Ist das Zeigen des Hitlergrußes strafbar? Entfernen als Beamter wegen Hitlergruß möglich? § 86a StGB

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Der Hitlergruß, bei dem der rechte Arm mit flacher Hand auf Augenhöhe schräg nach oben gehoben wird, war in der Zeit des Nationalsozialismus die übliche Grußform. Er war Ausdruck des nationalsozialistischen Personenkults um Adolf Hitler und meist mit den Worten „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“ verbunden. Heutzutage ist das Zeigen des Hitlergrußes verboten. Im Folgenden wird aufgezeigt, wann mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist und welche sonstigen Folgen ein entsprechendes Handeln noch haben kann.


Ist das Zeigen des Hitlergrußes strafbar?

Das kann nicht pauschal beantwortet werden. Nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich eine Person des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen strafbar, wenn sie im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Abs. 2 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt verwendet. Der Hitlergruß stellt ein solches Kennzeichen dar. Maßgeblich ist demnach, ob er öffentlich gezeigt wird.


Wann gilt der Hitlergruß als öffentlich? Strafe wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

Ein öffentliches Verwenden setzt voraus, dass die Möglichkeit der Wahrnehmung des Hitlergrußes von unbestimmt vielen Personen besteht. Nicht von Bedeutung ist, ob ihn tatsächlich jemand wahrgenommen hat. Unerheblich ist auch, ob die Adressaten der symbolischen Bedeutung zustimmen. Das Zeigen des Hitlergrußes in der Privatwohnung ist daher nicht nach § 86a StGB strafbar. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat auch bei einem Zeigen des Hitlergrußes im Sportunterricht einer Berufsschulklasse kein öffentliches Verwenden angenommen, da die Turnhalle von außen nicht einsehbar sei und es sich bei den Klassenkameraden um einen engen, untereinander verbundenen Personenkreis handle. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Celle die Öffentlichkeit bei einem Zeigen des Hitlergrußes auf einer Geburtstagsfeier von Polizeischülern in einem Aufenthaltsraum der Landespolizeischule bejaht, da Polizeibeamte anwesend waren, welche zu keinem der übrigen Anwesenden in einer persönlichen Beziehung standen. 


Macht man sich wegen Zeigens des Hitlergrußes nur strafbar, wenn man eine politische Aussage tätigen wollte?

Nein. Es bedarf keiner Absicht, eine politische Aussage zu tätigen. Auch derjenige, der mit dem Hitlergruß nur Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregen und provozieren möchte, kann sich nach § 86a StGB strafbar machen.


Zeigen des Hitlergrußes als strafbare Volksverhetzung?

Das Zeigen des Hitlergrußes kann außerdem den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 4 StGB erfüllen. Danach macht sich strafbar, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. Auch hier muss der Hitlergruß also öffentlich oder in einer Versammlung gezeigt werden, um strafbar zu sein. 

Zusätzlich ist jedoch erforderlich, dass der öffentliche Frieden durch den Hitlergruß gestört wurde. Dies ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts erst dann der Fall, wenn die Äußerung ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt ist. Das soll der Fall sein, wenn die Äußerung bei den Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslöst oder Hemmschwellen herabsetzt oder Dritte unmittelbar einschüchtert.


Welche Strafe droht für das Zeigen des Hitlergrußes?

Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sieht nach § 86a StGB einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Gleiches gilt gemäß § 130 Abs. 4 StGB bei der Volksverhetzung durch Zeigen des Hitlergrußes. Die genaue Strafhöhe ist einzelfallabhängig. Maßgeblich sind die konkreten Tatumstände sowie die persönlichen Verhältnisse des Täters. 


Gibt es Ausnahmen von der Strafbarkeit des Hitlergrußes?

Ja. Die Tatbestände der §§ 86a, 130 StGB können zum Beispiel durch die Kunstfreiheit eingeschränkt werden. Wenn der Hitlergruß in künstlerischen Kontexten - zum Beispiel im Theater oder in Filmen - verwendet wird, ist dies nicht strafbar, wenn er in keinem glorifizierenden Zweck gebraucht wird. Allerdings muss der künstlerische Zweck aus dem Kontext heraus deutlich erkennbar sein. Das Zeigen des Hitlergrußes als Privatperson in der Öffentlichkeit ist immer strafbar. Des Weiteren ist die Verwendung des Hitlergrußes in wissenschaftlichen Kontexten zulässig. 


Sind Abwandlungen des Hitlergrußes strafbar? 

Wenn nicht der „klassische“ Hitlergruß, sondern abgewandelte Variationen hiervon gezeigt werden, kann dies ebenfalls strafbar sein. Nach § 86a Abs. 2 S. 2 StGB gilt der Straftatbestand auch für solche Kennzeichen, die den Kennzeichen des § 86a Abs. 1 StGB zum Verwechseln ähnlich sind. Zum Verwechseln ähnlich ist ein Kennzeichen, wenn ein Unbefangener es ohne weiteres für das Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation halten kann. Der Gesetzgeber wollte hiermit vor allem den sogenannten Kühnengruß erfassen, bei dem der rechte Arm gestreckt und Daumen, Zeige- und Mittelfinger abgespreizt sind, die anderen Finger aber angewinkelt bleiben. Eine weitere Abwandlung stellt der sogenannte „schlampige Führergruß“ dar, bei dem der Arm nicht ausgestreckt, sondern nach hinten angewinkelt wird. Auch dieses Verhalten kann nach § 86a StGB strafbar sein. 


Welche Folgen kann das Zeigen des Hitlergrußes für Beamte haben? Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen Zeigen des Hitlergrußes?

Wenn ein Beamter den Hitlergruß zeigt, drohen neben den strafrechtlichen Konsequenzen auch disziplinarrechtliche Folgen. Dies kann eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Zurückstufung, aber auch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sein. Denn Beamte sind nach § 33 Abs. 1 BeamtStG verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für ihre Erhaltung einzutreten. Dies beinhaltet das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise. Diese Folgen können auch dann eintreten, wenn das Zeigen des Hitlergrußes durch den Beamten keinen Straftatbestand erfüllt. Der Verwaltungsgerichtshof München hat in einem Urteil aus dem Jahr 2019 die Entfernung eines Polizeibeamten aus dem Beamtenverhältnis als rechtmäßig erachtet, obwohl dessen Verwendung des Hitlergrußes nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Ausreichend sei, dass mit dem Zeigen des Hitlergrußes die Kundgabe einer politischen Überzeugung verbunden war. 


Kündigung und Schadensersatz wegen Zeigen des Hitlergrußes?

Das Zeigen des Hitlergrußes kann auch zivilrechtliche Folgen haben. So hat das Hamburger Arbeitsgericht klargestellt, dass ein Mitarbeiter, der seinen Kollegen den Hitlergruß zeigt, fristlos gekündigt werden kann. Das Zeigen des Hitlergrußes stellt aus Sicht des Gerichts einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar. Des Weiteren kann es je nach Einzelfall auch zu Schadensersatzforderungen kommen.


Wenn Sie mit dem Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen oder der Volksverhetzung konfrontiert sein sollten, empfiehlt es sich daher, sich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser weiß, worauf bei der rechtlichen Beurteilung eines Falles zu achten ist. Auch im Falle eines gegen sie laufenden Disziplinarverfahrens sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten lassen. Hier sind Anwälte für Verwaltungsrecht die richtigen Ansprechpartner. In unserer Kanzlei arbeiten in solchen Konstellationen unsere Anwälte im Strafrecht und Anwälte im Verwaltungsrecht eng zusammen.

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