Ist es zulässig, private Nachrichten auf Facebook zu posten?

  • 6 Minuten Lesezeit

von RA Norman Buse, Anwalt für Medienrecht und Presserecht

Til Schweiger musste sich kürzlich vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten, weil er eine Nachricht, welche er von einer ihm nicht bekannten Nutzerin erhalten hatte, öffentlich auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte. In diesem einstweiligen Verfügungsverfahren wurde er von der betroffenen Person auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die dortige Antragstellerin hatte an Til Schweiger die Nachricht geschickt, dass er doch Deutschland verlassen wollte, wenn die AfD in den Bundestag einziehen sollte. Sie stellte die Frage, warum er sein Versprechen nicht einlöst. Außerdem äußerte sie, dass sie von seinem Demokratieverständnis und seinem Wortschatz angewidert sei. Til Schweiger antwortete darauf hin: „hey schnuffi...! date!? Nur wir beide?!“. Diesen Nachrichtenverlauf postete er sodann öffentlich auf seinem Facebook-Profil.

Dieser Beitrag soll aus aktuellem Anlass aufzeigen, ob die Veröffentlichung einer privaten Nachricht, welche man im Rahmen eines sozialen Netzwerkes zugeschickt bekommen hatte, zulässig ist.

Welches Recht des Absenders der Nachricht ist betroffen?

Allgemein gilt, dass private Nachrichten bzw. Kommunikation vor einer Veröffentlichung geschützt sind. Wird eine SMS, E-Mail oder Chatnachricht der Öffentlichkeit preisgegeben, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfassers aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen. Im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gibt es mehrere sog. Sphären bzw. Ausprägungsformen, die unterschiedlichen Schutz genießen. Man spricht von der Sozialsphäre, Privatsphäre/ Vertraulichkeitssphäre und Intimsphäre. Durch die Veröffentlichung einer privaten Nachricht ist vorliegend die Vertraulichkeitssphäre sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen.

Die Vertraulichkeitssphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützen als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater Nachrichten nicht an die Öffentlichkeit gelangt (vgl. BGH, NJW 2015, 782 = AfP 2014, 534 mwN).

Sie gewährleisten die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung in der Kommunikation mit anderen und beziehen sich neben gesprochenen und geschriebenen Worten auch auf alle weiteren Kommunikationswege.

Nach einhelliger Auffassung steht einzig dem Betroffenen die Befugnis zu, selbst zu bestimmen, ob eine getätigte Äußerung in ihrem jeweils übermittelten Inhalt nur dem jeweiligen Gesprächspartner, einem eingeschränkten Personenkreis oder uneingeschränkt der Öffentlichkeit übermittelt werden soll. Denn der Einzelne hat ein grundsätzliches Recht darauf, nicht den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein und selbst zu bestimmen, ob er Äußerungen z. B. nur einem Gesprächspartner, einem bestimmten Adressatenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich macht (vgl. etwa BVerfGE 54, 148 = NJW 1980, 2070; BGH, NJW 2015, 782 = AfP 2014, 534; NJW-RR 2007, 619 = GRUR 2007, 350; OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.6.2012 – 5 U 5/12, BeckRS 2013, 20132; OLG Stuttgart, MMR 2011, 280).

Wann kann das Veröffentlichen einer privaten Nachricht zulässig sein?

Jede Streitigkeit im Bereich des Persönlichkeitsrechts ist eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung aller Interessen der Beteiligten. So spielt insbesondere auch die Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG der Person eine Rolle, welche die Nachricht veröffentlicht hat. Auch das Informationsinteresse der Allgemeinheit kann den Persönlichkeitsschutz zurücktreten lassen.

In welchem Umfang der Einzelne berechtigterweise davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein, lässt sich dabei nur unter Berücksichtigung der konkreten Situation und damit unter Einbeziehung des eigenen Verhaltens des Betroffenen beurteilen.

Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann etwa dort entfallen oder zumindest im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden erklärt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (vgl. etwa BVerfG, NJW 2006, 3406 = GRUR 2006, 1051) oder wo er selbst an die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. OLG Köln, Urt. v. 3.2.2015 – 15 U 133/14).

Entscheidung des OLG Hamburg zur Veröffentlichung einer Facebook-Nachricht

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte bereits im Jahr 2013 zu einem ähnlichen Fall bzgl. einer Veröffentlichung einer privaten Facebook-Nachricht eine Entscheidung zu treffen (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2013 – 7 W 5/13).

In der dortigen Entscheidung ging es um eine private Nachricht, welche in einer öffentlichen Facebook-Gruppe gepostet und der Öffentlichkeit ohne Zustimmung durch den Betroffenen offenbart wurde.

