und Möglichkeiten haben Betroffene und Beteiligte in einer Bauträgerinsolvenz

Um die eigenen Rechte in einem Insolenzfall zu wahren bzw. die Rechtsposition zu sichern, können u. a. folgende Handlungsoptionen angedacht werden:

Anspruch auf Mängelbeseitigung

Gemäß § 634 BGB hat der Auftragnehmer das Recht, Mängel beseitigen zu lassen. Dies bedeutet, dass der Bauträger verpflichtet ist, alle Mängel, die während der Bauphase oder nach der Fertigstellung auftreten, zu beheben. 

Dieses Recht bleibt auch im Falle einer Insolvenz bestehen, allerdings kann die Durchsetzung kompliziert werden. In der Regel wird der Insolvenzverwalter versuchen, die Mängelbeseitigung durchzuführen oder durchführen zu lassen, um den Wert des Projekts zu erhalten. Es ist jedoch möglich, dass dies aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht umgesetzt werden kann.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter entscheiden, welche Verträge er erfüllt und fortführt und welche nicht, vgl. §§ 103 ff. InsO.

Rücktritt vom Vertrag

Unter bestimmten Bedingungen kann der Rücktritt vom Vertrag für den Käufer gemäß § 323 BGB eine Option sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Bauträger seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und beispielsweise den Bau nicht wie vereinbart fertigstellt. Der Rücktritt vom Vertrag ist jedoch mit verschiedenen Risiken verbunden, insbesondere im Hinblick auf bereits geleistete Zahlungen. Daher ist es ratsam, diesen Schritt nur in Absprache mit einem Rechtsanwalt zu gehen. Auf ist der Baufortschritt hier eine nicht unwesentlich zu beachtende Komponente.

Schadensersatzansprüche

In einigen Fällen kann Schadensersatz nach § 280 BGB durch den Käufer verlangt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Bauträger schuldhaft seine Pflichten verletzt hat und Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Der Anspruch auf Schadensersatz kann sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie zum Beispiel entgangenen Gewinn, zusätzliche Kosten für die Mängelbeseitigung oder auch für die Anmietung einer Ersatzunterkunft.

Hier ist jedoch zu beachten, dass dieser Anspruch nach Insolvenzeröffnung eine Insolvenzforderung sein kann, die zur Insolvenztabelle anzumelden ist und auf die nur noch eine geringe Quotenzahlung zu erwarten ist.

Anmeldung der Forderungen im Insolvenzverfahren

Auf jeden Fall sollten mit Eröffnung des Insolenzverfahrens alle Betroffene und Beteiligte der Bauträgerinsolvenz von dem Recht der Anmeldung Ihrer Forderungen zur Tabelle im Insolvenzverfahren Gebrauch machen. Dies erfolgt durch Einreichung eines entsprechenden Antrags beim Insolvenzverwalter. Nur so können die Beteiligten sicherstellen, dass ihre Forderungen im Rahmen der Insolvenzmasse und einer potentiellen Schlussverteilung berücksichtigt werden.

Eigentumsrechte und Grundbucheintrag

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Eigentumsrechte am Grundstück und am Bauwerk. In der Regel wird das Eigentum am Grundstück bereits vor Baubeginn übertragen bzw. zumindest eine "Sicherungsposition" geschaffen, während das Eigentum am Bauwerk erst mit der Fertigstellung und der vollständigen Zahlung übergeht. 

Im Falle einer Insolvenz des Bauträgers kann dies jedoch zu komplizierten rechtlichen Fragestellungen bezüglich dem Eigentum, den Sicherungsrechten etc. führen. 

Vertragliche Sondervereinbarungen

In einigen Fällen können auch vertragliche Sondervereinbarungen getroffen werden, die den Beteiligten zusätzliche Rechte einräumen. Beispielsweise kann vereinbart werden, dass bestimmte Leistungen vom Bauträger erbracht werden müssen, bevor weitere Zahlungen fällig werden. Solche Vereinbarungen können im Falle einer Insolvenz besonders wertvoll sein, da sie Ihnen zusätzliche Sicherheiten bieten (aufgrund der Vorleistung des Bauträgers).

