Ist es eine Pflicht für Arbeitnehmer an Personalgesprächen teilzunehmen?

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Arbeitnehmer dürfen in bestimmten Fällen die Teilnahme an einem Personalgespräch verweigern!

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 2 AZR 606/08) besteht keine Pflicht des Arbeitnehmers, zu jedwedem Gespräch mit dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen.

Der Fall

Der Arbeitgeber forderte die Arbeitnehmerin auf, an einem Personalgespräch teilzunehmen. In diesem wollte er mit ihr besprechen, dass er ihr wegen Auftragsrückgangs das Gehalt kürzen müsste. Er wollte ihr eine dahingehende Vertragsänderung vorschlagen.

Die Arbeitnehmerin erschien nicht, da sie sich zu der Thematik nicht weiter äußern wollte.

Daraufhin erteilte ihr der Arbeitgeber eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung. Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass er Kraft seines Direktionsrechtes ein Personalgespräch anberaumen könne und die Arbeitnehmerin verpflichtet sei, daran teilzunehmen. Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Abmahnung für unwirksam.

Erläuterungen

Eine Abmahnung kann wirksam nur dann erteilt werden, wenn der Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung begangen hat. In vorliegendem Fall ging der Arbeitgeber davon aus, dass der Arbeitnehmer generell verpflichtet ist, der Aufforderung, an einem Personalgespräch teilzunehmen, nachzukommen. Der Arbeitnehmer ist indes nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht verpflichtet, an jedem Personalgespräch teilzunehmen. Vielmehr gilt es zu differenzieren:

Geht es in dem Gespräch um die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht, d.h. um

  • den Arbeitsort
  • die Arbeitszeit
  • die Art der Arbeitsleistung (z.B. die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit) etc.

hat der Arbeitnehmer an dem Personalgespräch teilzunehmen. Denn dann fällt die Anweisung unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß  § 106 Gewerbeordnung (GewO). Erscheint der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht zum Personalgespräch, rechtfertigt dieses Verhalten eine Abmahnung.

Geht es in dem Gespräch jedoch um Bestandteile, die nicht die Arbeitsleistung an sich betreffen, kann der Arbeitnehmer dem Personalgespräch laut Bundesarbeitsgericht fern bleiben. Er muss in diesem Fall keine (wirksame) Sanktionierung fürchten. Bei Bestandteilen, die nicht die Arbeitsleistung an sich betreffen, handelt es sich um die Höhe des Entgelts oder den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer also nicht zwingen, in „Verhandlungen" über das Arbeitsverhältnis zu treten.

Wie sollten Arbeitnehmer jetzt reagieren?

  • Arbeitnehmer können in Zukunft erwägen, sich der Teilnahme an Personalgesprächen zu widersetzen. Dies wäre jedoch stets mit einem gewissen Risiko verbunden. Denn der Arbeitnehmer könnte im Nachhinein nicht beweisen, welchen Inhalt das Personalgespräch, dem er ferngeblieben ist, hätte haben sollen. Insofern begibt sich der Arbeitnehmer dann stets in die Gefahr einer Vertragsverletzung, welche durch eine Abmahnung geahndet werden könnte.
  • Da der Arbeitnehmer im Zweifel den Inhalt des anberaumten Personalgespräches nicht kennt, ist es ratsam, grundsätzlich zu dem Gespräch zu erscheinen.
  • Kommt der Arbeitgeber dann auf die Thematiken Höhe des Entgelts oder den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung zu sprechen, kann der Arbeitnehmer das Gespräch zu diesen Themen verweigern.

Wie sollten Arbeitgeber jetzt reagieren?

  • Da der Arbeitnehmer zu Personalgesprächen, die die Höhe des Entgelts oder den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung zum Inhalt haben, nicht zu erscheinen braucht, ist es ratsam, ein Personalgespräch immer auch zusätzlich über Themen zu führen, die die Arbeitsleistung an sich betreffen. Dann muss der Arbeitnehmer, will er eine Pflichtverletzung vermeiden, zumindest zum Gespräch erscheinen. Er kann jedoch während des Gespräches eine Stellungnahme zu den Themen Höhe des Entgelts oder den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung verweigern.
  • Sollten Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch nicht erscheinen, sollte stets mit einer Abmahnung reagiert werden. Andernfalls riskiert der Arbeitgeber, dass dieser und die anderen Arbeitnehmer ihn nicht mehr ernst nehmen. Gleichzeitig sollte zusammen mit der Abmahnung sofort zeitnah ein zweites Gespräch angesetzt werden. Sollte der Arbeitnehmer wiederholt die Teilnahme verweigern, kann dies durchaus eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Viele weiterführende Informationen zum Thema Aufhebungsvertrag finden Sie unter: https://www.ra-croset.de/wissenswertes/teilnahme-personalgespraech/

RA Pascal Croset

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Südwestkorso 1

12161 Berlin

www.ra-croset.de

Pascal Croset ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Kanzleisitz in Berlin. Er ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) - deutschlandweit.

Pascal Croset ist Experte für arbeitsrechtliche Abmahnungen und hat das Werk „Die rechtssichere Abmahnung: Ein Leitfaden für Personalabteilung und Geschäftsführung" im Gabler-Verlag veröffentlicht.

Foto(s): Kanzlei@croset.de

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