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Kreuzfahrt – welche Rechte haben Reisende?

  • 6 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion
  • Weicht die Kreuzfahrt von ihrem vertraglich vereinbarten Umfang und Inhalt ab, können Passagiere unter Umständen den Reisepreis mindern.
  • Das ist z. B. möglich, wenn die Route erheblich abweicht, die Kabine kleiner als vereinbart ist, das Gepäck verloren geht oder das Essen an Bord ungenießbar ist.
  • Je nach Einzelfall kommt unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld in Betracht.

Kreuzfahrten liegen derzeit voll im Trend. Kaum ein anderes Reisegebot vereint in gleichem Maß Luxus und Abenteuer. Da die Urlauber jedoch zwischen den Landgängen regelrecht auf dem Schiff „festsitzen“, können schnell Probleme auftreten. Was tun, wenn das Essen nicht schmeckt, die Kabine zu klein ist oder Mitreisende stören? Einfach Koffer packen und umziehen ist keine Option. Unter diesen Voraussetzungen können betroffene Passagiere aber immerhin den Reisepreis mindern:

Reise verläuft nicht wie geplant

Nicht immer entspricht der Urlaub den eigenen Vorstellungen. Ein Reisemangel und damit die Möglichkeit zur Reisepreisminderung liegt gemäß § 651d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aber nur vor, wenn die Reise negativ vom vertraglich vereinbarten Umfang bzw. Inhalt abweicht.

Berechnung des Minderungsbetrags

Da von einem Reisemangel bei einer Kreuzfahrt meist nur bestimmte Teilleistungen (z. B. vereinbarte Route, Landgänge, Animationen) betroffen sind, beträgt die mögliche Minderung immer nur einen Teil des Gesamtpreises. Zur Berechnung wird der Gesamtreisepreis durch die Anzahl der Reisetage geteilt. Man erhält den sog. Tagesgesamtpreis. Hiervon wird je nach Art und Schwere des Mangels der prozentuale Abschlag abgezogen und mit den Tagen multipliziert, an denen die Reise mangelhaft war.

Berechnungsbeispiel

An zwei Tagen einer 14-tägigen Kreuzfahrt, die insgesamt 2000 Euro pro Person gekostet hat, ist die Reise mangelhaft, was eine Reisepreisminderung von 20 Prozent rechtfertigt. Der Tagesgesamtpreis beträgt hier 142,85 Euro (2000 Euro ÷ 14). Für die beiden mangelhaften Reisetage kann der Preis somit pro Person um ca. 57 Euro (20 Prozent von 142,85 Euro x 2) gemindert werden.

Schiff verpasst – was nun?

Läuft das Schiff ohne den Pauschalurlauber aus – weil z. B. sein Flieger Verspätung hat oder er mit dem Transferfahrzeug im Stau steht, kann er für die Tage den Reisepreis mindern, an denen er zu spät an Bord gehen konnte. Das ist jedoch nur möglich, wenn der betroffene Passagier die Verspätung nicht selbst zu verschulden hat.

Falsche Kabine bekommen?

Was kann der Urlauber tun, wenn die Kabine vor Ort ganz anders aussieht als die gebuchte?

Kabine zu klein

Schiffskabinen sind in der Regel nicht sehr groß. Dennoch kann der Passagier erwarten, dass die Ausstattung der vertraglich vereinbarten entspricht. Müssen sich z. B. vier Personen in eine 9 m² kleine Kabine zwängen, ist das nicht mehr zumutbar und sie dürfen den Reisepreis geringfügig mindern.

Kabine für Behinderte muss behindertengerecht sein

Auch gehbehinderte Schiffsgäste sowie ihre jeweilige Begleitperson können den Reisepreis mindern, wenn sie nicht – wie verlangt – eine rollstuhlgerechte Kabine vorfinden, sondern eine Unterkunft, deren Eingangs- und Badezimmertür zu schmal für den Rollstuhl sind.

Kein Ausblick aufs Meer

Eine Minderung des Reisepreises um ca. 15 Prozent ist auch möglich, wenn der Urlauber nicht die gebuchte Außenkabine mit Meerblick bekommt, sondern eine Kabine, die lediglich eine Aussicht auf die blanke Schiffswand bietet.

Upgrade als Reisemangel

Sogar ein Upgrade kann einen Reisemangel darstellen. Hat ein Urlauber z. B. eine kleinere Kabine mit Privatbalkon und Meerblick gebucht und erhält stattdessen eine größere Kabine mit Zugang zu einem Sonnendeck, zu dem aber mehrere Fahrgäste Zutritt haben, ist eine Reisepreisminderung von 10 Prozent möglich (AG Rostock, Urteil v. 16.10.2015, Az.: 47 C 180/15).

Plötzliche Änderung der Reiseroute erlaubt?

