Kopfkissen schlägt Lebensversicherung - Die Zinsen der Lebensversicherer sinken weiter

  • 4 Minuten Lesezeit

1. Zunehmender Rückgang der Zinsen bei Lebensversicherungen

Die Zinsen der Lebensversicherer sinken immer weiter. FONDS professional berichtete am 09.02.2021 von einem Rekordtief der laufenden Verzinsungen.
Den Erhebungen zu Folge sind sowohl die Verzinsungen der klassischen Tarife als auch der „Neuen Klassik“ auf einem historischen Tiefstand.

Laut dem Portal PKV Wiki liegen die laufenden Verzinsungen bei 90 Gesellschaften für 2021 in der Prognose zwischen 1,25 % und 3 %. Einige Versicherer, die auch 2020 bereits mit sehr geringen Verzinsungen glänzten, machten keine Angabe. Manche Gesellschaften senkten die Zinsen von 2020 auf 2021 um 1,2 % wie die Continentale Leben oder um 1,1 % wie die Cosmos Leben. Debeka Leben, die auch im Vorjahr bereits bei 1,75 % lag, senkte die Zinsen weiter auf 1,25 %.

Auch wenn zu diesen Zinsen noch mögliche Bewertungsreserven oder Schlussüberschussanteile kommen, zwei Dinge sind zu berücksichtigen:

Die Verzinsung bezieht sich lediglich auf den Sparanteil. Es wird also nicht der Versicherungsbeitrag verzinst, sondern lediglich der Rest, nachdem die verschiedenen und nicht unerheblichen Kosten bereits abgezogen wurden (Vertriebskosten, Abschlusskosten, Provision, Verwaltungskosten etc.). Es dauert meist sehr lange und ist zwischenzeitlich schon eher der Ausnahmefall, bis das eingezahlte Kapital wieder erreicht ist.
Mit diesen erwirtschafteten Zinsen müssen auch die Verträge mit Garantieverzinsungen von 4 % und 3 % noch bedient werden. Überschüsse dürften eher eine Seltenheit sein.

2. Absenkung der Beitragsgarantien und des Garantiezinses

Die Beitragsgarantien der Lebensversicherungen werden auf breiter Front gesenkt. Die Auswirkungen dieser bisherigen Selbstverständlichkeit des Beitragserhalts auf die betriebliche Altersversorgung erörtere ich in einem gesonderten Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/absenkung-der-beitragsgarantien-von-lebensversicherungen-ein-problem-in-der-bav-oder-besser-bav-ohne-versicherung_185347.html.

Nach einer aktuellen Marktstudie der Kölner Rating Agentur ASSEKURATA zeigt sich nach einem Asscompact Bericht vom 10.2.2021, dass Anbieter zwischenzeitlich individuelle Garantien zu Grunde legen. Während es bislang üblich war, dass sich die Versicherer an dem festgelegten Höchstrechnungszins, der derzeit immer noch bei 0,9 % liegt, orientieren, gibt es zwischenzeitlich Gesellschaften, die den Garantiezins lediglich mit 0,25 % oder 0,5 % festgelegt haben. – wohlgemerkt 0,25 % oder 0,5 % auf den Sparanteil. Bezogen auf den Beitrag ist die Rendite negativ.

Die garantierte negative Beitragsrendite beträgt laut ASSEKURATA im Durchschnitt - 0,24 %!! Im Klartext: Ohne Überschüsse vermindern sich die Beiträge bzw. Einzahlungen um 0,24 % jährlich. Eine wenig attraktive Prognose für den Deutschen, dem Garantien nach vielen Studien so wichtig sind. Bei kürzeren Laufzeiten dürfte es noch deutlich schlechter aussehen.

Laut der ASSEKURATA Studie sollen sich auch die garantierten Renten reduziert haben von durchschnittlich rd. 114 € von vor 2 Jahren auf derzeit knapp 106 €. Grundlage ist hier eine 35-jährige Laufzeit mit 1.200,00 € Jahresbeitrag.

Zum Nachvollziehen dieser Werte:
In 35 Jahren werden 42.000,00 € einbezahlt. Eine Monatsrente von 106,00 € entspricht einer Jahresrente von 1.272,00 €.
Die eingezahlten 42.000,00 € werden also in 33 Jahren zurückbezahlt. Gerechnet ab dem 67. Lebensjahr (ohne Zins in der Ansparphase und ohne Zins in der Rentenphase) sind die eingezahlten Beiträge zum 100. Lebensjahr zurückgezahlt. Mit auch nur relativ geringer Verzinsung gerechnet, muss der Versicherte schnell 110 oder deutlich älter werden, um seine Einzahlungen zurück zu erhalten. 



3. Konsequenzen für die betriebliche Altersversorgung

Die Aufbewahrung der Einzahlung in einem schlichten Kopfkissenbezug oder in einem Tresor würde bei jedem Mitarbeiter, der das 100. Lebensjahr nicht erreicht, zu einem Gewinn des Arbeitgebers führen oder anders ausgedrückt, der Arbeitnehmer hätte eine höhere Leistung, wenn man z.B. die Berechnung leicht modifiziert. Allein mit einem geringen Zins von 0,5 % würde sich dies schon deutlich verbessern. Würde man die 42.000,00 € bis zum 95 Lebensjahr aufgebraucht haben wollen, gäbe es schon eine Jahresrente von 1.500,00 € statt 1.272,00 €. Bis zum 90 Lebensjahr wären es 1.826,00 €. Sicherlich kann ein Mitarbeiter auch 108 Jahre werden, aber in der betrieblichen Altersversorgung geht es hier um das Kollektiv.

Diese Berechnung ist sicherlich vereinfacht, aber sie zeigt die gewaltige Chance, die sich sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ergibt.
Losgelöst von der Rente zeigt sich, dass auch die 42.000,00 € zum Rentenbeginn als Kapitalleistung zurückzuzahlen, dem Mitarbeiter eine deutliche Verbesserung gegenüber der Versicherungslösung bringt.
Dem Unternehmer stünde das Geld 35 Jahre lang zu Null % Verzinsung zur Verfügung.
Ein Zins von 1 %, den der Arbeitgeber zusagt, verbessert dies für den Arbeitnehmer noch weiter.
Der Arbeitgeber hat mit 1 % ebenfalls immer noch ein langfristiges zinsgünstiges und sicherheitenfreies Darlehen und ein Stück mehr Bankenunabhängigkeit (Der Mitarbeiter benötigt keine Sicherheit wegen des gesetzlichen Insolvenzschutzes über den Pensionssicherungsverein).

In diesem Zusammenhang verweise ich auf meine Rechtstipps „Arbeitnehmersparbuch“https://www.anwalt.de/rechtstipps/problemloesung-durch-bav-arbeitnehmersparbuch-mitarbeitersparbuch-sinnvoll-auch-in-corona-zeiten_184238.html und „Die pauschaldotierte Unterstützungskasse – ein derzeit wieder stark nachgefragter Durchführungsweg“ https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-ein-derzeit-wieder-stark-nachgefragter-durchfuehrungsweg_180957.html.

Aus dem Blickwinkel der versicherungsfreien Systeme steigt die Attraktivität bei der negativen Entwicklung der Versicherungsalternativen noch einmal deutlich.

Gerne stehe ich Ihnen für Ihre Fragen in diesem Zusammenhang zur Verfügung.


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Foto(s): AUTHENT

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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