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Religionsfreiheit contra Kirchensteuer: Steuerfestsetzung durch Finanzämter

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat hat in den vergangenen Jahrhunderten für unzählige Streitigkeiten gesorgt. Im heutigen Deutschland geht es dabei kaum mehr um die Einmischung der Religionsgemeinschaften in die weltliche Politik. Bei Steuerangelegenheiten scheint die Trennung von Kirche und Staat dagegen nicht zu gelten.

Finanzamt Mayen setzt Kirchensteuer fest

Ein katholisches Ehepaar klagte gegen die Festsetzung ihrer Kirchensteuer 2012 durch das Finanzamt Mayen. Den Bescheid hielten sie für rechtswidrig, allerdings nicht weil ihre Steuerlast darin formal falsch berechnet gewesen wäre.

Sie meinten vielmehr, der Staat müsse sich aus ihren religiösen Angelegenheiten komplett heraushalten. Das Finanzamt dürfe demnach auch keine Kirchensteuer festsetzen, anderenfalls verletze der Staat seine Neutralitätspflicht.

Religionsfreiheit ist grundrechtlich geschützt

Sie fühlten sich durch das Vorgehen der Behörde in ihrer Glaubensfreiheit und dem Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung aus Artikel 4 Grundgesetz (GG) beeinträchtigt. Auch durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) wird Religionsfreiheit geschützt.

Dazu sahen die Kläger einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 GG, da verschiedene andere Religionen ohne staatlichen Zwang in Form der Kirchensteuerfestsetzung ausgeübt werden könnten.

Finanzbehörden übernehmen nur Verwaltung

Ähnlichen Klagen hatte allerdings das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon in den 1970er-Jahren eine Abfuhr erteilt. Die Begründung lautete damals, dass die Kirchensteuerpflicht ganz einfach durch einen Austritt aus der Kirche vermieden werden könnte. Ebenso entschied nun auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in seinem aktuellen Beschluss.

Dabei wurde berücksichtigt, dass die Kirchensteuer vom Bistum aufgrund der Trierer Kirchensteuerordnung erhoben wird und nicht etwa vom Staat. Auf die Landesfinanzbehörden werde lediglich die Verwaltung übertragen.

Es bleibt aber Sache der einzelnen Kirchen, ob sie diesen Service in Anspruch nehmen wollen. Wenn sie die Finanzbehörden mit der Festsetzung und Beitreibung ihrer Kirchensteuer beauftragen, müssen sie dafür einen Verwaltungsbeitrag an das jeweilige Land bezahlen. Im weitesten Sinne ist das mit der Beitreibung von Forderungen durch ein Inkassounternehmen vergleichbar.

Kirchenaustritt lässt Kirchensteuer entfallen

Es bleibt die Entscheidung jedes Einzelnen, Kirchenmitglied zu bleiben und die, gegebenenfalls von seiner Kirche an staatliche Stellen übertragene, Kirchensteuererhebung mitzumachen oder aus der Gemeinschaft auszutreten. Ein Austritt allein aus der Institution Kirche, einer öffentlich rechtlichen Körperschaft, bei gleichzeitigem Verbleib in der Religionsgemeinschaft, ist dabei nicht möglich. Anders verhält es sich mit dem inneren persönlichen Glauben, den letztlich ohnehin niemand überprüfen kann.

Etwaige Einschränkungen am aktiven kirchlichen Leben, die sich nach einem Austritt ergeben, führen aber nicht zu einer Unzulässigkeit der Kirchensteuerpraxis. Wer seine Kirchenmitgliedschaft bewusst und gewollt beendet hat, muss umgekehrt auch damit leben, dass seine Teilnahmemöglichkeiten am kirchlichen Leben von da an eingeschränkt sind. Doch hierauf hat der Staat keinen Einfluss, sondern allein die Kirche.

Fazit: Die Kirchen entscheiden grundsätzlich selbst, wie sie ihre finanziellen Verhältnisse gestalten. Wer die behördlich unterstützte Kirchensteuererhebung ablehnt, dem bleibt im Zweifel nur der Kirchenaustritt.

(OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.02.2016, Az.: 6 A 10941/15)

(ADS)

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