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Sind Messekäufe widerrufbar?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Vor allem auf Verbrauchermessen machen viele Aussteller direkt Geschäfte mit Besuchern und bahnen sie nicht nur an. Zu Hause bereut dann so mancher Kunde seinen Kauf und will ihn rückgängig machen. Das vielen vom Online-Shopping bekannte Widerrufsrecht lässt sich allerdings nicht einfach auf Messekäufe übertragen.

Nur gegenüber Verbrauchern

Das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerte Widerrufsrecht ist ein typisches Verbraucherschutzrecht. Es lässt insofern Ausnahmen vom Grundsatz zu, demzufolge ein wirksam geschlossener Vertrag einzuhalten ist. Verbraucher können dazu in bestimmten Situationen entgeltliche Geschäfte mit Unternehmern ohne Angabe von Gründen widerrufen. Als Verbraucher gilt dabei, wer das Geschäft nicht zu Zwecken seiner gewerblichen oder selbstständig beruflichen Tätigkeit tätigt. Währenddessen muss sein Gegenüber, um als Unternehmer zu gelten, diese gerade verfolgen. Über das Vorliegen eines solchen Verbrauchervertrags ist das Widerrufsrecht bekanntermaßen an weitere Umstände geknüpft. Neben dem eingangs erwähnten Online-Shopping, bei dem aufgrund der Fernabsatzsituation ein Widerrufsrecht besteht, kennt § 312g BGB unter anderem auch die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, bei denen das Gesetz Verbrauchern ebenfalls ein Widerrufsrecht einräumt.

Außerhalb von Geschäftsräumen

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind laut § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB demnach Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Würde man hier ausschließlich auf den typischen stationären Verkaufsraum abstellen, wäre – von Hausmessen mal abgesehen – ein Widerruf von Messekäufen durchaus möglich. Dass es nicht so einfach ist, erschließt sich jedoch bereits mit einem weiteren Blick ins Gesetz. Demnach sind Geschäftsräume zum einen unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt.

Messestand beweglicher Geschäftsraum

Dabei vertritt die Rechtsprechung die Ansicht, dass Messestände bewegliche Geschäftsräume darstellen. So entschied unter anderem zuletzt das Landgericht Freiburg im Streit um den Widerruf eines auf der „Grünen Woche“ in Berlin gekauften Dampf-Staubsaugers mit Verweis auf die Gesetzesbegründung (Urteil v. 22.10.2015, Az.: 14 O 176/15). Demnach ging der Gesetzgeber bei der zuletzt zur Mitte Juni 2014 erfolgten Neuregelung des Widerrufsrechts davon aus, dass auch Markt- und Messestände als Geschäftsräume zu behandeln sind. Voraussetzung ist nur, dass ein Unternehmer sein Gewerbe darin ständig oder gewöhnlich ausübt.

Schutz vor übereiltem Vertragsschluss

Für das Gericht ist der Begriff „gewöhnlich“ dabei insbesondere so zu verstehen, dass Verbraucher mit entsprechenden Angeboten rechnen konnten. Denn Zweck des Gesetzes und damit des Widerrufsrechts ist es im vorliegenden Fall, Verbraucher vor übereilten Vertragsschlüssen zu schützen. Deshalb kommt es für einen möglichen Widerruf entscheidend auf die Messesituation an. Zum anderen entscheidet darüber auch, ob das Angebot noch mit dem Thema der Messe bzw. Ausstellung Zusammenhang stand.

Kein überraschendes Angebot

Insofern kam die Situation für den Käufer, einen Dampf-Staubsauger auf der Messe zu erwerben, keineswegs überraschend. Denn der Messestand befand sich in einem Ausstellungsbereich, der deutlich dem Thema „Haustechnik“ zugeordnet war. Zudem lag es für das Gericht fern, dass sich der Käufer auf der Großmesse „Grüne Woche“, deren vollständiger Besuch drei Tage in Anspruch nehme, zufällig in die der „Haustechnik“ vorbehaltene Messehalle begeben habe und dort vom Angebot des Dampf-Staubsaugers überrascht worden sei.

Messecharakter nicht überbewerten

Dagegen sprachen im vorliegenden Fall auch von der Messegesellschaft angebotene Pläne mit Messetouren, die den Haustechnik-Bereich eindeutig kennzeichneten. Aus diesem Grund folgte das Landgericht auch nicht der Argumentation des Verbraucherverbands, der sich des Falls als Kläger angenommen hatte. Dieser hatte mit dem Charakter der „Grünen Woche“ als Messe für Ernährung, Landwirtschaft, Gartenbau, Heimtiere und Lebensmittel argumentiert, auf der man nicht mit dem Angebot solcher Geräte rechnen müsse.

Auf Messe leichter Nein zu sagen

Nicht zuletzt lehnte das Gericht auch einen Vergleich mit der ebenfalls Außergeschäftsraumverträgen unterfallenden Situation ab, bei der Unternehmer Passanten auf der Straße vor ihren Geschäftsräumen ansprechen, um mit ihnen Verträge abzuschließen. Denn im Vergleich zu diesen falle es vorbeilaufenden Messebesuchern, die vor Ständen angesprochen würden, weitaus leichter in der Anonymität der Masse zu verschwinden und somit Nein zu sagen.

Fazit: Messekäufe lassen sich in der Regel nicht widerrufen, wenn ein Verbraucher mit einem entsprechenden Angebot rechnen musste.

Foto(s): ©Fotolia.com

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