Schulrecht: Lehrer hat keinen Anspruch auf Entfernung von Bildern aus Schuljahrbuch

  • 5 Minuten Lesezeit

Ein Lehrer hat keinen Anspruch auf Entfernung der in einem Schuljahrbuch veröffentlichten Bilder. Eine Einwilligung in die Veröffentlichung solcher Bilder ist nicht erforderlich (VG Koblenz, Urteil vom 6. September 2019 – 5 K 101/19.KO, bestätigt durch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. April 2020 – 2 A 11539/19.OVG).

Fall

Die Schule gab ein Jahrbuch mit Abbildungen sämtlicher Klassen nebst den jeweiligen Lehrern heraus. Beim Fototermin ließ sich der Lehrer mit einer Klasse ablichten. Die Bilder wurden im Jahrbuch mit Namensnennung abgedruckt. 

Die Schule hatte vor Anfertigung der Jahrbücher das Interesse der Schülerschaft abgefragt und lediglich eine entsprechende Anzahl drucken lassen. Mit Ausnahme eines Restexemplars, das sich im Schularchiv befindet, wurden sämtliche Exemplare des Jahrbuchs verkauft. Der Lehrer beanstandete die Veröffentlichung der Bilder. Da seine vorherige Zustimmung nicht eingeholt worden sei, verletze die Publikation sein Persönlichkeitsrecht.

Lösung

Die Klage blieb sowohl beim Verwaltungsgericht Koblenz als auch beim OVG Rheinland-Pfalz in Koblenz ohne Erfolg.

I. 

Dem Lehrer stand kein Anspruch auf „Rückruf“ der Jahrbücher und die Unkenntlichmachung seiner Person auf den Fotos zu.

Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage in Form des sog. „öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs“ lagen nicht vor. Dieser setzt einen rechtswidrigen Eingriff und infolgedessen auch einen rechtswidrigen Zustand voraus. 

Den Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung bildet hier das Recht am eigenen Bild als spezielle Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz. Nach § 22 Satz 1 Kunsturhebergesetz dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Ein Eingriff setzt somit schon begrifflich voraus, dass eine Einwilligung erforderlich war, aber nicht eingeholt wurde.

Ohne die nach § 22 Kunsturhebergesetz erforderliche Einwilligung dürfen allerdings „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ verbreitet und zur Schau gestellt werden (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz). Dazu können auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören. Die rechtliche Beurteilung dieser Frage erfordert eine Abwägung der wechselseitigen Interessen des Abgebildeten einerseits und des Herausgebers andererseits, die hier zulasten des Lehrers ausging. 

Eine Einwilligung war also nicht notwendig. (1.). Selbst wenn man dies anders sehen wollte, lag nach den Gesamtumständen jedenfalls eine wirksame konkludente Einwilligung des Lehrers vor, die eine Verletzung seines Rechts am eigenen Bild ausschloss (2).

1. 

Welche Argumente wurden vom Verwaltungsgericht dafür angeführt, dass wegen der gegenseitigen Interessenabwägung keine Einwilligung für die Veröffentlichung notwendig war?

  • Jahrbücher mit Klassenfotos sind jedenfalls von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung für die Angehörigen der Schule.
  • Die Schule hat zudem ein berechtigtes Interesse daran, den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern ein Jahrbuch nebst Illustrationen zur Verfügung zu stellen, um sich gegenüber diesem (beschränkten) Personenkreis nach außen darzustellen.
  • Die Beeinträchtigung der Rechte des Lehrers ist dagegen gering. Das Foto wurde im dienstlichen Bereich aufgenommen und zeigt den Lehrer in einer völlig unverfänglichen, gestellten Situation. Der Lehrer ist von daher lediglich in der sog. „Sozialsphäre“ betroffen, die einem geringeren Schutz unterliegt als die sog. „Intim-“ oder „Privatsphäre“.

2. 

Das Verwaltungsgericht nahm darüber hinaus an, dass eine evtl. erforderliche Einwilligung jedenfalls vom Lehrer durch sein Verhalten faktisch – die Juristen sagen „konkludent“ – erteilt wurde.

Die Einwilligung nach § 22 Kunsturhebergesetz bedarf keiner besonderen Form, sondern ist auch konkludent möglich. Eine solche konkludente Einwilligung hat der Lehrer gegeben, indem er sich beim Fototermin mit den beiden Schülergruppen hat ablichten lassen. Dies, obwohl er wusste oder jedenfalls hätte wissen müssen, dass die Schule derartige Klassenfotos bereits in der Vergangenheit für Jahrbücher verwendet hat. 

