Steuerfreie Leistungen zum Lohn - nachhaltige Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

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I. Einleitung

Die Belastung durch Steuern und Sozialabgaben ist hoch. Intelligente und rechtssichere Wege zur Abmilderung dieser Belastungen eröffnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einen Gestaltungsspielraum bei Löhnen und Gehältern. Mit steuerfreien bzw. steuerbegünstigten Leistungen zum Lohn fördert der Gesetzgeber Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dazu zählen z. B. der Warengutschein, Essensschecks, Kindergartenzuschuss, Erholungsbeihilfe, Fahrtkostenzuschuss, Jobticket, Warengutschein, Verpflegungsmehraufwand etc.

Viele Unternehmen wollen ihren Mitarbeitern zu mehr Nettolohn verhelfen, ohne zusätzlich weitere Lohnnebenkosten zu schaffen, die die „Lohnerhöhung“ erheblich verteuern würden. Dabei suchen sie im vorhandenen Kostenrahmen nach Möglichkeiten, die Gehaltssituation ihrer Mitarbeiter zu verbessern und u. U. zusätzlich Sozialausgaben einzusparen.

Es gibt aber auch Arbeitgeber, die die eigenen Ersparnisse bei den Sozialabgaben an die Mitarbeiter steuer- und sozialversicherungsfrei weitergeben wollen. Neben der Variante der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung bietet sich z. B. die betriebliche Gesundheitsförderung an: Bis 500 € im Jahr kann der Arbeitgeber pro Arbeitnehmer z. B. für Anti-Stress-Kurse, Stärkung des Bewegungsapparates oder auch Yoga-Kurse ausgeben.

Aber auch Unternehmen, die wirtschaftlich in Schwierigkeiten sind und die vor wichtigen Bankgesprächen bezüglich ihrer Kostensituation stehen, um die Verlängerung einer Kreditlinie durchzusetzen, suchen oft händeringend nach Einsparmöglichkeiten bei den Betriebsausgaben. Dabei werden die Ersparnisse des Unternehmens bei den Lohnkosten nicht an den Mitarbeiter weitergegeben, sondern dienen zur Verbesserung der Liquiditätssituation des Unternehmens: Statt Brutto-Barlohn erhält der Mitarbeiter Vergütungsbausteine und steht am Ende nicht schlechter, der Arbeitgeber aber wesentlich besser da.

Die obersten Finanz- und Sozialgerichte haben mittlerweile weitgehend für Klarheit bei der Anwendung gesorgt. Eine Anpassung der jeweiligen Arbeitsverträge unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist dazu erforderlich sowie eine Prüfung der Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge bei mitbestimmten und tarifgebundenen Unternehmen. Besondere Aufmerksamkeit ist bei Unterschreitung des Mindestlohns, Lohnpfändung oder der Einbeziehung der betrieblichen Altersversorgung geboten.

II. Rechtliche Besonderheiten

Das EStG regelt in den §§ 3, 8, 9 und 40 diverse Zulagen und Zuschüsse, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer steuerfrei, steuerbegünstigt oder pauschalversteuert gewähren kann. Nur bei einigen Vergütungsbausteinen findet sich die Formulierung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“: Beim Kindergartenzuschuss (§ 3 Nr. 33), der betrieblichen Gesundheitsförderung (§ 3 Nr. 34), der PC-Schenkung und der Internetpauschale (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr.5) sowie dem Fahrtkostenzuschuss (§ 40 Abs. 2 S. 2). Die sonstigen zusätzlichen Leistungen wie z. B. der Warengutschein (§ 8 Abs. 2 S. 9), die Essensmarken (§ 8 Abs. 2 EStG), der Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50), der Verpflegungsmehraufwand (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 4), die betriebliche Altersversorgung (§ 3 Nr. 63) etc. fordern diese Voraussetzung nicht.

In ständiger Rechtsprechung hat der BFH festgestellt, dass der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn“ der lohnsteuerrechtlich erhebliche Vorteil ist, der arbeitsrechtlich geschuldet ist: Durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, dem Arbeitsvertrag, einer betrieblichen Übung oder dem Gleichheitsgrundsatz.

Ein arbeitsrechtlich verbindlicher Anspruch wird vermieden, indem der Vorbehalt der Freiwilligkeit und jederzeitigen Widerruflichkeit der Leistung vereinbart wird. Die ständige Rechtsprechung des BAG stellt daran hohe Anforderungen, damit der vereinbarte Vorbehalt z. B. gem. §§ 305 ff. BGB als überraschende Klausel nicht unwirksam wird.