Oft fährt der Schiffskapitän – z. B. wegen eines Unwetters oder wegen politischer Unruhen im Zielland – einen Hafen nicht an oder er ändert die Route erheblich. Das kann im Einzelfall sogar zulässig sein – aber nur, wenn sich der Reiseveranstalter in den Reisebedingungen das Recht zur Änderung wirksam vorbehalten hat.

Änderung darf nicht willkürlich oder unzumutbar sein

So darf er die Reiseroute insbesondere nicht willkürlich ändern und den Gesamtzuschnitt der Fahrt nicht komplett auf den Kopf stellen – also nicht einfach nach Florida statt in die Arktis fahren (vgl. etwa AG Rostock, Urteil v. 27.03.2015, Az.: 47 C 415/14).

Ferner darf die erhebliche Änderung für den Reisenden nicht unzumutbar sein. Das wäre aber der Fall, wenn es nur deshalb zu der Änderung gekommen ist, weil der Reiseveranstalter Probleme hatte – z. B. mit einem Vertragspartner (AG Rostock, Urteil v. 09.03.2011, Az.: 47 C 400/10).

Kein Änderungsvorbehalt im Vertrag? Minderung möglich!

Wurde der Änderungsvorbehalt dagegen nicht – wirksam – vereinbart, kann sich der Reisepreis bei Nichtanlaufen eines Hafens oder einer Routenänderung durchaus um ca. 10 bis 60 Prozent vom Tagesgesamtpreis mindern. So urteilten u. a. 2016 das LG Frankfurt a. M. (Az.: 2-24 O 298/15) und 2015 das AG München (Az.: 275 C 27977/14), das jedoch nur eine Reisepreisminderung von 30 Prozent für eine erhebliche Routenänderung zuließ.

Kreuzfahrt ohne Gepäck zumutbar?

Eine Pauschalreise beinhaltet oft nicht nur die Kreuzfahrt samt Landgängen, sondern auch den Flug bzw. Transfer zum und vom Hafen. Nicht selten geht auf dem Weg Gepäck verloren, das dann nachgeschifft werden muss. In dieser verspäteten Anlieferung ist allerdings ein Mangel nach § 651c I BGB zu sehen, der gewöhnlich eine Reisepreisminderung von 20 bis 30 Prozent für jeden Urlaubstag rechtfertigt, an dem der Betroffene nicht über sein Gepäck verfügte.

Anderes sieht es jedoch aus, wenn er noch während der Kreuzfahrt auf seinem Bordguthaben eine Summe in Höhe des Minderungsbetrags gutgeschrieben bekommt, um sich auf dem Schiff z. B. Hygieneartikel und Kleidung zu kaufen (AG Rostock, Urteil v. 03.08.2016, Az.: 47 C 103/16).

Wie viel Lärm ist an Bord erlaubt?

Grundsätzlich ist mit einem gewissen Lärmpegel an Bord zu rechnen – sei es aufgrund der großen Anzahl an Passagieren oder wegen Shows und Animationen. Solcher Lärm muss auch von ruhebedürftigen Urlaubern geduldet werden, solange er nicht über Mitternacht hinaus andauert oder unverhältnismäßig laut ist. Auch einmalige Vorkommnisse, z. B. die Benutzung eines Hochdruckreinigers am frühen Morgen, rechtfertigen generell keine Minderung (AG Wiesbaden, Urteil v. 26.03.2015, Az.: 92 C 4334/14).

Schiffstypische Geräusche sind zumutbar

Lärm durch Schiffsturbinen oder andere technische Einrichtungen des Schiffs stellt nur dann einen Mangel dar, wenn er über das übliche Maß hinausgeht. Das ist der Fall, wenn das Gerät normalerweise, also bei ordnungsgemäßer Funktionsweise, leiser wäre. Gewisse schiffstypische Geräusche sind demnach hinzunehmen (AG Rostock, Urteil v. 25.09.2015, Az.: 47 C 76/15).

Unappetitliches oder unbekömmliches Essen

Auch beim Essen auf hoher See kommt es immer wieder zu Problemen. Ist es etwa ungenießbar oder kalt, mindert sich der Reisepreis geringfügig.

Salmonellenerkrankung durch das Schiffsessen?

Behauptet ein Urlauber, sich durch das Schiffsessen eine Salmonellenerkrankung eingefangen zu haben, könnten eine Reisepreisminderung und sogar ein Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld bestehen. Allerdings müsste dann zweifelsfrei feststehen, dass die Erkrankung auf mangelnde Hygiene an Bord zurückzuführen war und der Reiseveranstalter dies zu vertreten hatte.

Hier ist problematisch, dass regelmäßig auch andere Ursachen für eine derartige Erkrankung in Betracht kommen – z. B. die Ansteckung bei einem Mitreisenden oder während eines Landgangs. Leiden aber plötzlich mehrere Urlauber auf einem Kreuzfahrtschiff an derselben Krankheit, könnte das ein Indiz für eine Ansteckung an Bord sein (AG Rostock, Urteil v. 12.07.2013, Az.: 47 C 402/12).

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(VOI/TZE)

Foto(s): Fotolia.com

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