Das OLG Hamburg entschied im Gegensatz zum Landgericht Hamburg, dass eine Veröffentlichung unzulässig und eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben ist.

Es wurde auf ein altes Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1954 eingegangen, (vgl. BGHZ 13, 334-341), in dem damals entschieden wurde, dass jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers, woraus folgt, dass ihm grundsätzlich allein die Befugnis zusteht, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Auch hier hat das OLG Hamburg jedoch auf eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall abgestellt. Ausnahmen hat die Rechtsprechung nur dann zugelassen, wenn das öffentliche Informationsinteresse das berechtigte Interesse des Verfassers, mit dem Inhalt seines Schreibens nicht in der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, überwiegt.

Ein Überwiegen des Informationsinteresses wurde etwa dort angenommen, wo ein Brief in amtlicher Funktion geschrieben und an einem Amtsinhaber mit dem Ziel gerichtet worden war, rechtliche Schritte einzuleiten (vgl. BVerfG NJW 1991, 2339 – Chefarztbriefe).

Was gilt für den Fall „Til Schweiger“?

Eine Zustimmung zur Veröffentlichung der Nachricht lag nicht vor, weder ausdrücklich noch durch konkludentes Verhalten. Auch hat sich die Betroffene nicht selbst der Öffentlichkeit preisgegeben.

Es musste daher sorgfältig abgewogen werden, ob das Interesse der betroffenen Facebook-Teilnehmerin an der Geheimhaltung ihrer privaten Nachricht überwiegt oder dem öffentlichen Interesse bzw. der Meinungsfreiheit von Til Schweiger mehr Gewicht beizumessen war.

Dabei ist zunächst auf die Antragstellerin, also die Nachrichtenabsenderin abzustellen. Es ist zu fragen, ob sie in Ihrer Person im konkreten Kontext von zeitgeschichtlichem Interesse ist. Dies ist jedoch abzulehnen, da sie weder ein öffentliches Amt bekleidet noch durch ihre sonstige berufliche Tätigkeit bzw. ihres Verhaltens in besonderem Maße in der Öffentlichkeit steht.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Umstand etwas ändert, dass die Betroffene einer erkennbar öffentlichen Person in einer öffentlich diskutierten politischen Frage (Thema AfD-Einzug in den Bundestag) eine solche Nachricht geschrieben hatte. Es erscheint befremdlich, sich dann auf die „Privatheit“ einer Nachricht zu berufen, wenn ich den Empfänger „privat“ gar nicht kenne und aufgrund seiner Facebook-Aktivitäten weiß, dass er diesen Diskurs öffentlich austrägt.

Andererseits hat die Antragstellerin jedoch gerade zu erkennen gegeben, dass sie mit einer Veröffentlichung nicht einverstanden ist, indem sie nicht etwa einen Beitrag mit dieser Äußerung öffentlich kommentiert hatte, sondern den Weg einer nicht öffentlichen Kontaktaufnahme gewählt hatte.

Etwas anderes könnte vielleicht dann gelten, wenn der Inhalt der Nachricht ein deutlich anderer wäre, etwa beleidigender Art, was sodann einen Straftatbestand darstellen könnte. In diesem Fall dürfte die Schutzwürdigkeit der Betroffenen jedenfalls eingeschränkt sein, wenn der Empfänger im Rahmen eines erkennbar öffentlichen Diskurses den strafbaren Sachverhalt an die Öffentlichkeit trägt.

Im Ergebnis hatte das LG Saarbrücken entschieden, dass die Meinungsfreiheit in diesem konkreten Fall das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegt. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Betroffene die private Nachricht ebenfalls in einem anderen Online-Forum verbreitet hatte und folglich selbst an die Öffentlichkeit getreten ist.

Fazit: Ist die Veröffentlichung einer privaten Facebook-Nachricht zulässig?

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es auf den konkreten Einzelfall ankommt. In ähnlich gelagerten Fällen hatten die Gerichte bisher ein Überwiegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angenommen und die Unterlassungsbegehren bestätigt. Private Kommunikation ist in der Regel der Öffentlichkeit entzogen, soweit nicht ein besonderes öffentliches Interesse gegeben ist oder die Person sich selbst der Öffentlichkeit offenbart hatte. Im Fall „Til Schweiger“ ist die erkennende Kammer des LG Saarbrücken jedoch zur Auffassung gelangt, dass die Meinungsfreiheit überwiegt.

Unsere Kanzlei steht Ihnen im Fall einer Persönlichkeitsrechtsverletzung jederzeit gern zur Verfügung. Treten Sie jetzt mit uns in Kontakt.


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