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Stressfaktor Urlaub: von Ohrwürmern, leeren Buffets und genderneutralen Spas

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Endlich sind Osterferien! Die erste große Reisewelle in diesem Jahr rollt bereits. Weil es in Deutschland bis jetzt nicht wirklich warm werden will, zieht es viele Urlaubsbedürftige wohl auch dieses Mal wieder gen Süden. Sie hoffen auf Sommer, Sonne, Strand sowie Erholung und Entspannung pur.

Doch leider sieht die Wahrheit immer wieder ganz anders aus – wovor leider niemand gefeit ist. Doch kann dann wenigstens ein Teil des Reisepreises vom Reiseveranstalter zurückverlangt werden und wann ist die Reiserücktrittsversicherung einstandspflichtig?

Wenn die Reiserücktrittsversicherung nicht zahlen will

Viele Urlauber schließen bei der Buchung ihrer Ferien auch gleich eine Reiserücktrittsversicherung ab. Können sie die Reise dann doch nicht antreten, erwarten sie natürlich, dass die Versicherung z. B. die anfallenden Stornokosten trägt. Dass dies nicht immer der Fall ist, musste ein 77-jähriger Urlauber auf die harte Tour erfahren.

Reiserücktritt wegen Niereninsuffizienz

Ein Rentner hatte für sich und seine Frau eine zweiwöchige Pauschalreise nach Teneriffa gebucht und eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Aufgrund einer Angina machte sich eine Vorerkrankung – eine Niereninsuffizienz – bemerkbar. Die hatte sich jahrelang nicht mehr gezeigt, der Rentner hatte zuvor sogar zahlreiche Reisen problemlos durchführen können.

Auf Anraten seines Arztes stornierte er den gebuchten Urlaub und machte die hierbei entstandenen Kosten gegenüber der Reiserücktrittsversicherung geltend. Die wies jedoch darauf hin, dass sie in den Versicherungsbedingungen deutlich darüber aufgeklärt habe, unter anderem für unerwartet schwere Erkrankungen einstehen zu wollen, keinesfalls jedoch für Vorerkrankungen, die bereits bei Reisebuchung bestanden. Das wollte sich der Rentner nicht gefallen lassen – er zog vor Gericht.

Versicherung muss Stornokosten tragen

Das Amtsgericht (AG) München verpflichtete die Reiserücktrittsversicherung zur Übernahme der Stornokosten. Schließlich war die Klausel, mit der sie ihre Einstandspflicht für Vorerkrankungen ausschließen wollte, unwirksam. Denn danach wurde nicht unterschieden zwischen – dem Versicherten – bekannten und unbekannten Vorerkrankungen. Es kann jedoch nicht sein, dass der Versicherte letzten Endes das Risiko trägt, keinerlei Ansprüche gegen die Versicherung zu haben, wenn erst später herauskommt, dass er bereits vor der Reisebuchung an einer Vorerkrankung litt.

Auch würde ansonsten die Klausel ausgehebelt werden, wonach die Versicherung bei unerwartetem Auftreten einer schweren Erkrankung leistungspflichtig ist. Und die Niereninsuffizienz war eine solche unerwartete schwere Erkrankung. Sie war zwar bekannt, aber ihr Verlauf jahrelang stabil. Erst durch die Angina verschlechterte sich der Zustand des 77-Jährigen plötzlich. Daher bejahte das AG München vorliegend eine unerwartet schwere Erkrankung – die Versicherung war einstandspflichtig (AG München, Urteil v. 30.08.2016, Az.: 159 C 5087/16).

Dreharbeiten an Bord – ist das erlaubt?

Nicht jedermann freut sich darüber, plötzlich vor laufender Kamera zu stehen. Wenn man dann auch noch auf einem Kreuzfahrtschiff „festsitzt“, kann man den Kameraleuten auch nur schwer entfliehen, selbst wenn man selbst nicht gefilmt wird. Doch ist in den Dreharbeiten dennoch ein Mangel zu sehen, der eine Reisepreisminderung rechtfertigt?