Allerdings ist es schwierig, das konkrete Insolvenzszenario bereits konkret vorab im Vertrag mit den jeweiligen Beteiligten hinreichend zu sichern.

Recht auf Information und Transparenz

Nach deutschem Recht haben Sie auch ein Recht auf Information und Transparenz. Das bedeutet, dass der Bauträger bzw. der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, Sie über alle relevanten Entwicklungen im Insolvenzverfahren zu informieren. Dies umfasst beispielsweise den aktuellen Stand des Verfahrens, eventuelle Verzögerungen und die Aussichten auf eine Fortführung oder Fertigstellung des Bauvorhabens.

Auch bereits im Vorfeld einer Insolvenz sollte auf eine umfassende Kommunikation gedrängt werden, da sich hierdurch bereits erste Warnsignale eruieren lassen.


5. Was es dringend zur Wahrung von Rechten zu beachten gilt!

Was bei einer Bauträgerinsolvenz zur Vermeidung von Rechtsnachteilen auf jeden Fall zu beachten ist:

Fristen beachten

Einer der wichtigsten Aspekte, den Sie beachten sollten, sind die verschiedenen Fristen, die im Rahmen eines Bauprojektes und zusätzlich mit dem Insolvenzfall bestehen/entstehen. Neben den Fristen aus dem Bauvertrag, dem Werkvertragsrecht und/oder der VOB kommen nunmehr auch noch die Fristen der Insolvenzordnung hinzu. Beispielsweise sollte die Frist für die Anmeldung der Forderungen beim Insolvenzverwalter beachtet werden. Versäumen Beteiligte diese Frist, riskieren sie, dass ihre Forderungen nicht berücksichtigt werden. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig über die relevanten Fristen zu informieren und diese strikt einzuhalten.

Beweissicherung

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beweissicherung. Sämtliche relevanten Vorgänge, Kommunikationen und Vereinbarungen sind schriftlich zu dokumentieren. Dies kann im späteren Verlauf des Insolvenzverfahrens oder bei rechtlichen Auseinandersetzungen von entscheidender Bedeutung sein. Fotos, E-Mails, Vertragsunterlagen und andere Dokumente können als Beweismittel dienen.

Selbstverständlich ist auch eine Beweissicherung des Bautenstande fotografisch und/oder über einen Sachverständigen zielführend.

Teilnahme an Gläubigerversammlungen

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens werden in der Regel Gläubigerversammlungen abgehalten. Diese Versammlungen bieten eine wichtige Plattform, um sich über den Stand des Verfahrens zu informieren und Ihre Interessen als Gläubiger zu vertreten. Es ist daher ratsam, an diesen Versammlungen teilzunehmen oder sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

Rechtsanwalt konsultieren

Die Insolvenz eines Bauträgers ist ein komplexes rechtliches Thema, das spezialisiertes Wissen erfordert. Daher ist es dringend empfohlen, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, der auf das Insolvenzrecht spezialisiert ist. Ein Anwalt kann Sie nicht nur über Ihre Rechte und Pflichten informieren, sondern auch bei der Anmeldung Ihrer Forderungen unterstützen und Sie bei eventuellen rechtlichen Auseinandersetzungen sowie der Gläubigerversammlung vertreten.


6. Fazit

Die Wahrung der eigenen Rechte im Falle einer Insolvenz des Bauträgers erfordert von den betroffenen Beteiligten und Parteien eine proaktive und gut informierte Herangehensweise. 

Von der Beachtung von Fristen und der Beweissicherung über die Konsultation eines Rechtsanwalts bis hin zur aktiven Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter und der Geltendmachung eigener Recht gibt es viele Schritte, die beachtet werden müssen, um die eigenen Interessen bestmöglich zu schützen.

Es ist wichtig, in dieser komplexen und oft stressigen Situation den Überblick zu behalten und strategisch vorzugehen. Nur so können die aufgekommenen Risiken minimiert und die besten Chancen für den Erhalt der finanziellen und rechtlichen Interessen gewährt werden.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub


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