Schwerbehinderung erfolgreich durchsetzen

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Vorteile der Schwerbehinderung

Die Feststellung der Schwerbehinderung im Sinne des SGB IX hat Auswirkungen in 3 Bereichen:

1. Steuerrechtlich sind die Freibeträge relevant, die bereits ab einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50 eintreten können.

2. Sozialversicherungsrechtlich gibt eine attestierte Schwerbehinderung die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente.

3. Arbeitsrechtlich gewährt die Schwerbehinderung verschiedene Vorteile. Am wichtigsten ist hier sicherlich der Sonderkündigungsschutz nach dem SGB IX zu benennen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Menschen nur kündigen darf, wenn zuvor die behördliche Genehmigung eingeholt wurde: Ergo, eine Kündigung verzögert sich oder kann bereits im behördlichen Verfahren verhindert werden. Bereits ausgesprochene Kündigungen können unwirksam sein. 

Eine Schwerbehinderung führt zudem zu zusätzlichen Urlaubstagen.

Zwischenfazit: Der Antrag auf die Feststellung einer Schwerbehinderung gemäß §§ 2, 152 SGB IX kann sich für jeden lohnen.

Wie und wo stelle ich diesen Antrag?

Der Antrag wird beim Versorgungsamt gestellt und ist für jeden Bürger kostenfrei. Auch, wenn zur Bescheidung des Antrages Gutachten durch das Versorgungsamt eingeholt werden müssen, sind diese für den Antragsteller kostenfrei. Ob dies erforderlich ist, liegt im Ermessen des Amtes.

Wofür benötige ich dann einen Anwalt?

Wird dem Antrag stattgegeben, ist man auch ohne anwaltliche Beratung und Vertretung erfolgreich gewesen. Leider betrifft dies nur wenige Fälle. In er Praxis stelle ich immer wieder fest, dass die Versorgungsämter äußerst zurückhaltend mit der Feststellung der Schwerbehinderung sind. Daher ist zu empfehlen jedenfalls ab dem Widerspruchsverfahren anwaltliche Hilfe einzuholen.

Nur der sozialrechtlich versierte Anwalt kann beurteilen, ob es tatsächlich Sinn macht, den Widerspruch durchzuführen und kann Ihnen dann insbesondere helfen, Ihr Ziel zu erreichen.

Denn:

Wann bin ich schwerbehindert?

Eine Schwerbehinderung sieht man den meisten Antragstellern nicht auf den ersten Blick an. Selbstverständlich sind Fälle, in denen sich die Schwerbehinderung quasi schon aufdrängt (z. B. Querschnittslähmung oder Amputation der Beine) nicht die Fälle, die bei den Ämtern regelmäßig abgelehnt werden.

Vielmehr sind es die Fälle der Menschen, die auf den ersten Blick kerngesund und sportlich wirken, also diejenigen, denen man die Behinderung nicht unmittelbar ansieht. 

In der heutigen Zeit mehren sich z. B. die Fälle der seelischen Leiden (z. B. durch eine angespannte Arbeitsplatzsituation, Mobbing, Verlust eines liebgewonnenen Menschen, traumatische Erlebnisse etc.) 

Wussten Sie, dass diese Leiden bereits mit einem Einzel-GdB von 20-40 in vielen Fällen auch bereits mit 50 bewertet werden können und damit oft viel wesentlicher sind als orthopädische Leiden, die quasi heutzutage als „normal“ bewertet werden (z. B. Rückenleiden durch sitzende Stellungen am Arbeitsplatz).

§ 2 Abs. 1 SGB IX lautet wie folgt:

1) 1 Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. 2 Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. 3 Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

Wichtig ist hier insbesondere der 2. Satz. Denn eine Behinderung liegt nur dann vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht:

Somit können die gleich Leiden bei verschiedenen Menschen unterschiedlich zu bewerten sein, je nachdem, welches Lebensalter ich habe. 

Hier gilt es, die konkreten Beeinträchtigungen in Zusammenhang mit den Behinderungen herauszuarbeiten und darzustellen. 

Versorgungsämter berücksichtigen oftmals nur die ärztlichen Befundberichte, ohne Betrachtung des Individuums und der konkreten Auswirkungen. Die ärztlichen Befundberichte sind jedoch häufig unzureichend und erschöpfen sich in medizinischen Feststellungen.

Der Anwalt erläutert Ihnen, wie überhaupt der Gesamt-GdB gebildet wird und wann eine Schwerbehinderung vorliegt. Welche Einzel-GdB zutreffend sind und wo weiter vorgetragen werden kann und muss. 

Ihr 

Oliver Stemmer

Fachanwalt für Sozialrecht



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