OLG Köln: Unzulässigkeit einer negativen Kritik eines Gourmetrestaurants nach nur einem Besuch

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Das OLG Köln hat mit Urteil vom 03.05.2011 (Az. 15 U 194/10) entschieden, dass eine negative Kritik eines Gourmetrestaurants in einem Restaurantführer nach nur einem einzigen Besuch nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt und daher wegen Eingriffs in das „Unternehmerpersönlichkeitsrecht” gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB unzulässig ist.

Sachverhalt

Der Beklagte hatte in einem Restaurantführer über das Gourmetrestaurant des Klägers die folgende, durchaus vernichtende Kritik veröffentlicht:

„Enttäuschte: Das traditionsreiche Gasthaus hat zwar eine schicke neue Lounge mit glasumrahmter Theke und blauem Lichtdesign, und die Holzterrasse ist im Sommer noch immer der beliebteste Platz. Dem holzgetäfelten Gourmetrestaurant täte eine Auffrischung allerdings ebenfalls gut.

Die Variation von der Gänseleber mit Eis auf säuerlichem Himbeergelee, Mousse-Röllchen und einem arg festen Würfel in Schokolade hatte einen leicht bitteren Nachgeschmack, der Hummer auf Kalbskopf war dagegen nahezu aromafrei. Zum Maibock servierte der sehr altmodisch-steife Service („bitte sehr, gnädige Frau") ein mehliges Haselnuss-Kartoffel-Püree, und auch das mächtige Soufflé mit Panna cotta zum Rhabarber-Dessert war ausdruckslos.

Einziger Lichtblick: der geschmorte Schenkel vom Milchferkel auf Spitzkohl mit Kreuzkümmeljus. Und warum nach der Vorspeise die (trockenen) Brötchen im Brotkorb gegen ebenso trockene neue ausgetauscht wurden, haben wir auch nicht verstanden."

Der Kläger forderte von dem Beklagten die Unterlassung der weiteren Verbreitung dieser Restaurantkritik - zu Recht wie das OLG Köln nun entschied.

Entscheidung OLG

Das OLG Köln entschied, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des ihr als Wirtschaftsunternehmen zukommenden Unternehmerpersönlichkeitsrechts bzw. des Anspruchs auf Achtung ihrer Geschäftsehre zusteht.

Grundsätzlich weiter Spielraum für Tester auch bei negativer Kritik

Zunächst wies das Gericht daraufhin, dass dem Tester bei der Veröffentlichung und Verbreitung der Ergebnisse von die gewerblichen Angebote von Unternehmen prüfenden und beurteilenden Erhebungen bzw. „Warentests" grundsätzlich ein weiter Spielraum auch für die Darstellung negativer Beurteilungen zuzugestehen ist, und zwar auch dann, wenn diese geeignet sind, sich schädigend auf das beurteilte Unternehmen bzw. dessen gewerblichen Betrieb auszuwirken:

„Angesichts des dem Kritiker grundsätzlich einzuräumenden weiten Spielraums lässt sich indessen allein aus der herabsetzenden und die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin beeinträchtigenden Wirkung der streitgegenständlichen Restaurantkritik deren äußerungsrechtliche Unzulässigkeit nicht begründen. Ein Gewerbebetrieb muss sich der Kritik seiner Leistung stellen. Selbst eine gewerbeschädigende negative Kritik ist daher nicht allein schon aus diesem Grund äußerungsrechtlich unzulässig."

Vielmehr bedarf es zur Beurteilung der Zulässigkeit kritischer Aussagen über getestete Waren eines Unternehmens einer Güter- und Pflichtenabwägung, in deren Rahmen der Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung des Kritikers Rechnung zu tragen ist. Die Grenzen zulässiger Kritik, die wie hier die untersuchte gewerbliche Leistung negativ, teilweise sogar abfällig bewertet, können dabei im Einzelfall auch weit gezogen sein. Handelt es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht grundsätzlich eine Vermutung für die Zulässigkeit der - wenn auch kritischen - Meinungsäußerung.

Kritik muss jedoch Ergebnis einer neutralen, sachkundigen und um Richtigkeit bemühten Prüfung sein

Jedoch - so das Gericht - erfährt dieser Grundsatz im Bereich der Äußerungen über die Bewertung der Qualität getesteter gewerblicher Leistungen eine Einschränkung dahingehend, dass die der Veröffentlichung der Ergebnisse zugrundeliegende Untersuchung neutral, sachkundig und im Bemühen um Richtigkeit vorgenommen sein muss.

Gegen diese Sorgfaltsanforderungen hatte der Restaurantkritiker verstoßen, da die Kritik auf nur einem Besuch einer Testesserin basierte; dies genügte nicht als Bewertungsgrundlage. Hierzu das Gericht:

„Im Hinblick auf dieses, als ganz erheblich einzuordnende Ausmaß materieller und immaterieller Beeinträchtigungen, die der Klägerin auf Grund der Veröffentlichung der Kritik im Restaurantführer der Beklagten drohten, musste die Beklagte hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Testesserin, deren Bericht sie übernommen und verbreitet hat, hinsichtlich ihrer journalistischen Pflichterfüllung stellen. Der Bericht der von ihr eingesetzten Testesserin, der unstreitig das Ergebnis eines einzigen Besuchs einer einzigen Person war, stellt keine hinreichend zuverlässige Tatsachengrundlage für die vorgenommene Abwertung dar."

(OLG Köln, Urteil vom 03.05.2011 (Az.: 15 U 194/10))


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