Nein, meint das Landgericht (LG) Bonn. Für die Reisegäste liegt höchstens eine Unannehmlichkeit vor, die hinzunehmen ist. Ob eine bloße Unannehmlichkeit oder schon ein Reisemangel vorliegt, hängt vor allem von der Art, Dauer und Intensität der Beeinträchtigung und auch der Ortsüblichkeit ab. Zwar sind regelmäßig bestimmte Bereiche während der Dreharbeiten gesperrt oder nur beschränkt zugänglich, sofern jedoch der Rest der gebuchten Reise – z. B. Veranstaltungen oder Landgänge – planmäßig verläuft, ist die Gesamtreise allein durch die Filmaufnahmen nur geringfügig beeinträchtigt (LG Bonn, Urteil v. 23.08.2016, Az.: 8 S 5/16).

Horror-Compilation im Vier-Sterne-Hotel

Nach Murphys Gesetz gilt: Wenn etwas schiefgehen kann, wird es auch schiefgehen. Das kann so mancher Urlauber bestätigen, der in seinem Hotel nicht nur ein kleines Problem bewältigen muss, sondern mit ganzen Insektenschwärmen auf dem Zimmer und anderen Hotelgästen um das Essen am Buffet oder um Strandliegen kämpfen muss.

Urlauberin „flüchtet“ in anderes Hotel

So erging es einer Frau, die während ihres Urlaubs eine wahre Horror-Compilation in ihrem Vier-Sterne-Hotel erleben musste. So hielt sie unter anderem nicht nur Baulärm von jeglicher Erholung ab, auch schlafen konnte sie aufgrund eines Ohrwurmüberfalls im Bett nicht. Die nötige Stärkung war ebenfalls nicht möglich, weil andere Reisegäste das Buffet plünderten und dieses nur unzureichend wiederaufgefüllt wurde.

Ein weiterer Schock wartete im Wellnessbereich auf sie: Dort wurden die Anwendungen für Männer und Frauen im selben Bereich durchgeführt. Die örtliche Reiseleitung bot ihr daher eine andere Unterkunft an – in einem Fünf-Sterne-Hotel. Den Aufpreis sollte sie aber selbst zahlen. Das tat sie auch – später verlangte sie jedoch unter anderem diesen Betrag sowie einen gewissen Teil des Reisepreises zurück.

Gesamtreisepreisminderung in Höhe von 30 % möglich

Das AG München sah im Baustellenlärm, den Ohrwurmattacken und dem leeren Buffet durchaus Reisemängel, die insgesamt eine Reisepreisminderung von 30 % rechtfertigten. Auch musste der Reiseveranstalter den Aufpreis für die höherwertige Unterkunft sowie die Fahrtkosten dorthin tragen. Wird einem Urlauber aufgrund eines Mangels nämlich eine höherwertige Ersatzunterkunft angeboten, muss der Reiseveranstalter den Aufpreis sowie die Kosten für den Umzug zum Ersatzhotel selbst übernehmen.

Der geschlechtsneutrale Wellnessbereich dagegen stellte keinen Mangel dar. So hatte die Urlauberin die fehlende Trennung von Männern und Frauen im Spa-Bereich nur pauschal behauptet, aber nicht nachweisen können. Das Gericht wies ferner darauf hin, dass die erholungsbedürftige Frau einen Termin hätte vereinbaren können, an dem keine Männer im Spa zugegen sind. Im Übrigen müsste man sich bei bestimmten Anwendungen ohnehin nicht komplett ausziehen; alternativ hätte sie während der Anwendung einen Badeanzug tragen können (AG München, Urteil v. 30.08.2016, Az.: 159 C 5087/16).

Auch während des Urlaubs kann so einiges schiefgehen. Doch nicht immer kann deswegen der Reisepreis gemindert werden. Unerhebliche bzw. geringfügige Beeinträchtigungen sind als bloße Unannehmlichkeiten vielmehr hinzunehmen.

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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