In tarifgebundenen Betrieben sind zudem tarifliche Vorgaben zu beachten, in mitbestimmten Betrieben ist die Einführung von Vergütungsbausteinen gem. § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

Sind die Zulagen und Zuschüsse steuerfrei, steuerbegünstigt oder pauschalversteuert, so sind sie gem. § 1 Abs. 1 Sozialversicherungsentgelt-Verordnung auch sozialversicherungsfrei.

III. Absenkung von Arbeitslohn

Schwierigkeiten bereitet in der Beratungspraxis immer wieder die Frage, ob die steuerfreien bzw. steuerbegünstigten Leistungen zum Lohn zum bisherigen Monatsbruttogehalt hinzukommen müssen, oder ob das Monatsbruttogehalt für die Zukunft abgesenkt und mit Vergütungsbausteinen wieder aufgestockt werden kann.

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, d. h. alle Vereinbarungen sind zunächst einmal wirksam, solange diese nicht sittenwidrig oder sogar nichtig sind. Zum 01.01.2015 wurde in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde eingeführt. Dieser kann grundsätzlich nicht unterschritten werden, eine solche Vereinbarung wäre gem. § 134 BGB nichtig. Ob solche Vergütungsbausteine auf den Mindestlohn angerechnet werden können, bei denen es sich um einen Gegenwert für die normale geleistete Arbeit handelt, wie früher von der Rechtsprechung in Einzelfällen entschieden, bleibt abzuwarten.

Auch die Unterschreitung des Tariflohns kann Schwierigkeiten bereiten. Eine Günstigkeitsprüfung gem. § 4 Abs. 3 TVG ist besonders sorgfältig vorzunehmen.

Steuerrechtlich stellt die Absenkung des Gehalts und die Wiederaufstockung mit Vergütungsbausteinen für die Zukunft keinen Umgehungstatbestand gem. § 42 AO dar. Danach liegt ein solcher Missbrauch nur vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteil führt. Der Steuergesetzgeber hat in den §§ 3, 8, 9, 34, 40 EStG aber besondere Befreiungstatbestände eingeführt. Somit ist der Katalog der Zuwendungen gesetzlich verankert, es kann somit kein Umgehungstatbestand vorliegen.

IV. Praktische Durchführung

Die Einführung einer neuen Gehaltsstruktur setzt in der Regel eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, u. U. unter Beteiligung des Betriebsrates voraus. Dazu bietet sich ein einvernehmlicher, zum bisherigen Arbeitsvertrag ergänzender Nachtrag an, in dem die Details geregelt werden.

Bei besonderen Gestaltungen bzw. bei Einsatz von Leistungen, die nicht eindeutig gesetzlich oder in den LStR geregelt sind, bietet sich zur Schaffung von Rechtssicherheit die Einholung einer Anrufungsauskunft beim zuständigen Finanzamt an. Nach § 42 e S. 1 EStG besteht ein Anspruch auf eine Auskunft, welche durch einen die Finanzverwaltung bindenden Verwaltungsakt erteilt wird und für den konkreten Einzelfall verbindlich ist.

Die Beratungspraxis hat gezeigt, dass seitens der Finanzverwaltung rechtlich einwandfrei gestaltete Nachträge zum Arbeitsvertrag von versierten Finanzbeamten nicht bemängelt werden. Leider fallen die Bescheide der Finanzämter immer noch sehr unterschiedlich aus, so dass in Einzelfällen ein Widerspruch gegen den Anrufungsbescheid notwendig ist.

V. Zusammenfassung

Zusätzliche Leistungen zum Arbeitslohn in Form von Zulagen und Zuschüssen sind steuerfrei, steuerbegünstigt bzw. pauschalversteuert und damit auch sozialversicherungsfrei. Nicht entscheidend ist, ob die Leistungen auf das bereits bestehende Gehalt „draufgesattelt“ werden oder ob der Weg der Gehaltsabsenkung gewählt wird. Bei Zuschüssen mit der Tatbestandsvoraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ ist immer auf den arbeitsrechtlichen Vorbehalt zu achten, unabhängig davon, ob die Zuschüsse auf der Basis des aktuellen oder eines abgesenkten Bruttogehaltes erfolgen. Zur Schaffung von Rechtssicherheit bieten sich ein schriftlicher Nachtrag zum Arbeitsvertrag sowie bei rechtlichen Unklarheiten eine Anrufungsauskunft beim zuständigen Finanzamt an.

Zur arbeitsvertraglichen Gestaltung und zur Beratung in den einzelnen Rechtsfragen sollte auf jeden Fall ein sachkundiger Rechtsanwalt hinzugezogen werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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