Kaiserin-Augusta-Hof Grundstücksgesellschaft b.R.: Insolvenzverwalter fordert von Anlegern 400.000 €

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Der Insolvenzverwalter aus Oldenburg hat im Juni 2018 mehrere dutzend Privatanleger angeschrieben und unter Fristsetzung aufgefordert, jeweils einen Betrag von fast 400.000,00 € zu bezahlen. Der Verwalter beruft sich auf die persönliche Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB analog.

Hintergrund: Herr H. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 26.02.2009 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Kaiserin-Augusta-Hof Grundstücksgesellschaft b.R. bestellt. Nunmehr – fast ein Jahrzehnt später – droht er den Gesellschaftern weiteres Ungemach an. Konkret wird die persönliche Gesellschafterhaftung geltend gemacht, und zwar unter anderem mit Blick auf offene Anwaltsgebühren (rund 300.000 € und 77.000 €). Diese Forderungen – gerichtet gegen die insolvente Grundstücksgesellschaft – hatte ein Advokat erfolgreich zur Insolvenztabelle angemeldet.

Der Insolvenzverwalter ist der Meinung, dass die Privatanleger diesbezüglich persönlich und in voller Höhe zivilrechtlich einstehen müssten; Haftungsbeschränkungen seien nicht festzustellen. Er hat deshalb eine ganze Reihe von (vornehmlich älteren) Anlegern angeschrieben und damit für große Verunsicherung und Aufregung gesorgt:

Problematisch ist nicht nur, dass die meisten Adressaten dieser Zahlungsaufforderung gar nicht in der Lage sind, innerhalb einer kurzen Frist einen Betrag von mehreren hunderttausend Euro aufzubringen. Heikel ist auch die Erkenntnis, dass der gesamte Familienverbund von diesem Thema erfasst wird: Denn auch die Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften analog § 130 HGB für Altschulden der Gesellschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – II ZR 121/12).

Rechtsanwalt Dr. Klass empfiehlt, der Zahlungsaufforderung vorerst nicht Folge zu leisten. Es ist fraglich, ob sich der behauptete Anspruch des Insolvenzverwalters in der Praxis realisieren lässt. Zugunsten der betroffenen Anleger kommen verschiedene rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen in Betracht. Ungeachtet dessen erscheinen bestimmte Vorgänge und Sachverhalte, die in der Sphäre der Insolvenzverwaltung anzusiedeln sind, intransparent.

Es ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, inwieweit die Gesellschafter aus Gründen des Vertrauensschutzes berechtigt sind, dem geltend gemachten Anspruch die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung entgegenzuhalten; denn der als Hauptgläubiger auftretende Rechtsanwalt war früher für die GbR tätig und dürfte die zugunsten der Anleger vertraglich festgelegten Haftungsbeschränkungen sehr gut kennen. Der Vertrauensschutz entfaltet Wirkung im Hinblick auf den Bestand und den Umfang der Gesellschafterhaftung (d. h. Haftung lediglich pro rata, nicht aber unbeschränkt analog § 128 Satz 1 HGB).

Außerdem: Herr H. hat gemäß Gesetz für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen. Auf Verlangen eines Gesellschafters muss er die Namen und Anschriften der Mitgesellschafter mitteilen (eine interne Abstimmung dürfte vorliegend zwingend notwendig sein); ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse ist weder allgemein noch unter datenschutzrechtlichen Gründen erkennbar.

Letztlich hat der Insolvenzverwalter auch die Möglichkeit, sich mit den Gesellschaftern über deren Haftung zu vergleichen, soweit seine Einziehungsermächtigung reicht und ein solcher Vergleich nicht insolvenzzweckwidrig ist. Durch eine betragsmäßige Reduzierung der Haftung der Gesellschafter kann der Vergleich bei zahlungsschwachen Gesellschaftern sicherstellen, dass die Gesellschafter nur nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verpflichtet bleiben.

Dr. Jürgen Klass ist seit 1996 als Rechtsanwalt tätig und verfügt über spezielle Kenntnisse im Kapitalanlage- und Insolvenzrecht. In diesem Zusammenhang wurde er zum Beispiel in den Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren der Akzenta AG gewählt (er vertritt dort die Interessen von 250 Anlegern). Mehrfach gelang es ihm, Forderungen und Zahlungsklagen von Insolvenzverwaltern mit Erfolg abzuwehren (z. B. Landgericht München I, Urteil vom 26.05.2017 – 6 O 20256/16 – Insolvenz Bayernareal KG; Oberlandesgericht München, Urteil vom 10.11.2015 – 5 U 1859/15 – Insolvenz B. Finanzierungs GmbH).



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