Private Nutzung einer dienstlichen Tankkarte – Ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt?

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Benutzt ein Mitarbeiter eine ihm für den Dienstwagen überlassene Tankkarte auch um seine Privatfahrzeuge zu betanken, ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Darüber, ob der Mitarbeiter jedoch vorher abgemahnt werden muss, entschied nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachen (Urteil vom 29.03.2023, Az. 2 Sa 313/22).

Dienstwagenrichtlinie: Regelung aller anfallenden Kosten

Der gekündigte Arbeitnehmer war als Vertriebsmitarbeiter in einem Unternehmen angestellt. Für seine Kundenbesuche stand ihm ein BMW 320 d Touring (Diesel) mit einem Tankvolumen von 59 Litern zur Verfügung. Diesen durfte er auch für private Fahrten einsetzen. Das Unternehmen trug laut Dienstwagenrichtlinie unter anderem „die Leasinggebühr sowie die laufenden Betriebskosten (Kraftstoff und Öl)“. Zudem erhielt der Arbeitnehmer zwei Tankkarten unterschiedlicher Anbieter, um den Dienstwagen zu betanken.

Verstoß gegen Dienstwagenrichtlinie – außerordentliche Kündigung als Folge

Der Arbeitnehmer nutze die Tankkarten entgegen der Abrede auch zum Betanken seiner Privatfahrzeuge. Dies fiel zum einen auf, weil sein Privatfahrzeug vom Typ Porsche 911 Cabrio mit Superkraftstoff betankt werden musste, statt mit Dieselkraftstoff. Der Arbeitnehmer betankte auch sein anderes Privatfahrzeug, einen VW Touareg, welcher ein Tankvolumen von mehr als 59 Litern Diesel hatte, was die maximale Tankfüllung des Dienstwagens gewesen wäre. Der Arbeitgeber sprach dem Arbeitnehmer gegenüber eine außerordentliche Kündigung aus. Der Arbeitnehmer klagte dagegen und führte an, dass ihm eine Pflichtverletzung nicht vorzuwerfen sei. Er nutze seine Privatfahrzeuge schließlich auch für dienstliche Zwecke.

Ultima-Ratio-Prinzip: Ist eine Abmahnung erforderlich?

Das Arbeitsgericht Lingen gab dem Arbeitnehmer zunächst Recht. Die unzulässige private Nutzung der vom Arbeitgeber überlassenen Tankkarte sei „an sich geeignet, einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung darzustellen“. Die Kündigung verletze aber das Ultima-Ratio-Prinzip. Dieses besagt, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung als milderes Mittel aussprechen muss.

Das LAG Niedersachen bewertete dies in der Berufungsinstanz anders. Der Arbeitnehmer war laut den Dienstwagenrichtlinien nicht befugt, seine Privatfahrzeuge mit den überlassenen Tankkarten zu betanken. Das Gericht befand, dass der Arbeitnehmer die Tankkarten weisungs- und pflichtwidrig zur Betankung seiner Privatfahrzeuge benutzt hat.

Endgültig zerrüttetes Vertrauensverhältnis – eine Abmahnung ist entbehrlich

Bereits jeder einzelne Pflichtverstoß stellt einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Angesichts der Schwere der Pflichtverstöße durch die Häufigkeit der fehlerhaften Nutzung bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung. Dem steht auch das Ultima-Ratio-Prinzip nicht entgegen. Das notwendige Vertrauen für das Arbeitsverhältnis könnte durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden. Das Arbeitsverhältnis ist daher durch die außerordentliche Kündigung wirksam beendet worden.

Außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung: GKS Rechtsanwälte prüfen Ihre Rechte

Das Urteil zeigt, dass unter Umständen eine außerordentliche Kündigung ohne die vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein kann. Der Grat zwischen einer rechtmäßigen und rechtswidrigen Kündigung ist sehr schmal. Daher sollte bei Erhalt einer Kündigung stets ein fachkundiger Anwalt konsultiert werden. Unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Daniel Junker hilft Ihnen gerne dabei, Ihre Rechte durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch (0202 245 67 0) oder direkt über die unverbindliche Online-Beratung.

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