Wer sich angesichts dieser Praxis mit einer Klasse bzw. einem Kurs fotografieren lässt, muss mit einer Verbreitung der Bilder rechnen, zumal schon das gewählte Format der Bilder auf eine Veröffentlichungsabsicht hindeutete.

Der Beweggrund für die Teilnahme des Lehrers an dem Fototermin spielte insoweit keine Rolle. Ebenso wenig führte sein Widerspruch gegen die Veröffentlichung von Fotos auf der Homepage der Schule zu einer anderen Einschätzung. Es handelte sich hierbei um einen völlig anderen Sachverhalt.

3. 

Überdies war der Anspruch wegen tatsächlicher und rechtlicher Unmöglichkeit nicht mehr realisierbar.

Die Wiederherstellung des früheren Zustandes war tatsächlich unmöglich, weil keine Kenntnis über den Verbleib der Jahrbücher bestand. Ob es dem Beklagten zumutbar wäre, sich eine entsprechende Kenntnis zu verschaffen, konnte offenbleiben, da der Lehrer einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegenüber dem Beklagten jedenfalls nicht geltend gemacht hatte.

Die Erfüllung des Anspruchs war auch rechtlich unmöglich. Auf welcher (zivil-)rechtlichen Grundlage der Beklagte von den Käufern eine Herausgabe verlangen könnte, war nicht ersichtlich.

II. 

Dem Lehrer stand ferner kein Anspruch auf Unterlassen einer weiteren Verbreitung der Jahrbücher zu. 

Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist der sog. öffentlich-rechtliche Abwehr- und Unterlassungsanspruch. Er setzt neben einer Rechtsverletzung durch eine rechtswidrige Beeinträchtigung (grund-) rechtlich geschützter Positionen des Betroffenen zusätzlich voraus, dass die Gefahr einer Wiederholung des rechtswidrigen Eingriffs droht.

Eine solche Wiederholungsgefahr war hier nicht gegeben. Es drohte keine weitere Veröffentlichung von Bildern des Lehrers in einem Jahrbuch des Gymnasiums. Sämtliche Jahrbücher aus dem Schuljahr 2015/2016 waren, mit Ausnahme des im Schularchiv verbliebenen Exemplars, das nur dem internen Gebrauch dient, bereits verkauft. 

Da der Lehrer zudem zwischenzeitlich an eine andere Schule versetzt wurde, kam eine Wiederholungsgefahr auch nicht mit Blick auf Folgejahre in Betracht.

Eigene Bewertung und Folgen für die Praxis

  • Da angenommen wurde, dass schon keine Einwilligung (vgl. § 183 BGB) in die Veröffentlichung der Bilder in das Jahrbuch notwendig gewesen war (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz), hätte dem Lehrer auch die ausdrückliche Verweigerung der Einwilligung im Ergebnis wohl nichts genützt.
  • Keinesfalls ausreichend ist es, der Veröffentlichung gegenüber der Fotografin/dem Fotografen im Fototermin zu widersprechen. Die Entscheidung über die Veröffentlichung der Fotografien wird regelmäßig von der Schulleitung getroffen. Ein Widerspruch gegen die Veröffentlichung ist also unmittelbar gegenüber dem Schulleiter zu erklären.
  • Eine denkbare Möglichkeit wäre gewesen, sich schlicht zu weigern, an dem entsprechenden Fototermin teilzunehmen. Ob der Lehrer dadurch möglicherweise eine (beamtenrechtliche oder schulrechtliche) Pflichtverletzung begangen hätte, bleibt hier offen und müsste anhand der Einzelfallumstände näher geprüft werden.
  • Dieser Praxisfall zeigt, dass der pauschale Hinweis auf das „Recht am eigenen Bild“ sowie ein – erst recht gegenüber dem falschen Adressaten – ausgesprochener Widerspruch nicht ausreichen, um die Veröffentlichung praktisch zu verhindern.

Kontakt

Wenn Sie zu diesem Themenkomplex oder sonstigen schulrechtlichen oder beamtenrechtlichen Themen weitere Fragen haben, können Sie sich gerne unter den bei anwalt.de angegebenen Kontaktdaten an mich wenden. Ich freue mich auf Ihre Anfrage.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt und FA f. VerwR Diplom-Verwaltungswirt (FH) Christian Thome

Beiträge zum Thema