Wenn der Wirt den Schlaf raubt – Wie können Anwohner gegen Gaststättenlärm vorgehen?

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Der Betrieb von Gaststätten, Wirtshäusern oder Biergärten kann für Anwohner ein „Fluch oder Segen“ sein. Wenn sich die Gastronomiebetriebe nicht an die Auflagen zum Umwelt- oder Immissionsschutz halten oder solche Auflagen gar nicht vorhanden sind, sind Anwohner häufig Leidtragende mit gesundheitlichen Beschwerden, beispielsweise durch eine Störung der Nachtruhe.

Was können Anwohner tun?

Neben der stets sinnvollen direkten Ansprache des Gaststättenbetreibers sind zunächst zivilrechtliche Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB möglich. Daneben besteht auch die Möglichkeit, öffentlich-rechtlich gegen den Gaststättenbetreiber vorzugehen. Dabei werden die zuständigen Behörden direkt adressiert. Der betroffenen Anwohner kann einen sog. Anspruch auf polizeiliches, insbesondere gaststättenrechtliches und immissionsschutzrechtliches Einschreiten gegen den Gaststättenbetreiber geltend machen.

Geltendmachung des Anspruchs auf behördliches Einschreiten

1. Schritt: Anfertigung eines Lärmprotokolls 

Die Anfertigung eines Lärmprotokolls wird vom Gesetz nicht direkt gefordert, ermöglicht jedoch den zuständigen Behörden (und nachfolgend einem Gericht), das Ausmaß der Lärmbelästigung und die konkreten Lärmquellen (bspw.: der Gastwirt selbst, Lüftungsanlagen, laute Musik / Gäste, An- und Abfahrtverkehr) zumindest in groben Zügen nachzuvollziehen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist regelmäßig eine Übersicht über Datum, Uhrzeit, Dauer und Störung sowie die Störungsquelle. 

Auf dieser Grundlage ist es möglich, zunächst informell an die Behörde heranzutreten. Bleibt dies ohne Erfolg, und will man sein Ziel weiterverfolgen, sind weitere Schritte notwendig, inbesondere die Stellung eines Antrags auf Einschreiten bei der Behörde, der dann im Zweifel gerichtlich weiterverfolgt werden kann.

2. Schritt: Antrag auf Einschreiten 

Es sollte nicht direkt Klage bzw. vorläufiger Rechtschutz beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Zur Wahrung der eigenen Rechte ist zunächst unbedingt ein Antrag auf behördliches Einschreiten zu stellen. Wendet man sich ohne vorherigen Antrag bei der Behörde direkt an das Verwaltungsgericht, bleibt das gerichtliche Vorgehen schon aus diesem Grund erfolglos.

Ratsam ist es, mit dem Antrag auf Einschreiten, der aus Klarstellungsgründen auch als solcher betitelt werden sollte, Akteneinsicht nach § 29 LVwVfG zu beantragten. Mit der Akteneinsicht besteht die erste Möglichkeit, bestehende (Gaststätten-) Konzessionen zu bewerten und festzustellen, inwieweit die zuständigen Behörden bereits Auflagen erteilt haben und ob ein Verstoß gegen diese bereits erfolgt ist. Dabei kann zugleich die Bewertung erfolgen, ob diese ausreichend sind. Bei Nichtvorliegen solcher Auflagen, die dem Nachbarschutz dienen würden, können diese auch bei der Behörde mit dem Antrag auf Einschreiten beantragt werden. Wie ein solcher Antrag zu formulieren ist, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Mögliche Auflagen können auf

  • die Verkürzung einer Sperrzeit oder
  • die Verhängung anderer Auflagen, wie beispielsweise eine Beschränkung der Betriebszeit, regelmäßige Kontrollen der Ordnungsbehörden und/oder eine Aufsichtsperson aus der Sphäre des Gastwirts, die für die Einhaltung der Auflagen zuständig ist usw.,

gerichtet sein. 

Im Kern lässt sich festhalten, dass eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften einen Anspruch auf Einschreiten begründen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Vorschriften zumindest auch Individualinteressen des Betroffenen schützen, beispielsweise dem Schutz vor gesundheitsschädigendem Lärm. Als Beispiel kann § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG aufgeführt werden:  Nach dieser Vorschrift können gegen den Gewerbetreibenden Auflagen zum Schutze gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit erteilt werden. Als Praxistipp ist es hier noch wichtig zu wissen: Ein Anspruch auf behördliches Einschreiten ("Ob") bzw. gar auf ein Einschreiten in einer ganz bestimmten Form ("Wie") gibt es aber nur unter besonderen rechtlichen Voraussetzungen (sog. Ermessensreduzierung auf null).

3. Schritt: Lärmgutachten 

Zur effektiven Durchsetzung des Anspruchs kann es nicht nur hilfreich, sondern oftmals auch notwendig sein, ein Lärmgutachten bei der zuständigen Behörde aufgrund ihres Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 24 LVwVfG) zu beantragen bzw. ein eigenes Lärmgutachten in Auftrag zu geben (sog. Parteigutachten). Dieses sollte sich nach dem aktuellen Stand der Technik richten und die Grundsätze der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (kurz: TA-Lärm) beachten. Denn in der Praxis besteht die zentrale Schwierigkeit der Fallgestaltungen oftmals darin, die von den Betroffenen subjektiv wahrgenommene Lärmbelästigung auch objektiv nachzuweisen. Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass es gerade im innerstädtischen Bereich natürlich auch keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf "absolute Ruhe" gibt.

Zusammenfassend

Der Anspruch auf behördliches Einschreiten stellt neben einem zivilrechtlichen Vorgehen ein weiteres Instrumentarium für betroffene Nachbarn dar, um gegen Gaststättenlärm vorzugehen. Die Rahmenvoraussetzungen (Umgebungsbebauung, Richtlinien nach TA-Lärm, Vorliegen drittschützender Vorschriften, Missachtung von Auflagen) sind jedoch genau rechtlich zu bewerten. Die Durchsetzung eines Anspruchs ist jedoch in der Praxis oftmals mit Hürden und nicht unerheblichem Aufwand verbuden.



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